Abstract:
Die Aufkonzentrierung gelöster, ionischer Susbtanzen mittels elektrochemischer Adsorptionsprozesse
bietet einige Vorzüge im Vergleich zu anderen chemischen oder thermischen
Verfahren. Die Hauptvorteile sind die Unabhängigkeit von Chemikalien zur Elution, die
einfache Regeneration der Elektroden nach der Entladung, eine hohe Modularität mit
einfacher Skalierbarkeit und der geringe Energieverbrauch. Insbesondere bei der Nutzung
von Kohlenstoffmaterialien als Elektroden ergeben sich weitere Vorteile. Unter anderem
verfügen Kohlenstoffelektroden über eine hohe Oberfläche bei geringem Gewicht
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und Volumen, was für die Elektrosorption, die an der Grenzfläche der Elektrode und
der sie umgebenden Lösung stattfindet, von Bedeutung ist. Außerdem sind Kohlenstoffmaterialien
chemisch stabil, günstig in der Anschaffung und seht gut leitfähig. Da die
Aufkonzentrierung geladener Zielmoleküle in zahlreichen Industriezweigen von Bedeutung
ist und in den entsprechenden Produktionsverfahren oftmals einen großen Kostenpunkt
darstellt, ist ein stetiger Fortschritt und die Untersuchung von alternativen Prozessen
gefragt.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte die Anwendbarkeit der Elektrosorption für die Aufkonzentrierung
kleiner, mehrfachprotonierter, organischer Säuren untersucht und simuliert
werden. Dazu wurde u.a. ein kommerzielles Laborsystem, das für Untersuchungen der
Wasserentsalzung entwickelt wurde, verwendet. Zu Beginn der Arbeit wurden die Kohlenstoffelektroden
des kommerziellen Systems sowie weitere Kohlenstoffmaterialien, die zur
Untersuchung der potentialfreien Adsorption eingesetzt wurden, charakterisiert. Anhand
von BET-Messungen konnte für die Kohlenstoffelektroden eine spezifische Oberfläche
von 1692 m2/g und eine mittlere Porenweite von 1,9 nm gemessen werden, woraufhin
die Kohlenstoffelektroden auf Grund der Molekülgröße der untersuchten Zielmoleküle
als für die Elektrosorption einsetzbar identifiziert werden konnte. Durch die zyklische
Voltammetrie wurde eine elektrische Kapazität der Kohlenstoffelektroden zwischen 45
und 70 F/g bestimmt. Außerdem wurden die Kohlenstoffmaterialien unter anderem anhand
einer Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie auf Art und Menge der vorhandenen
Oberflächengruppen hin untersucht.
Nachdem die potentialfreie Adsorption als unerwünschter Nebeneffekt für die Elektrosorption
organischer Stoffe eine entscheidende Rolle spielt, wurden zur näheren Untersuchung
der potentialfreien Adsorption von Maleinsäure und Phenylalanin, Adsorptionsversuche
durchgeführt. Dabei konnte auf Grund der Dissoziation der Zielmoleküle ein enger Zusammenhang
zwischen dem eingestellten pH-Wert und der Beladung festgestellt werden.
Dieser Zusammenhang konnte durch den Einsatz des Moreau-Modells und die Anpassung
der Parameter durch einen selbst entwickelten genetischen Algorithmus mit Bestimmtheitsmaßen
von bis zu 0,98 wiedergegeben werden. Durch eine Erweiterung des
Moreau-Modells um Massenbilanzen und Reaktionsgleichgewichte konnten außerdem
die pH-Wert-Veränderungen, die während der Adsorption auftreten, nachvollzogen werden.
Durch die Untersuchung mehrerer Zielmoleküle konnte dabei die Nutzbarkeit des
entwickelten experimentellen und numerischen Vorgehens für ungeladene, monovalente,
divalente und zwitterionische Moleküle belegt werden.
Zur Auswertung der Elektrosorptionsversuche wurde ein Skript geschrieben, dass unter
Berücksichtigung der Aktivität der Ionen die Konzentrationen der Spezies unterschiedlicher
Ladung der organischen Säure auf Grundlage des pH-Werts, der Leitfähigkeit sowie der
bekannten Dissoziationskonstanten errechnet. Der Einfluss der Valenz der Ionen und der
potentialfreien Adsorption konnte auf Grundlage mehrerer Versuchsreihen verdeutlicht
werden.
Zur Vorhersage essentieller Kenngrößen der Elektrosorption wurde das aus der Literatur
bekannte modified Donnan Modell durch die Integration des Moreau-Modells um
die pH-Wert-Abhängigkeit und die Anwendbarkeit für mehrprotonige Moleküle erweitert.
Außerdem wurde das Modell um die Berücksichtigung parasitärer Redoxreaktionen und
weitere, potentialverringernde Einflüsse, wie dem Potentialabfall in der Lösung durch den
Elektrolytwiderstand, erweitert. Das Modell kann hierdurch auch für die Vorhersage im
Fall einer Constant Current Betriebsweise, d.h. dem Betrieb der Elektrosorptionszelle mit
konstantem Stromfluss aber kontinuierlich steigendem Zellpotential, eingesetzt werden.
Da dieses explizite Modell auf der Basis weniger stoffspezifischer Parameter und ohne
Kalibrierung durch Adsorptions-Desorptionsversuche eingesetzt werden kann, ist damit
eine schnelle Abschätzung der reversibel adsorbierbaren Stoffmenge, der Stromausbeute
sowie kinetischer Parameter, wie der Adsorptionsrate und der Produktivität des Elektrosorptionsprozesses,
möglich. Dadurch kann mit geringem Aufwand die Leistungsfähigkeit
und ein guter Betriebspunkt für einen Elektrosorptionsprozess ermittelt werden.
Die Qualität dieser Vorhersage wurde durch die Entwicklung eines zweiten, auf der objektorientierten
Software OpenModelica beruhenden, dynamischen Modells zur Simulation
der Elektrosorption organischer Säuren weiter verbessert. Für dieses Modell wurde für den
eingehend untersuchten Fall der Elektrosorption von Maleinsäure eine gute Übereinstimmung
zwischen simulierten und experimentell ermittelten potentialfreien und potentialgetriebenen
Beladungen erzielt. Hierdurch konnten mit Hilfe des Modells unter anderem
ganze Ragone-Plots erstellt werden, die eine rasche Ermittlung optimaler Betriebspunkte
ermöglichen.
Anhand der experimentell ermittelten Stromausbeute von 25% und der reversiblen potentialgetriebenen
Adsorptionsrate von 0,001 mmol/g/min für Maleinsäure auf Kohlenstoffelektroden
wurde eine Kostenabschätzung durchgeführt, welche die Elektrosorption
von Maleinsäure als Alternative für die Aufkonzentrierung qualifiziert. Dabei wurde unter
Berücksichtigung der Betriebs- und Investitionskosten ein Preis von ca. 0,29 €/kg
ermittelt
Abstract (englisch):
The concentration of dissolved, ionic susbtances by means of electrochemical adsorption
processes offers several advantages compared to other chemical or thermal processes. The
main advantages are the independence from chemicals for elution, the easy regeneration of
the electrodes after discharge, a high modularity with easy scalability and the low energy
consumption. Especially when using carbon materials as electrodes, there are further
advantages. Among other beneficial qualities, carbon electrodes have a high surface area
with low weight and volume, which is important for the electrosorption that takes place at
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the interface of the electrode and the surrounding solution. In addition, carbon materials
are chemically stable, cheap to purchase and very good conductors. Since concentrating of
charged target molecules is an important process in many industries and often represents
a major cost factor in the corresponding production processes, constant progress and the
investigation of alternative processes is required.
In the context of this work, the applicability of electrosorption for the concentration of
small, multiprotonated, organic acids was investigated and simulated. Beside other materials,
a commercial laboratory system developed for investigations of water desalination
was used. At the beginning of the work, the carbon electrodes of the commercial system
as well as other carbon materials used for the investigation of potential-free adsorption
were characterised. Based on BET measurements, a specific surface area of 1692 m2/g
and a mean pore width of 1.9 nm could be measured for the carbon electrodes, whereupon
the carbon electrodes could be identified as applicable for electrosorption based on
the molecular size of the investigated target molecules. Cyclic voltammetry was used to
determine an electrical capacitance of the carbon electrodes of between 45 and 70 F/g.
In addition, among other methods, X-ray photoectron spectroscopy was used to examine
the carbon materials for the type and quantity of present surface groups.
Since potential-free adsorption plays a decisive role as an undesirable side effect for
the electrosorption of organic substances, adsorption experiments were carried out to
investigate the potential-free adsorption of maleic acid and phenylalanine in more detail.
Due to the dissociation of the target molecules, a close correlation between the adjusted
pH value and the loading could be determined. This correlation could be reproduced with
coefficients of determination of up to 0.98 by using the Moreau model and adjusting the
parameters using a self-developed genetic algorithm. By extending the Moreau model to
include mass balances and reaction equilibria, it was also possible to reproduce the pH
value changes that occur during adsorption. By investigating several target molecules,
the usability of the developed experimental and numerical procedure could be proven for
uncharged, monovalent, divalent and zwitterionic molecules.
For the evaluation of the electrosorption experiments, a script was written that calculates
the concentrations of the species of different charge of the organic acid on the basis
of the pH value, the activity coefficients, the conductivity and the known dissociation
constants. The influence of the valence of the ions and the potential-free adsorption
could be clarified on the basis of several series of experiments.
To predict essential parameters of electrosorption, the modified Donnan model, known
from the literature, was extended by integrating the Moreau model to include pH dependence
and applicability for multi-protonated molecules. In addition, the model was
extended to take into account parasitic redox reactions and other potential-reducing
influences, such as the potential drop in the solution due to the electrolyte resistance.
The model can thus also be used for prediction in the case of constant current operation,
i.e. operation of the electrosorption cell with constant current flow but continuously
increasing cell potential. Since this explicit model can be used on the basis of a few
substance-specific parameters and without calibration by adsorption-desorption experiments,
it enables a rapid estimation of the reversibly adsorbable substance quantity, the
charge efficiency as well as kinetic parameters such as the adsorption rate and the productivity
of the electrosorption processes. Thus, the performance and an optimal operating
point for an electrosorption process can be determined with little effort.
The quality of this prediction was further improved by the development of a second
dynamic model for the simulation of the electrosorption of organic acids based on the
object-oriented software OpenModelica. For this model, good agreement was achieved
between simulated and experimentally determined potential-free and potential-driven
loadings for the case of the electrosorption of maleic acid, which was investigated in
detail. One of the opportunities given by this model is to create entire ragone plots,
which enable a rapid determination of an optimal operating point.
Based on the experimentally determined current yield of 25% and the reversible potentialdriven
adsorption rate of 0.001 mmol/g/min for maleic acid on carbon electrodes, a
cost estimate was carried out which qualifies the electrosorption of maleic acid as an
alternative for concentration. A price of approx. 0.29 €/kg was determined, taking into
account the operating and investment costs.