Abstract:
Sensornetzwerke werden in vielen verschiedenen Anwendungen, z. B. zur Überwachung des Flugraumes oder zur Lokalisierung in Innenräumen eingesetzt. Dabei werden Sensoren häufig räumlich verteilt, um eine möglichst gute Abdeckung des zu beobachtenden Prozesses zu ermöglichen. Sowohl der Prozess als auch die Sensormessungen unterliegen stochastischem Rauschen. Daher wird oftmals eine Zustandsschätzung, z. B. durch ein Kalmanfilter durchgeführt, welcher die Unsicherheiten aus dem Prozess- und Messmodel systematisch berücksichtigt.
Die Kooperation der individuellen Sensorknoten erlaubt eine verbesserte Schätzung des Systemzustandes des beobachteten Prozesses. ... mehrDurch die lokale Verarbeitung der Sensordaten direkt in den Sensorknoten können Sensornetzwerke flexibel und modular entworfen werden und skalieren auch bei steigender Anzahl der Einzelkomponenten gut. Zusätzlich werden Sensornetzwerke dadurch robuster, da die Funktionsfähigkeit des Systems nicht von einem einzigen zentralen Knoten abhängt, der alle Sensordaten sammelt und verarbeitet. Ein Nachteil der verteilten Schätzung ist jedoch die Entstehung von korrelierten Schätzfehlern durch die lokale Verarbeitung in den Filtern. Diese Korrelationen müssen systematisch berücksichtigt werden, um genau und zuverlässig den Systemzustand zu schätzen. Dabei muss oftmals ein Kompromiss zwischen Schätzgenauigkeit und den begrenzt verfügbaren Ressourcen wie Bandbreite, Speicher und Energie gefunden werden. Eine zusätzliche Herausforderung sind unterschiedliche Netzwerktopologien sowie die Heterogenität lokaler Informationen und Filter, welche das Nachvollziehen der individuellen Verarbeitungsschritte innerhalb der Sensorknoten und der korrelierten Schätzfehler erschweren.
Diese Dissertation beschäftigt sich mit der Fusion von Zustandsschätzungen verteilter Sensorknoten. Speziell wird betrachtet, wie korrelierte Schätzfehler entweder vollständig oder teilweise gelernt werden können, um eine präzisere und weniger unsichere fusionierte Zustandsschätzung zu erhalten. Um Wissen über korrelierte Schätzfehler zu erhalten, werden in dieser Arbeit sowohl analytische als auch simulations-basierte Ansätze verfolgt.
Eine analytische Berechnung der Korrelationen zwischen Zustandsschätzungen ist möglich, wenn alle Verarbeitungsschritte und Parameter der lokalen Filter bekannt sind. Dadurch kann z. B. ein zentraler Fusionsknoten die die Korrelation zwischen den Schätzfehlern rekonstruieren. Dieses zentralisierte Vorgehen ist jedoch oft sehr aufwendig und benötigt entweder eine hohe Kommunikationsrate oder Vorwissen über die lokale Verarbeitungsschritte und Filterparameter. Daher wurden in den letzten Jahren zunehmend dezentrale Methoden zur Rekonstruktion von Korrelationen zwischen Zustandsschätzungen erforscht.
In dieser Arbeit werden Methoden zur dezentralen Nachverfolgung und Rekonstruktion von korrelierten Schätzfehlern diskutiert und weiterentwickelt. Dabei basiert der erste Ansatz auf der Verwendung deterministischer Samples und der zweite auf der Wurzelzerlegung korrelierter Rauschkovarianzen. Um die Verwendbarkeit dieser Methoden zu steigern, werden mehrere wichtige Erweiterungen erarbeitet. Zum Einen schätzen verteilte Sensorknoten häufig den Zustand desselben Systems. Jedoch unterscheiden sie sich in ihrer lokalen Berechnung, indem sie unterschiedliche Zustandsraummodelle nutzen. Ein Beitrag dieser Arbeit ist daher die Verallgemeinerung dezentraler Methoden zur Nachverfolgung in unterschiedlichen (heterogenen) Zustandsräumen gleicher oder geringerer Dimension, die durch lineare Transformationen entstehen. Des Weiteren ist die Rekonstruktion begrenzt auf Systeme mit einem einzigen zentralen Fusionsknoten. Allerdings stellt die Abhängigkeit des Sensornetzwerkes von einem solchen zentralen Knoten einen Schwachpunkt dar, der im Fehlerfall zum vollständigen Ausfall des Netzes führen kann.
Zudem verfügen viele Sensornetzwerke über komplexe und variierende Netzwerktopologien ohne zentralen Fusionsknoten. Daher ist eine weitere wichtige Errungenschaft dieser Dissertation die Erweiterung der Methodik auf die Rekonstruktion korrelierter Schätzfehler unabhängig von der genutzten Netzwerkstruktur.
Ein Nachteil der erarbeiteten Algorithmen sind die wachsenden Anforderungen an Speicherung, Verarbeitung und Kommunikation der zusätzlichen Informationen, welche für die vollständige Rekonstruktion notwendig sind. Um diesen Mehraufwand zu begrenzen, wird ein Ansatz zur teilweisen Rekonstruktion korrelierter Schätzfehler erarbeitet. Das resultierende partielle Wissen über korrelierte Schätzfehler benötigt eine konservative Abschätzung der Unsicherheit, um genaue und zuverlässige Zustandsschätzungen zu erhalten.
Es gibt jedoch Fälle, in denen keine Rekonstruktion der Korrelationen möglich ist oder es eine Menge an möglichen Korrelationen gibt. Dies ist zum Einen der Fall, wenn mehrere Systemmodelle möglich sind. Dies führt dann zu einer Menge möglicher korrelierter Schätzfehler, beispielsweise wenn die Anzahl der lokalen Verarbeitungsschritte bis zur Fusion ungewiss ist. Auf der anderen Seite ist eine Rekonstruktion auch nicht möglich, wenn die Systemparameter nicht bekannt sind oder die Rekonstruktion aufgrund von begrenzter Rechenleistung nicht ausgeführt werden kann. In diesem Fall kann ein Simulationsansatz verwendet werden, um die Korrelationen zu schätzen. In dieser Arbeit werden Ansätze zur Schätzung von Korrelationen zwischen Schätzfehlern basierend auf der Simulation des gesamten Systems erarbeitet. Des Weiteren werden Ansätze zur vollständigen und teilweisen Rekonstruktion einer Menge korrelierter Schätzfehler für mehrere mögliche Systemkonfigurationen entwickelt. Diese Mengen an Korrelationen benötigen entsprechende Berücksichtigung bei der Fusion der Zustandsschätzungen. Daher werden mehrere Ansätze zur konservativen Fusion analysiert und angewendet. Zuletzt wird ein Verfahren basierend auf Gaußmischdichten weiterentwickelt, dass die direkte Verwendung von Mengen an Korrelationen ermöglicht.
Die in dieser Dissertation erforschten Methoden bieten sowohl Nutzern als auch Herstellern von verteilten Schätzsystemen einen Baukasten an möglichen Lösungen zur systematischen Behandlung von korrelierten Schätzfehlern. Abhängig von der Art und den Umfang des Wissens über Korrelationen, der Kommunikationsbandbreite sowie der gewünschten Qualität der fusionierten Schätzung kann eine Methode passgenau aus den beschriebenen Methoden zusammengesetzt und angewendet werden. Die somit geschlossene Lücke in der Literatur eröffnet neue Möglichkeiten für verteilte Sensorsysteme in verschiedenen Anwendungsgebieten.
Abstract (englisch):
Sensor networks are essential for many different applications, e.g., air space surveillance or indoor localization. Thereby, sensors are often spatially distributed to allow for better coverage for observing the process of interest. However, the process and the sensor measurements are subject to stochastic noise. Therefore, the state of the process is estimated, e.g., using a Kalman filter that systematically considers the uncertainties of the process and measurements. Sensor nodes can improve their estimation by cooperating with other nodes to execute their estimation tasks by exchanging local information among each other or a central processing unit. ... mehrThis makes the sensor network design more flexible and modular, and it scales better with an increasing number of sensor nodes. Additionally, the sensor networks are more robust because the failure of a single sensor node that collects and processes all measurements serves as a single point of failure. Unfortunately, the local estimation and the exchange of information between sensor nodes result in correlated estimation errors. These correlations have to be accounted for to ensure credible and reliable fusion results. Because of limited resources, e.g., bandwidth, memory, and energy, compromises between the quality of the estimation and costs have to be made. Additionally, sensor networks pose more challenges, e.g., different network topologies or heterogeneous local information and filters, making the reconstruction of individual processing steps and correlated estimation errors demanding.
This thesis focuses on the fusion of state estimates from distributed sensor nodes. In particular, the focal point is to retrieve either full or partial knowledge of correlated estimation errors that are subsequently used to increase the quality and credibility of the fused estimate. In order to obtain this knowledge, this thesis proposes an analytic and a simulation approach.
The analytic calculation of correlated estimation errors is possible when all processing steps and the parameters of the local estimators are known. In this case, e.g., a central fusion node can reconstruct the correlation of estimation errors. However, this centralized approach suffers from a high communication rate or requires previously determined knowledge about local processing steps and filtering parameters. To alleviate this limitation, distributed methods to keep track of correlated estimation errors have received increasing attention within recent years. This thesis introduces and further develops methods to keep track and reconstruct correlated estimation errors using deterministic samples and square root decompositions of correlated noise covariances. Several significant limitations of these approaches are addressed and solved in this thesis. The first limitation is that local estimators often observe the same phenomenon, but their local estimation can be carried out in different local coordinate systems. Therefore, an essential contribution of this thesis is the generalization to track keeping in systems with linearly transformed local state-spaces in the same or lower dimensions. Further, distributed track-keeping methods have been limited to reconstructing correlated estimation errors in one dedicated fusion center. Unfortunately, this introduces a single point of failure when the fusion center is not available and, therefore, can cause outages within the network. Moreover, sensor networks often feature complicated and varying network topologies without a central fusion node. Therefore, this dissertation proposes methods to keep track of correlated estimation errors independent of the underlying network structure. A disadvantage of reconstructing cross-covariances using samples or decompositions is the communication of additional information that causes growing requirements in processing, memory and bandwidth. To limit communication requirements, this thesis proposes a sliding window approach that partially discards information about correlated noise terms. Further, it proposes methods to address the resulting partial knowledge of correlations using conservative approximations.
However, there are cases where the full reconstruction of correlated estimation errors is impossible. On the one side, this is the case when various system models are possible that result in a set of correlations, e.g., when the number of local processing steps is uncertain. On the other side, this also applies when there is no knowledge about the underlying system parameters, or when the proposed reconstruction algorithms cannot be executed due to limited computational power. In this case, a simulation-based approach can be adopted to estimate the correlation. This thesis proposes a simulation approach that can estimate the correlation between estimation errors for systems in which correlated estimation errors cannot be reconstructed. Further, it proposes an analytic approach to fully or partially reconstruct correlated estimation errors for several possible system configurations. Finally, this thesis derives methods to exploit partial knowledge, either from estimated correlations or for sets of fully or partially reconstructed correlations. Further, this thesis proposes a Gaussian mixture approach to use sets of correlations directly.
The methods proposed in this thesis offer users and a manufacturers of distributed estimation systems a wide variety of systematic approaches to deal with unknown correlated estimation errors from various sources and with different levels of uncertainty. Depending on the kind of partial knowledge, the communication requirements, and the needed quality of the fusion result, practitioners in distributed estimation can pick a method that perfectly fits their application. Hence, this thesis fills a pressing gap in the literature that has great potential to open new applications for distributed sensor systems.