Abstract:
In den letzten Jahren hat sich Mikroplastik als allgegenwärtiger Umweltschadstoff erwiesen, insbesondere in der aquatischen Umwelt. So rückten Methoden und Materialien zur effizienten Entfernung von Mikroplastik aus Gewässern immer mehr in den Fokus von Forschung und Ingenieurswesen. Anwendungsgebiete sind die Behandlung von kommunalen und industriellen Abwässern sowie Oberflächenabfluss von Städten oder Straßen, mit dem Ziel Mikrolplastikeinträge in die Umwelt zu vermeiden. Weitere Anwendungen sind mikroplastikempfindliche Wassernutzungsprozesses wie Meersalzgewinnung oder membranbasierte Meerwasserentsalzung. ... mehrErstmals 2017 von Herbort et al. veröffentlicht, konnten Organosilane erfolgreich eingesetzt werden, um Mikroplastik zu agglomerieren und aus Wasser zu entfernen. Bei diesem neuartigen Verfahren lagern sich Organosilane an die Mikroplastikoberfläche an und sammeln dieses in großen Agglomeraten, welche in einem wasserinduzierten Sol-Gel-Prozess chemisch gebunden werden. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit ist es, dieses neue Verfahren weiter zu untersuchen und zu verbessern.
Im ersten Teil der Arbeit wurde untersucht, welche Organosilane sich am besten für die Entfernung von Mikroplastik eignen. Verschiedene Alkyltrichlorosilane mit unterschiedlichen linearen und verzweigten Alkylgruppen und einer Kettenlänge zwischen 1 bis18 C-Atomen wurden auf ihre Eignung untersucht, Mikroplastik (Gemisch aus Polyethylen und Polypropylen) in Wasser zu agglomerieren und zu fixieren. Die Entfernungseffizienz wurde gravimetrisch bestimmt. Das Reaktionsverhalten während des Fixierungsprozesses wurde durch Hydrolysekinetiken untersucht. Zur Charakterisierung der chemischen Zusammensetzung der Agglomerate wurden Silizium-29 Magnetresonanz (29Si-MAS-NMR) Spektroskopie, Infrarot (IR) Spektroskopie und Thermogravimetrie (TGA) verwendet. Optische Kohärenztomographie (OCT) ermöglichte die Visualisierung der Agglomerate. Die Ergebnisse zeigen, dass die unterschiedlichen Alkylgruppen einen starken Einfluss auf die Eignung der Alkyltrichlorosilane zur Agglomeration und Fixierung von Mikroplastik haben, da sie die Hydrolyse- und Kondensationskinetik sowie die Affinität zum Mikroplastik beeinflussen. Am besten geeignet für die Entfernung von Mikroplastik sind Kettenlängen zwischen 3 und 5 C-Atomen.
Als wichtige Umweltfaktoren wurden im zweiten Teil der Einfluss von Wasserzusammensetzungen (biologisch gereinigtes kommunales Abwasser, Salzwasser und demineralisiertes Wasser) und Temperaturen (7,5 °C, 20 °C 40 °C) auf den Entfernungsprozess untersucht. Die unterschiedlichen Temperaturen und Wasserzusammensetzungen zeigten keinen negativen Einfluss auf die Entfernung von Mikroplastik. Zusätzlich wurden die gelösten Organosilanrückstände nach dem Entfernungsprozess quantifiziert, wobei Atomemissionsspektroskopie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) und Messungen des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) als Quantifizierungsmethoden verglichen wurden. Hier zeigte nur eines der drei getesteten Organosilane keine gelösten Rückstände, wodurch es für eine Anwendung im technischen Maßstab geeignet ist. Da Mikroplastik aus zahlreichen unterschiedlichen Polymeren bestehen kann, wurde das Verfahren an fünf der gängigsten Polymertypen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Oberflächenchemie getestet. Untersuchungen der Agglomerate wurden mittels Mikroskopie, Infrarotspektroskopie und thermogravimetrischer Analyse durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine starke Wechselwirkung zwischen der organischen Gruppe des Organosilans und der Oberfläche des Polymers. Eine zunehmende Polarität von Mikroplastik wirkt sich negativ auf den Entfernungsprozess mit Organosilanen mit unpolaren organischen Gruppen aus. Durch Erhöhung der Polarität der organischen Gruppe oder Verwendung höherer Konzentrationen von Organosilanen können hochpolare Polymere effizient entfernt werden. Dies zeigt, dass Organosilane an die Oberflächenchemie bestimmter Polymertypen angepasst werden können, um diese effizienter zu entfernen.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass der Entfernungsprozess stark von der Wechselwirkung des Organosilans mit der Oberfläche der Mikroplastikpartikel abhängt. Da Mikroplastik in der Umwelt häufig von Biofilmen bedeckt ist, wurde dessen Einfluss auf die Entfernung im dritten Teil analysiert. In der Literatur beschriebene gängige Methoden zur Biofilmkultivierung auf Mikroplastik benötigen mehrere Wochen bis mehrere Monate. Für eine beschleunigte Biofilmkultivierung wurde eine mit Mikroplastik gefüllte Festbettsäule entwickelt und getestet, die von biologisch aufbereiteten kommunalen Abwässern, angereichert mit Glucose, durchströmt wurde. Der Biofilm wurde mit konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM), Rasterelektronenmikroskopie (REM), Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FT-IR) und Kontaktwinkelmessungen charakterisiert. Die Ergebnisse zeigen eine partielle Biofilmbedeckung des Mikroplastiks nach 7 Tagen Inkubation. Damit wurde erstmals eine Methode zur schnellen und standardisierbaren Biofilmkultivierung auf Mikroplastik entwickelt. Um anschließend den Effekt von Biofilmbewuchs auf die Mikroplastikentfernung zu untersuchen, wurde in den Säulen Mikroplastik auf Basis von fünf verschiedenen Polymertypen kultiviert. Die Entfernungseffizienzen wurden gravimetrisch für drei verschiedene Organosilane bestimmt. Die Ergebnisse bestätigten, dass der Biofilmbewuchs den Entfernungsprozess beeinflusst und zu einer verringerten Entfernungseffizienz führt. Die Entfernung des Biofilms mittels Ultraschall und Wasserstoffperoxidbehandlung könnte die Entfernungseffizienzen des Mikroplastiks aus Wasser wieder verbessern, erreichte jedoch nicht die Effizienzen des fabrikneuen Mikroplastiks. Dies unterstreicht die Bedeutung der simulierten Umweltexposition in der Mikroplastikforschung und wie diese oberflächenaktive Prozesse zur Entfernung von Mikroplastik beeinflussen kann
Um das Verfahren im Technikumsmaßstab zu testen, wird ein Nachweisverfahren für Mikroplastik in Umweltproben benötigt. Trotz umfangreicher Forschung steht noch immer keine kostengünstige und einfach anwendbare Methode zum Nachweis von Mikroplastik zur Verfügung. Das Anfärben von Mikroplastik mit Nilrot hat großes Potenzial, da die einzige Voraussetzung ein Gerät für Fluoreszenzaufnahmen ist. Bisherige Studien zeigen, dass Mikroplastik in gefärbten Umweltproben stärker fluoresziert als natürliche Partikel und somit durch die höhere Fluoreszenzintensität identifiziert werden kann. Zur Verbesserung des Verfahrens wurden im vierten Teil Nilrot und drei neu entwickelte Derivate getestet, mit dem Ziel eine höhere Selektivität für Kunststoffpartikel und eine intensivere Fluoreszenz zu erreichen. Die Untersuchungen wurden durchgeführt, indem Mikroplastik und verschiedene natürliche Partikel Fluoreszenzspektren mit verschiedenen organischen Lösungsmitteln und Wasser bei verschiedenen pH-Werten gefärbt wurden. Anschließend wurden Feststofffluoreszenzspektren aller Proben aufgenommen und analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das gewählte Lösungsmittel, pH-Wert, Kunststoff- oder Partikeltyp sowie die Modifizierung des Nilrots die Fluoreszenzeigenschaften der gefärbten Partikel beeinflussen. Eine Kombination aus Nilrot und einem neuen Nilrot-Derivat, modifiziert mit einer Ethylhexylgruppe, gelöst in Wasser bei pH 2,5, erwies sich als am effizientesten zur Unterscheidung von Kunststoffen und natürlichen Partikeln. Da die Selektivität noch nicht hoch genug ist, um falsche Positivbefunde durch natürliche Polymere wie Chitin zu vermeiden, ist weiterhin eine zeitaufwändige Probenvorbereitung erforderlich. Die mit diesen Erkenntnissen entwickelte Methode für Meersalzproben als Beispiel für Umweltproben angewandt.
Abstract (englisch):
In the last years, microplastics have been proven to be a ubiquitous environmental contaminant, especially in aquatic environments. Thus, methods and materials for efficient microplastics removal from waters came more and more into the focus of research and engineering. Areas of application are the treatment of municipal- and industrial wastewater as well as urban- or road runoff, to avoid plastic inputs into the environment. Other applications are microplastics sensitive water using processes, such as sea salt extraction or membrane-based seawater desalination. First published in 2017 by Herbort et al., organosilanes could be used successfully to agglomerate and remove microplastics from water. ... mehrWith this novel method, organosilanes can attach to the microplastics surface, collect them in large agglomerates and bind them chemically during a water-induced sol-gel process. The overall aim of this thesis is to further investigate and improve this new process.
The first part of the thesis investigated, which organosilanes are best suitable for microplastics removal. Various alkyltrichlorosilanes with different linear and branched alkyl groups and a chain length between 1 and 18 carbon (C-) atoms were examined for their suitability to agglomerate and fix microplastics (mixtures of polyethylene and polypropylene) from water. The removal efficiency was determined gravimetrically. The reaction behavior during the fixation process were characterized by hydrolysis kinetics. Silicon-29 magic-angle-spinning magnetic resonance (29Si-MAS-NMR) spectroscopy, infrared (IR) spectroscopy, and thermogravimetry (TGA) were used to characterize the chemical composition of the agglomerates. Optical coherence tomography (OCT) allowed the visualization of the agglomerates. The results show that the different alkyl groups have a strong impact on the suitability of the alkyltrichlorosilanes for the agglomeration and fixation, as they influence the hydrolysis- and condensation kinetics, as well as the affinity to the microplastics. Best suited for microplastics removal are intermediate chain lengths between 3 and 5 C-atoms.
As important environmental factors, the effect of water compositions (biologically treated municipal wastewater, salt water, and demineralized water) and temperatures (7.5 °C, 20 °C 40 °C) on the removal process were investigated in part two. The different temperatures and water compositions showed no negative effect on microplastics removal. Additionally, the dissolved organosilane residues after the removal process were quantified comparing inductively coupled plasma atomic emission spectroscopy (ICP-OES) and dissolved organic carbon measurements (DOC) as quantification methods. Here only one of the three organosilanes tested showed no dissolved residues, which makes it suitable for application on a technical scale. As microplastics can consist of numerous different polymers, the process was tested towards five of the most common polymer types with different properties and surface chemistries. Further investigations on the agglomerates were performed using microscopy, infra-red spectroscopy, and thermogravimetric analysis. A strong interaction between the organic group of the organosilane and the surface of the polymer was observed. Increasing polarity of microplastics negatively affects the removal process using organosilanes with non-polar organic groups. By increasing the polarity of the organic group or using higher concentrations of organosilanes, highly polar polymers can be removed efficiently. This demonstrates that organosilanes can be adapted according to the surface chemistry of certain polymer types to remove them more efficiently.
The previous results show that the removal process strongly depends on the interaction of the organosilane and the surface of the microplastic particles. As microplastics in the environment are commonly covered by biofilms, their influence on removal was analyzed in part three. Common methods for biofilm cultivation on microplastics described in literature need several weeks up to several months. For rapid biofilm cultivation, a packed bed column filled with microplastics and flown through by biologically treated municipal wastewater enriched with glucose was developed and tested. The biofilm was characterized using confocal laser scanning microscopy (CLSM), scanning electron microscopy (SEM), Fourier-Transform infrared spectroscopy (FT-IR), and contact angle measurements. The results show a partial biofilm coverage of the microplastics after 7 days of incubation. Thus, for the first time, a method for fast and standardizable biofilm cultivation on microplastics was developed. To investigate the effect on the microplastics removal, microplastics based on five different polymer types were cultivated in the columns. The removal efficiencies were determined gravimetrically for three different organosilanes. The results confirmed, biofilm coverage affects the removal process and leads to reduced removal efficiencies. Removal of the biofilm using ultrasounds and hydrogen peroxide treatment could improve the removal efficiencies of the microplastics from the water again but did not reach the values of the virgin microplastics. This highlights the importance of simulated environmental exposure in microplastics research and how it can affect surface-active microplastics removal processes
To test the process on a pilot plant scale, a detection method for microplastics in environmental samples is needed. Despite extensive research, there is still no cheap and easily applicable method for microplastics detection available. Staining microplastics with Nile red has great potential, as the only requirement is a device for fluorescent imaging. Previous studies show, that in stained environmental samples, microplastics show stronger fluorescence than natural particles and can be distinguished by their higher fluorescence intensity. To improve the process, Nile red and three newly developed derivatives were tested in part four, to achieve greater selectivity for plastic particles and more intense fluorescence. The investigations were carried out by analyzing solid sample fluorescent spectra of microplastics and natural particles, stained with different organic solvents and water at different pH values. The results show, that the chosen solvent, pH value, plastic- or particle type as well as the modification of the Nile red influence the fluorescence properties of the stained particles. A combination of Nile red and a new Nile red derivative modified with an Ethylhexyl group dissolved in water at pH 2.5 turned out to be the most efficient to distinguish plastics and natural particles. As the selectivity is not yet high enough to avoid false positives by natural polymers like chitin, time-consuming sample preparation is still necessary. Using these findings, the final method was applied for sea salt samples as an example for environmental samples.