Abstract:
Der Verwendung Lignocellulose-haltiger Rohstoffe wird eine essentielle Rolle beim Übergang von einer auf fossilen Rohstoffen basierenden zu einer biobasierten Ökonomie beigemessen. Die für die biotechnologische und chemische Nutzbarmachung von Lignocellulose als Ausgangssubstrat nötige Vorbehandlung ist jedoch energieintensiv und/oder produziert toxische Abfälle und Nebenprodukte. Wasserstoff ist ein vielversprechender Energieträger für eine zukünftige Bioökonomie, der jedoch zurzeit hauptsächlich aus fossilen Rohstoffen gewonnen wird. Eine Alternative bietet die biologische Wasserstoffproduktion auf Basis von Lignocellulose, die jedoch zurzeit durch den hohen Energiebedarf der Lignocellulose-Vorbehandlung sowie niedriger Ausbeuten bisher eher unbedeutend ist. ... mehr
Anaerobe Pilze des Phylums Neocallimastigomycota können durch die Sekretion einer Vielzahl von Lignocellulose abbauenden Enzymen auf unvorbehandelter Biomasse wachsen und produzieren hierbei Wasserstoff und andere Plattformchemikalien wie Acetat, Formiat, Lactat, Ethanol und Succinat als metabolische Endprodukte. Trotz des hohen biotechnologischen Potenzials sind diese Organismen und ihre Enzyme weitgehend unerforscht. So sind grundlegende Wachstumsvoraussetzungen nahezu unbekannt und Kenntnisse über ihre Stoffwechselwege und deren Regulierung sind noch begrenzt. Durch Untersuchung dieser Aspekte soll diese Arbeit den Grundstein für eine biotechnologische Anwendung von anaeroben Pilzen legen.
Die Nichtverfügbarkeit anaerober Pilz-Stämme in Stammsammlungen stellt eine der Herausforderungen bei der Arbeit mit diesen Organismen da. Der erste Schritt war daher eine Isolation aus dem Kot unterschiedlicher Zootiere, was zum Erhalt von sechs verschiedenen Isolaten führte. Ein aus Alpakakot isolierter Stamm stellte sich als eine neue Pilzgattung und -art heraus, die zuvor nur als SK4-Klade von sequenzierten Umweltproben bekannt war. Interessanterweise wurde der gleiche Stamm gleichzeitig aus dem Pansen eines Mähnenspringers in Texas, USA isoliert. Die Kooperation unserer Forschergruppen mündete in einer gemeinsamen Publikation, welche Kapitel 3 bildet. Isolate von beiden Orten waren nahezu identisch. Sie bildeten mittelgroße (2-5 mm) Kolonien mit einem weißen Zentrum aus Sporangien auf Agar und einen Biofilm aus Myzel in flüssigem Medium. Mikroskopisch waren monozentrische Thalli und sphärische poly-flagellierte Zoosporen mit 7-20 Flagellen zu erkennen. Sowohl die Öffnung einer apikalen Pore des Sporangiums wie auch das Aufbrechen der sporangialen Zellwand führten zur Freisetzung der Zoosporen. Dieser duale Mechanismus ist bisher einzigartig unter allen derzeit beschriebenen anaeroben Pilz-Stämmen. Ein phylogenetischer Vergleich anhand der Sequenzen der D1-D2 28S Untereinheit des rRNA Gens (LSU) und des internal transcribed spacer 1 (ITS1) wies hohe Identitätsübereinstimmungen zwischen allen Isolaten (geringste Identität jeweils 99,07 % und 96,96 %) aber geringe Übereinstimmung zu den nächsten Verwandten auf (jeweils 92,4 % und 86.7 %). Anhand der LSU konstruierte phylogenetische Bäume ordneten die Isolate als neue monophyletische Gruppe in der Orpinomyces-Neocallimastix-Pecoramyces-Feramyces-Ghazallamyces Klade ein. Sowohl die LSU wie auch die ITS1 Sequenzen der Isolate wiesen eine hohe Sequenzidentität zu Umweltproben aus Schafen und verschiedenen anderen Herbivoren auf. Interessanterweise wurden diese Proben der SK4-Klade hauptsächlich bei Tieren gefunden, die auf Sommerweiden grasten, woraus sich die Benennung der neuen Gattung, Aestipascuomyces (abgeleitet vom lateinischen Wort für „Sommerweide“), und der Spezies, A. dubliciliberans, ableitete.
Die übrigen fünf Isolate konnten, wie in Kapitel 4 beschrieben, den bereits bekannten Neocallimastigomycota Gattungen und Spezies Neocallimastix cameroonii, Caecomyces spec., Orpinomyces joyonii, Pecoramyces ruminantium, und Khoyollomyces ramosus zugeordnet werden. Während der phylogenetischen Analyse wurde eine hohe Ähnlichkeit zwischen Spezies der Gattung Neocallimastix bemerkt, was zur Neuzuweisung von Neocallimastix californiae und Neocallimastix lanati zu Neocallimastix cameroonii führte. Die Daten befürworteten ebenfalls eine Neuzuweisung der Gattung Cyllamyces als Spezies der Gattung Caecomyces. Kapitel 4 beschreibt ebenfalls die biochemische Charakterisierung aller Isolate inklusive des in Kapitel 3 beschriebenen. Die Pilze wurden auf verschiedenen Kohlenstoffquellen kultiviert und die Produktion der Metabolite Wasserstoff, Acetat, Formiat, Lactat, Ethanol und Succinat, analysiert. Unter den getesteten Bedingungen produzierte Orpinomyces joyonii kein Succinat und Khoyollomyces ramosus kein Lactat. Die Ergebnisse wiesen des Weiteren auf eine sequenzielle Produktion der Metabolite unter Bevorzugung von Wasserstoff, Acetat und Formiat hin. Beim Vergleich der Metabolitproduktion während des Wachstum auf Monosacchariden und auf Stroh fiel eine höhere Wasserstoffproduktion bei letzterem auf. Dies könnte auf eine Reaktion des Metabolismus auf erhöhte Zuckerkonzentrationen hindeuten.
Für das robusteste Isolat, Neocallimastix cameroonii G341, wurde ein Dunkelfermentationsprozess im Rührkessel-Bioreaktor entwickelt, was in Kapitel 5 beschrieben ist. Dazu wurden im Vorfeld weitere Optimierungen bezüglich Medienzusammensetzung und Kultivierungsbedingungen vorgenommen. Beim Testen verschiedener Stickstoffquellen führten nur Glutamin und Ammonium zum Wachstum des Isolates. Der Pilz wuchs optimal in einem Temperaturbereich von 38,5 °C bis 41,5 °C und präferierte initiale pH-Werte zwischen 6,6 und 6,8. Die höchste Wasserstoffproduktion fand jedoch bei einem initialen pH-Wert von 6,4 bis 6,6 statt. Zugabe von Wasserstoff zu Beginn des Experiments verringerte die Wasserstoffproduktion. Im Gegensatz dazu konnte durch Erhöhung des Kopfraumvolumens oder durch Agitation die Wasserstoffproduktion erhöht werden, was mit einem Abfall der gebildeten Lactat- und Ethanol-Konzentrationen einherging. Durch Kombination beider Parameter sanken Lactat- und Ethanolproduktion soweit, dass Wasserstoff, Acetat und Formiat nahezu die einzigen Produkte waren. Succinat konnte, wenn überhaupt, nur in Spuren nachgewiesen werden. Nach Etablierung des Prozesses im Rührkesselreaktor konnten die Ergebnisse aus dem Flaschenversuch bestätigt werden. Die Wasserstoffproduktion stieg mit steigender Rührgeschwindigkeit an. Während der Anstieg von 0 rpm auf 250 rpm mit einem Anstieg der Geschwindigkeit der Wasserstoffproduktion einherging, verlangsamte eine weitere Steigerung auf 600 rpm dessen Produktion. Ein ähnlicher Effekt trat beim Vergleich von Fermentationsprozessen mit und ohne pH Regulation auf. Wurde der pH-Wert konstant bei 6,8 gehalten, verdoppelte sich im direkten Vergleich zu nicht-pH regulierten Prozessen die Produktion aller Metabolite mit Ausnahme von Lactat. Diese Ergebnisse führten zu dem Schluss, dass Wasserstoff der präferierte Elektronenendakzeptor von Neocallimastix cameroonii sein könnte. In diesem Fall würden Lactat und Ethanol nur produziert, falls eine thermodynamische Beeinträchtigung der Wasserstoffbildung vorliegt. Die höchste Wasserstoffausbeute (2,406 mmol/g = 58,84 ml/g) resultierte aus Flaschenversuchen mit 5 g/l Stroh als einziger Kohlenstoffquelle mit erhöhtem Kopfraumvolumen und Agitation. Im Literaturvergleich entspricht dies ungefähr 33-50 % der für die Dunkelfermentation angegebenen Wasserstoffausbeuten auf Basis von Stroh. Allerdings wurden bei diesen Studien diese Ausbeuten nur nach einer intensiven Vorbehandlung des Strohs erzielt. Weiterhin ist der hier beschriebene Prozess mit anaeroben Pilzen noch nicht optimiert.
Auch wenn das Potential anaerober Pilze, lignocellulose-haltige Biomasse effizient zu hydrolysieren, weithin bekannt ist, und eine Vielzahl ihrer Enzyme bereits heterolog exprimiert wurden, sind die wenigsten biochemisch charakterisiert. Dies betrifft besonders hemicellulolytische Enzyme, welche verglichen mit cellulolytischen Enzymen weit weniger erforscht sind. Kapitel 6 behandelt daher die Expression von Neocallimastigomycota Hemicellulasen und deren biochemische Charakterisierung. Nach ihrer Identifikation im Pilzproteom von Neocallimastix californiae konnten die GH43 Xylosidase Xyl43Nc und die GH11 Endoxylanase X11Nc in Escherichia coli exprimiert werden. Xyl43Nc wies eine hohe Aktivität gegen 4-Nitrophenol-Xylopyranosid (Km = 0,72 mM und kcat = 29,28 s-1) bei einem Temperaturoptimum von 32 °C und einem pH Optimum von 6 auf. Bei gemeinsamer Verwendung von Xyl43Nc und X11Nc konnte Xylose aus Buchenholzxylan und Weizen-Arabinoxylan freigesetzt werden. Phylogenetische Analysen von Xyl43Nc zeigten einen gemeinsamen Ursprung mit Enzymen aus Spirochaeten. Das Enzym bildete eine monophyletische Gruppe abseits der Sequenzen von Ascomyceten im phylogenetischen Baum. Hieraus ließ sich ein Ursprung des Enzyms aus horizontalem Gentransfer ableiten.
Zusammengefasst legt diese Arbeit den Grundstein für eine zukünftige biotechnologische Anwendung anaerober Pilze und deren Enzyme.
Abstract (englisch):
Utilization of lignocellulose containing materials will play an essential role in the transition from a fossil-based to a bio-based economy. However, due to the required pretreatment the biotechnological conversion of lignocellulose is energy intensive and/or produces toxic wastes and by-products. Hydrogen could be a promising green energy carrier in a future bio-based economy but is currently mainly produced from fossil materials. An alternative option might be the biological hydrogen production from lignocellulose, however, this technique is limited by the energy requirements for lignocellulose conversion. ... mehr
Anaerobic fungi of the phylum Neocallimastigomycota are able to grow directly on lignocellulosic biomass employing a wide array of lignocellulolytic enzymes. Hydrogen is produced as a metabolic end-product, along other valuable products like acetate, formate, lactate, ethanol and succinate. Despite their high biotechnological potential, general knowledge about these organisms or their enzymes is limited. Basic growth requirements are understudied and metabolic pathways and their regulation remain to be elucidated. This thesis aims to address this situation and establishes the principles for anaerobic fungi biotechnological application.
One of the challenges to overcome when working with anaerobic fungi is the unavailability to obtain these microorganisms from culture collections. Therefore, an isolation from feces of different zoo animals was performed and a total of six different isolates were obtained. A strain isolated from alpaca feces proved to be a fungus that was only known from environmental sequences as SK4 clade. Interestingly, the same fungus was isolated from an aoudad sheep rumen sample by a group from Texas, USA at the same time. This finding was published in a cooperation between both institutes and is described in chapter 3. Isolates from both locations showed nearly identical morphological and microscopic features, forming medium-sized (2-5 mm) white filamentous colonies with a white center of sporangia on agar roll tubes and a heavy biofilm in liquid media. Microscopic analysis revealed monocentric thalli, and spherical poly-flagellated zoospores with 7–20 flagella. Zoospore release occurred through an apical pore as well as by sporangial wall rupturing, a duality that is unique amongst described anaerobic gut fungal strains. Phylogenetic assessment based on the D1-D2 28S large rRNA gene subunit (LSU) and internal transcribed spacer-1 (ITS-1) regions demonstrated high sequence identity (minimum identity of 99.07 % and 96.96 %, respectively) between all isolates; but low sequence identity (92.4 % and 86.7 %, respectively) to their closest cultured relatives. LSU phylogenetic trees grouped the isolates as a new monophyletic clade within the Orpinomyces-Neocallimastix-Pecoramyces-Feramyces-Ghazallamyces supragenus group. LSU and ITS-1 sequences recovered from the obtained isolates were either identical, or displayed extremely high sequence similarity to sequences recovered from the same aoudad sheep sample on which isolation was conducted, as well as several sequences recovered from domestic sheep and few other herbivores. Interestingly, members of the SK4 clade seem to be encountered preferably in animals grazing on summer pasture. Consequently, the novel isolates were accommodated in a new genus, Aestipascuomyces (derived from the Latin word for “summer pasture”), and a new species, A. dupliciliberans.
The other obtained isolates could be assigned to the existing Neocallimastigomycota genera and species Neocallimastix cameroonii, Caecomyces spec., Orpinomyces joyonii, Pecoramyces ruminantium, and Khoyollomyces ramosus as described in chapter 4. During the phylogenetic assignation of the isolates a high similarity between species of the genus Neocallimastix was noticed, leading to the reassignment of Neocallimastix californiae and Neocallimastix lanati to Neocallimastix cameroonii. Similarly, the phylogeny pointed towards a redesignation of the genus Cyllamyces as a species of Caecomyces. Chapter 4 further describes the biochemical analysis of all isolates including the one described in chapter 3. The fungi were grown on different carbon sources and the produced metabolites were analyzed with hydrogen, acetate, formate, lactate, ethanol and succinate being the main products. Orpinomyces joyonii was lacking succinate production and Khoyollomyces ramosus was not able to produce lactate under the studied conditions. The results further suggested a sequential production of metabolites with a preference for hydrogen, acetate, and formate. By comparing fungal growth on monosaccharides and wheat straw, a higher hydrogen production was noticed on the latter hinting a possible reaction to elevated sugar concentrations.
The most robust isolate, Neocallimastix cameroonii G341, was further studied for implementation in dark fermentation, which is described in chapter 5. While testing different nitrogen sources only glutamine and ammonium led to growth of this isolate. The fungus grew optimally in a temperature range between 38.5 °C and 41.5 °C and preferred an initial pH range of pH 6.6-6.8 in bottle experiments. The highest hydrogen production was achieved at slightly lower pH value between 6.4 and 6.6. Addition of hydrogen at the beginning of the experiment led to a decrease in hydrogen production. In contrast increasing the volume of the gas phase or agitation of the bottle resulted in an increase of hydrogen production and in most cases to a decrease of lactate and ethanol amounts. By combination of both parameters, ethanol and lactate production were strongly decreased leaving hydrogen, acetate and formate as only products. Succinate, if detected, was only present in traces. After establishing the bioreactor process in a stirred tank reactor system, the effects on hydrogen production could be confirmed as hydrogen production increased with the stirrer speed. While an increase from 0 rpm to 250 rpm also increased the speed of hydrogen production, increasing it further to 600 rpm delayed the production of hydrogen. A similar effect was observed when comparing pH regulated vs. unregulated bioprocesses: a constant pH of 6.8 resulted in a doubling of all metabolites except lactate. These results led to the conclusion that hydrogen might be the preferred way of electron disposal in Neocallimastix cameroonii and lactate and ethanol are only produced when hydrogen production is thermodynamically impaired. The highest hydrogen yield (2.406 mmol/g = 58.84 ml/g) achieved with straw as sole carbon source was obtained in bottle experiments using 5 g/l straw with increased head space volume and agitation. In comparison to literature references this corresponds roughly to 33%-50% of reported dark fermentation yields. However, those literature results were obtained only after extensive substrate pretreatment unnecessary for the fungal process that has furthermore not been optimized yet.
Although the biomass degrading capabilities of anaerobic fungi are widely known and a variety of the lignocellulose degrading enzymes have been expressed heterologously, knowledge on the biochemical properties of these enzymes is limited, particularly for enzymes degrading hemicellulose which have received less attention compared to enzymes for cellulose degradation. Therefore, chapter 6 describes the heterologous expression of a Neocallimastigomycota hemicellulases and their biochemical characterization. A GH43 xylosidase, Xyl43Nc, and a GH11 endoxylanase, X11Nc, from the anaerobic fungus Neocallimastix californiae were heterologously expressed in Escherichia coli after being identified by screening the putative proteome. Xyl43Nc was highly active against 4-Nitrophenol-xylopyranosides with a Km of 0.72 mM, a kcat of 29.28 s-1, exhibiting a temperature optimum of 32 °C and a pH optimum of 6. When combined, Xyl43Nc and X11Nc released xylose from beechwood xylan and arabinoxylan from wheat. Phylogenetic analysis revealed that Xyl43Nc shares common ancestry with enzymes from Spirochaetes and groups separately from Ascomycete sequences in the phylogeny, indicating an acquisition through horizontal gene transfer.
In summary this thesis lays the foundation for a future biotechnological application of anaerobic fungi and their enzymes.