Abstract:
Nebel und niedrige Stratuswolken (fog and low stratus, FLS) sind ein wichtiger Teil des Klimasystems, da sie die Strahlungsbilanz der Erde direkt beeinflussen und als Wasser- und Nährstoffquellen für Ökosysteme dienen. Darüber hinaus haben sie wirtschaftliche Auswirkungen, da sie den Verkehr beeinträchtigen und eine Herausforderung für die Erzeugung von Solarenergie darstellen. FLS werden durch eine Vielzahl von Prozessen in der Atmosphäre und auf der Landoberfläche beeinflusst, wobei die Stärke, Richtung und Wechselwirkungen dieser Prozesse auf zeitlichen und räumlichen Skalen variieren. ... mehrDas Verständnis des Einflusses von Umweltfaktoren auf die räumlichen und zeitlichen Muster von Nebel und niedrigem Stratus ist für ihre Vorhersage sowie für die Parametrisierung der Wechselwirkungen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre in Wetter- und Klimamodellen unerlässlich. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es das wissenschaftliche Verständnis des Einflusses von meteorologischen und landoberflächenbasierten Faktoren auf das Auftreten und den Lebenszyklus von FLS zu verbessern. Hierbei werden FLS Prozesse im Kontext von Interaktionen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre untersucht sowie der Einfluss der Landoberoberfläche auf das Vorkommen von Nebel und niedrigem Stratus analysiert. Die zentralen Orientierungspunkte der Teilstudien, mit räumlichen Fokus auf Mitteleuropa, sind vier Hauptforschungsfragen:
1. Welche Faktoren beeinflussen die großskaligen räumlichen und zeitlichen Muster von Nebel und niedrigem Stratus?
2. Wie beeinflusst die Landoberfläche räumliche Variationen des Vorkommens von Nebel und niedrigem Stratus?
3. Was sind klimatologische Muster der Bildung und Auflösung von Nebel und niedrigem Stratus?
4. Was sind regionale und subregionale Regime der Bildung und Auflösung von Nebel und niedrigem Stratus?
Diese Forschungsfragen werden in vier separaten Studien behandelt, in denen Satellitendatensätze und Reanalysedaten in Kombination mit verschiedenen statistischen Methoden verwendet werden. Durch die Verwendung von Satelliten- und Reanalysedaten ist es möglich den Einfluss von Umweltfaktoren auf FLS auf großen räumlichen und zeitlichen Skalen zu untersuchen, die in der bisherigen Forschung nicht berücksichtigt wurden. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden erläutert.
In einer für Kontinentaleuropa durchgeführten Studie wird ein statistisches Modell aufgesetzt, welches Tagesmittel der FLS Bedeckung mithilfe von meteorologischen und landoberflächenbasierten Prädiktoren vorhersagt. Die anschließende Sensitivitätsstudie zeigt, dass atmosphärische Prädiktoren, insbesondere Luftdruck, Windgeschwindigkeit und die FLS Bedeckung des Vortages, für die Vorhersage der FLS Bedeckung wichtiger sind als Charakteristika der Landoberfläche. Verdunstung und Landoberflächentemperatur gewinnen an Bedeutung für das Modell, wenn ausschließlich Hochdruckwetterlagen berücksichtigt werden. Die Analyse zeigt nicht nur die Bedeutung von atmosphärischen Prädiktoren für das statistische Modell auf,
sondern verdeutlicht auch das Potential der Auswahl von Hochdruckwetterlagen für die Analyse des Einflusses der Landoberflächen auf Nebel und niedrigen Stratus. In einem subregionalen Ansatz wird die mittlere nächtliche FLS Bedeckung über einem großen Waldgebiet in Europa mit derjenigen über dem umliegenden landwirtschaftlichen Gebiet verglichen. Unter Verwendung zweier unabhängiger satellitengestützter FLS Datensätze findet sich über dem Waldgebiet eine signifikant höhere nächtliche FLS Bedeckung. Mögliche Gründe hierfür sind niedrige Windgeschwindigkeiten und Landoberflächentemperaturen sowie eine Temperaturinversion und eine höhere Konzentration von biogenen Kondensationskernen über dem
Waldgebiet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Landoberfläche auf den untersuchten klimatologischen Skalen einen erheblichen Einfluss auf das Auftreten von Nebel und niedrigem Stratus hat.
Zusätzlich zur Analyse der FLS Bedeckung folgt eine Analyse des FLS-Lebenszyklus hinsichtlich dessen Bildungs- und Auflösungszeitpunktes. Zu diesem Zweck wird eine logistische Regression auf einen bestehenden satellitengestützten FLS Datensatz über Mitteleuropa angewendet. Die klimatologische Analyse zeigt ausgeprägte geographische Muster der FLS-Bildung und Auflösung, die von der Topographie, der Nähe zur Küste und der Sonneneinstrahlung abhängen. Die saisonalen Muster ähneln sich in Frühling und Sommer und in Herbst und Winter, wobei die FLS-Persistenz in den letztgenannten Jahreszeiten höher ist. Der so entstandene neue Datensatz bildet die Grundlage für Analysen von Faktoren des Lebenszyklus von Nebel und niedrigem Stratus von Fallstudien bis hin zu klimatologischen Analysen.
Aus diesem Datensatz werden regionale Regime des FLS Lebenszyklus abgeleitet, indem ein hierarchischer Clustering Algorithmus auf Sensitivitäten der FLS Bildungs- und Auflösungzeit hinsichtlich Umweltfaktoren angewandt wird. In Mitteleuropa werden vier Hauptregime der FLS Bildung und Auflösung identifiziert: zentral, maritim, Mediterran und Baltisch-Skandinavisch. Subregionale Regime werden hinsichtlich ihrer mittleren monatlichen Sensitivitäten von Bildungs- und Auflösungszeitpunkt gegenüber Veränderungen in Luftdruck, Windgeschwindigkeit, Landoberflächentemperatur und Verdunstung analysiert. Die Sensitivitäten zeigen eine deutliche Abhängigkeit vom klimatischen und geographischen Hintergrund des Regimes. Darüber hinaus könnte der vorherrschende FLS Typ der bestimmende Faktor für die beobachteten Sensitivitätsmuster sein, sodass künftig eine Filterung nach spezifischen FLS Typen von Bedeutung sein wird.
Die Ergebnisse dieser Arbeit verbessern das Verständnis der Einflüsse atmosphärischer und landoberflächenbasierter Faktoren und ihrer Wechselwirkungen auf das Auftreten und den Lebenszyklus von Nebel und niedrigen Stratuswolken. Die spezifischen Einflüsse variieren standortabhängig und auf zeitlichen Skalen: Einflüsse meteorologischer Faktoren dominieren auf kürzeren Zeitskalen (mehrere Tage
bis Monate), während die Verwendung von Jahresmittelwerten oder die Filterung spezifischer Wettersituationen die meteorologischen Schwankungen verringert und die Analyse von Landoberflächeneinflüssen auf die FLS Bedeckung ermöglicht. Ein vielversprechender Ansatz ist die Verwendung von regionalen Modellregionen und von zusätzlichen Variablen, um Faktoren der FLS-Persistenz zu untersuchen. Vorläufige Ergebnisse einer solchen Studie für die Po-Ebene zeigen, dass meteorologische Faktoren hauptverantwortlich für die Persistenz von Nebel und niedrigem
Stratus sind, wobei die Aerosolbelastung des Vortages die Persistenz bei starker Luftverschmutzung um bis zu 60 Minuten erhöht. Mithilfe von regional spezifischen Studien über die Auswirkungen von Umweltfaktoren auf den Lebenszyklus von Nebel und niedrigen Stratus können somit Rückschlüsse und Lehren für deren regionale Vorhersage, die Verkehrssicherheit und die Erzeugung von Solarenergie gezogen werden.
Abstract (englisch):
Fog and low stratus clouds (FLS) are a key component of the climate system, as they directly modify Earth’s radiation balance and provide nutrients and water to ecosystems. They further have economic impacts via affecting traffic on land,
at sea and in the air and pose a challenge for solar power prediction. FLS are influenced by a myriad of atmospheric and land surface processes, with magnitude, direction and interactions of these processes varying across temporal and spatial scales. Understanding the effect of environmental conditions on spatial and temporal patterns of FLS is critical for their prediction and also for parameterizations of land-atmosphere processes in weather and climate models. ... mehrThis thesis aims to advance the scientific understanding of the influence of meteorological and land surface drivers on FLS occurrence and life cycle. FLS processes are investigated in the context of land-atmosphere interactions and the influence of land cover types on FLS occurrence is analyzed. With a spatial focus on central Europe, four research questions are targeted in the research presented in this thesis:
1. What are the main drivers of large-scale spatial and temporal fog and low stratus patterns?
2. How does the land surface influence spatial variations in fog and low stratus occurrence?
3. What are the climatological patterns of fog and low stratus formation and dissipation time?
4. What are fog and low stratus formation and dissipation regimes on regional to subregional scales?
These research questions are addressed in four studies using satellite and reanalysis data sets and a set of statistical methods. Using satellite and reanalysis data allows to investigate how environmental conditions influence FLS on spatial and temporal scales previously not considered. The main findings of the thesis are described in the following.
For a study area spanning continental Europe, a statistical model is set up to predict daily means of FLS occurrence using meteorological and land surface predictors. The sensitivity analysis reveals that atmospheric proxies, in particular mean sea level pressure, wind speed and FLS occurrence on the previous day, are more important determinants of the FLS presence than land surface characteristics. The importance of evapotranspiration and land surface temperature for FLS prediction increases in high pressure conditions. The analysis reveals not only the importance of atmospheric proxies for the prediction of FLS occurrence but also highlights the potential for the analysis of land surface effects on FLS occurrence by filtering for specific weather situations.
In a sub-regional approach, the mean climatological nighttime FLS occurrence over a large European forest area compared to its surrounding agricultural land is investigated. The two independent satellite-based FLS data sets used in the analysis show significantly higher nighttime FLS occurrence over the forest area, especially in summer and fall. Lower wind speeds and land surface temperatures, together with a temperature inversion and biogenic organic compounds serving as cloud condensation nuclei are identified as potential drivers for higher FLS occurrence over the forest area. The results suggest that the land surface significantly influences FLS occurrence on the climatological scale considered.
Besides FLS occurrence, the FLS life cycle is analyzed by extracting FLS formation and dissipation time via the application of logistic regression to an existing satellite-based FLS data set spanning the central European land mass. The climatological analysis reveals distinct geographic patterns of FLS formation and dissipation pertaining to topography, distance to the coast and the solar cycle. The seasonal cycle reveals similar patterns in spring and summer and in winter and fall, with higher FLS persistence found in the latter two seasons. The therein created novel FLS formation and dissipation time data set provides a basis for the analysis of drivers influencing the FLS life cycle, from daily to decadal time scales.
From this novel data set, regional FLS life cycle regimes are analyzed by applying a hierarchical clustering approach to correlations of FLS formation and dissipation time with environmental conditions. The clustering approach reveals four main FLS formation and dissipation regimes across the central European land mass: central, maritime, Mediterranean and Baltic-Scandinavian. Sub-regional regimes are analyzed in terms of their average monthly mean correlations of FLS formation and dissipation time with mean surface pressure, wind speed, land surface temperature and evapotranspiration. The correlations display the sensitivities of the FLS life cycle to changes in environmental conditions and indicate a strong dependency on the climatological and geographic background of the regime. Furthermore, the prevailing FLS type of a regime might be a main determinant of the observed sensitivity patterns, thus filtering for specific FLS types is critical going forward.
The findings of this thesis advance the understanding of the effect of atmospheric and land surface drivers and their interactions on fog and low stratus cloud occurrence and life cycle. The specific influences of these drivers vary depending on geographic position and also with the temporal scales considered: Meteorological
influences dominate on daily to seasonal time scales, whereas by considering multiyear means or filtering for specific weather situations, meteorological variations decrease, making it possible to distill land cover influences on FLS occurrence. A promising path forward is the set-up of regionally specific models to investigate drivers of FLS persistence, which further holds promise to include previously not considered variables. Results of a preliminary study using such an approach were presented in the outlook of this thesis: In the Po valley region, meteorological conditions are found to be the main drivers of FLS persistence, but the aerosol loading of the previous day can prolong FLS duration up to 60 minutes during high pollution events. Regional specific evaluations of the effect of environmental conditions on the FLS life cycle thus have implications and learnings for regional FLS predictions, traffic safety and solar energy production.