Abstract:
Eine nachhaltigere Synthese für nicht sterisch anspruchsvolle aliphatische Isocyanide, die
p-Toluolsulfonsäurechlorid (p-TsCl) als Dehydratisierungsreagenz verwendet, wurde eingeführt.
Dieses Reagenz ist im Vergleich zu klassischen Dehydratisierungsreagenzien, wie Phosphoroxychlorid,
weniger toxisch und leichter handhabbar. Zudem ist p-TsCl ein Abfallprodukt aus der industriellen
Saccharinsynthese. Dieses Syntheseprotokoll wurde verwendet, um 11 Isocyanide aus den jeweiligen
Mono-und Di-N-formamiden in moderater bis exzellenter Ausbeute (bis zu 98%) herzustellen. ... mehrDurch
einfaches Extrahieren als einzigen Aufarbeitungsschritt wurde der E-Faktor im Vergleich zu gängigen
Syntheseprotokollen deutlich reduziert.
Mit dem optimierten Zugang zu Isocyaniden konnte die Multikomponentenreaktion (MCR) zur
Bildung von Thioharnstoffen aus Isocyaniden, Aminen und elementarem Schwefel für einen
nachhaltigeren Zugang zu Thioharnstoff-basierten Organokatalysatoren verwendet werden. Durch
die Reaktivität von mit Basen aktiviertem Schwefel können so Thioharnstoffe hergestellt werden,
wobei typischerweise verwendete, giftige Chemikalien, wie Thiophosgenderivate oder
Kohlenstoffdisulfid, vermieden werden. Des Weiteren ist die Verwendung von elementarem
Schwefel wünschenswert, da er ein Abfallprodukt der Ölindustrie ist und die Lagerung des jährlichen
Überschusses an Schwefel zu Sicherheits- und Umweltproblemen führt. Eine weitreichende
Untersuchung der Aktivierungsmotive, die zu katalytisch aktiven Thioharnstoffen führen, zeigte, dass
häufig verwendete elektronenarme aromatische Reste über die Isocyanidkomponente in der MCR
eingeführt werden müssen. Zwei neuartige Aktivierungsmotive, genauer der
Isophthalsäureester- und der p-(Alkyl)sulfonylphenylrest, die eine ähnliche katalytische Aktivität wie
der weitläufig verwendete 3,5-Bis(trifluoromethyl)phenylrest in einer Ugi- und einer
Ringöffnungsreaktion von Carbonaten aufwiesen, wurde aufgezeigt. Die neuen Aktivierungsgruppen
haben des Weiteren das Potential die Löslichkeit der, in gängigen organischen Lösemitteln oft
schwerlöslichen, Thioharnstoffkatalysatoren anzupassen. Zusammenfassend bietet der in dieser
Arbeit vorgestellte Syntheseweg mittels MCR von elementarem Schwefel einen nachhaltigeren
Zugang zu katalytisch aktiven Thioharnstoffen.
Der Transfer solcher katalytisch aktiven Thioureagruppen in ein Polymergerüsts mittels
Stufenwachstums- (Polykondensation und Poly-Thiol-En Reaktion) und lebender Polymerisation
(Ringöffnungsmetathese Polymerisation (ROMP)) wurde weiterführend untersucht, um recycelbare
Organokatalysatoren zu erhalten. Die ROMP erwies sich als der vielversprechendste Ansatz, da fast
vollständiger Umsatz eines Thioharnstoffnorbornens nach nur zwei Stunden bei 44 °C erreicht wurde.
Darüber hinaus zeigte der Ansatz das größte Potential für eine Anpassung der Löslichkeit der
erhaltenen Polymere. Mittels eines co-ROMP-Ansatzes des Thioharnstoffnorbornens und Norbornen
oder Cycloocten konnte ein weiterer Paramater zur Steuerung der Löslichkeit eingeführt werden,
wobei zudem ein schneller Umsatz des Thioharnstoffmonomers erreicht wurde (vollständiger Umsatz
nach einer Stunde). Nichtsdestotrotz konnte kein adäquates Aufreinigungsprotokoll etabliert
werden, dass die Isolation der hergestellten Polymere erlaubte. Im Allgemeinen konnte durch die
Evaluierung aller drei Ansätze gezeigt werden, dass über den ROMP-Ansatz die gewünschten
polymeren Organokatalysatoren erhalten werden könnten, wenn die Löslichkeitsproblematik in der
Aufarbeitung adressiert wird.
Mechanistische Untersuchungen der oben erwähnten MCR zwischen Isocyaniden, Aminen und
Schwefel führten zu der Etablierung einer nachhaltigeren Isothiocyanatsynthese, welches das
Schlüsselintermediat dieser Reaktion darstellte. Durch die Nutzung von tertiären Aminen, Amidinen
und Guanidinen als Aminkomponente wurde der aktivierte, elementare Schwefel mit dem Isocyanid
zum Isothiocyanat statt dem Thioharnstoff umgesetzt. Mit diesem Protokoll konnten 20 Mono- und
Diisothiocyanate in moderater bis exzellenter Ausbeute (34-95%) hergestellt werden. Die breite
Anwendung des Syntheseprotokolls wurde durch die Umsetzung von aliphatischen, zyklischen,
benzylischen und aromatischen Isothiocyanaten unterstrichen. Ein Vergleich der E-Faktoren von
typischen Syntheserouten zeigte die Vorteile dieser Methode (Einfachheit, Minimierung von Abfall).
Zudem konnten Lösungsmittel, wie DMSO, die für das Lösen von Basen-aktiviertem Schwefel
unabdingbar sind, durch nachhaltigere Lösungsmittel, wie Cyrene™ oder GBL, ersetz werden,
während die Aufarbeitungsmethode im Sinne der Nachhaltigkeit optimiert wurde.
Weitere mechanistische Untersuchungen zu der basischen Aktivierung von Schwefel mit
carbenartigen funktionellen Gruppen, wie Isocyaniden, führte zum Erhalt einer neuen Synthese von
tetrasubstituierten Arylolefinen startend von Tosylhydrazonen. Der hypothetische
Reaktionsmechanismus wurde postuliert, ausgehend von einer Carbenbildung unter
Stickstoffextrusion mit nachfolgendem Barton-Kellogg-ähnlichem Reaktionsverlauf. Die optimierte
Reaktion führte zu einem einfachen Syntheseprotokoll für Tetraarylethylene in exzellenten
Ausbeuten, beispielhaft gezeigt an zwei Tosylhydrazonen. Darüber hinaus wurden weitere
Testexperimente vorgeschlagen und konkret diskutiert, die den vorgeschlagenen
Reaktionsmechanismus bestätigen könnten.
Durch die Verwendung von Hydrazin als Aminkomponente in der MCR mit Isocyaniden und
elementarem Schwefel konnte die Anwendungsbreite der Reaktion erweitert und Thiosemicarbazide
erhalten werden. Über eine Polykondensation von Dithiosemicarbaziden und Aryldialdehyden
wurden 13 neuartige (co-)poly(thiosemicarbazon)e hergestellt und vollständig über NMR, IR, SEC,
DSC und TGA Analysen charakterisiert. Die Polymere zeigten Molekulargewichte bis zu 38 kDa und
Zersetzungstemperatur ab ca. 200 °C. Generell zeigten sie keinen Tg, sofern nicht ein gewisser Anteil
an sterisch anspruchsvollen Thiosemicarbazidresten verwendet wurde, der wiederum zu hohen Tgs
führte (162-182 °C).
Die Anwendung dieser Polymere als komplexierender Ligand für Metalle wurde anhand von
Membranen gezeigt, die über den Anti-Lösungsmittel induzierte Phasenseperationsprozess
(non-solvent induced phase separation, NIPS) hergestellt wurde. Für die Herstellung via NIPS wurden
DMSO und NMP als Lösungsmittel verwendet und die Membranen zeigten Permeabilitäten im
Bereich der Ultrafiltration bis zur Umkehrosmose (32-0.3 Lm-2h-1bar-1). Hochmolekulare
Makromoleküle, wie Bovines Serumalbumin (BSA), wurden komplett zurückgehalten. Salze oder
Mikroschadstoffe wurden nicht zurückgehalten, vermutlich durch Defekte in den Membranen.
Komplexierung von Kupfer und Silber wurde in einem Batch-Absorptionsexperiment gezeigt und ein
dynamisches dead-end set-up wurde durchgeführt, um zu zeigen, dass Silberionen auch in einem
Wasserfluss zurückgehalten werden können.
Abstract (englisch):
A more sustainable isocyanide synthesis was established for non-sterically demanding aliphatic
isocyanides using p-toluenesulfonicacid chloride (p-TsCl) as dehydrating agent, which is, compared to
typical reagents like phosgene derivatives or phosphorous oxychloride, less toxic and easier to
handle. In addition, p-TsCl is a waste product of the saccharin synthesis. The synthesis protocol was
used to synthesize 11 isocyanides from the respective mono- and di-N-formamides in moderate to
excellent yields (up to 98%). The E-factor was strongly decreased by using simple extraction as sole
... mehr
purification step after quenching. Considering the degree of sustainability of this procedure, the
burden of using isocyanide in synthesis routes can be strongly decreased.
Using the greener access to isocyanides, a multicomponent reaction (MCR) between isocyanides,
amines and elemental sulfur yielding thioureas was introduced as more sustainable approach for the
synthesis of thiourea-based organocatalysts. These compounds are typically formed using toxic
reagents like thiophosgene derivatives or carbon disulfide, which can be avoided employing the
reactivity of base activated sulfur with isocyanides. The use of elemental sulfur is further desired,
since it is a waste product from the petroleum industry and the storage of the annual generated
surplus leads to safety and environmental issues. A broad investigation of different activating motifs
to obtain catalytically active thiourea catalysts showed that typically used electron-poor aryl moieties
had to be introduced via the isocyanide component in the MCR. The use of the more sustainable
isocyanide approach introduced in this work for these compounds was proven to be inapplicable. In
addition, two novel activation motifs, i.e. isophthalicacid ester and p-(alkyl)sulfonyl phenyl, were
introduced exhibiting similar catalytic activities as the widely used bis-3,5(trifluoromethyl)phenyl
motif in an Ugi-reaction and a ring-opening of carbonates. Furthermore, the tailorability of the ester
and sulfonyl groups bore the potential to adjust the solubility of the thiourea organocatalysts, since
the often exhibit low solubilities in classic organic solvents.
The transfer of such catalytically active thiourea groups into polymers was further investigated to
obtain recyclable organocatalysts by step-growth (polycondensation and poly-Thiol-Ene reaction)
and living polymerization (ring-opening-metathesis polymerization (ROMP)). The ROMP approach
proved to be the most promising one, since nearly full conversion of a norbornene thiourea
compound was achieved in only two hours at 44 °C depicting the potential of a high tailorability to
adjust the solubility of the obtained polymers. Furthermore, by using a co-ROMP approach of the
thiourea norbornene with norbornene or cyclooctene, an additional parameter to alter the solubility
was introduced leading to a faster reaction rate of the thiourea monomer and full conversion after
one hour. Nevertheless, no sufficient purification procedure could be established that allowed the
isolation of the formed polymers. Still, the thorough evaluation of all three approaches showed that
a ROMP approach could lead to the formation of the desired polymeric organocatalysts by
addressing the solubility issues in the work-up.
Mechanistic studies of the above-mentioned MCR between isocyanides, amines and sulfur led to the
establishment of a more sustainable isothiocyanate synthesis, which is the key intermediate in this
reaction. By using tertiary amines, amidines or guanidines as amine component in the reaction,
elemental sulfur was sufficiently activated yielding isothiocyanates instead of thioureas. Using this
procedure, 20 mono- and diisothiocyanates were synthesized in moderate to excellent yields
(34-95%) bearing aliphatic, cyclic, benzylic and aromatic moieties, underlining the broad applicability
of this procedure. Comparison of the E-factors with typical synthesis procedures showed the
advantages of this method. In addition, substitution of solvents in this reaction like DMSO that are
needed to dissolve the base-activated sulfur with greener ones like Cyrene™ or GBL was achieved
and the purification method was optimized in terms of sustainability.
Further mechanistic investigation on the reaction of base-activated elemental sulfur with
carbene-like functional groups such as isocyanides led to the introduction of a novel synthesis of
tetra substituted aryl olefines using tosylhydrazones as starting material. The mechanistic pathway
was hypothesized to proceed via a carbene formation after nitrogen extrusion of the tosylhydrazone
and a subsequent Barton-Kellogg-like reaction. The optimized reaction procedure led to a feasible
protocol for tetraarylethylenes in excellent yields, exemplified on two compounds in a proof of
concept. In addition, test experiments for the evaluation of the reaction pathway were suggested
and thoroughly discussed.
Thiosemicarbazides were obtained using hydrazine as amine component in the MCR with isocyanides
and elemental sulfur, extending the scope of this MCR. Using a step-growth polycondensation
between dithiosemicarbazides and aryl dialdehydes, 13 novel (co-)poly(thiosemicarbazone)s were
obtained and fully characterized by NMR, IR; SEC, DSC and TGA analysis. High molecular weights up
to 38 kDa were obtained and the polymers reached their decomposition temperatures at roughly
200 °C. In general, the polymers exhibited no Tg unless a certain amount of bulky thiosemicarbazide
moieties were introduced leading to high Tgs (162-182 °).
The application of these polymers as complexation ligand for metals was shown by formation of a
membrane in a non-solvent induced phase separation process (NIPS). Membranes with
permeabilities in the range of ultrafiltration (UF) to reverse osmosis (RO) were obtained
(32-0.3 Lm-2h-1bar-1) using DMSO and NMP as solvent in NIPS, while high molecular macromolecules
like bovine serum albumin (BSA) were completely retained. No salt rejection or removal of
micropollutants was observed, most likely due to defects in the membrane. Complexation of copper
and silver ions was shown in a batch removal experiment and a dead-end dynamic set-up was
performed in a proof of concept for the sufficient removal of silver ions from a water stream.