Abstract:
Die räumliche Verteilung von Aerosolpartikeln hat großen Einfluss auf die Luftverschmutzung durch anthropogene Emissionen aber auch auf das globale Klima, indem der Strahlungsantrieb entweder direkt oder über Aerosol-Wolken-Wechselwirkung verändert wird. Daher ist es unerlässlich, die räumlich-zeitliche Verteilung von Aerosolpartikeln und die Prozesse, die zu diesen Verteilungen führen (z. B. Quellen, Senken und Transport), zu untersuchen. Derzeit ist es aufgrund instrumenteller Einschränkungen noch schwierig, hochauflösende und quantitative Aerosolverteilungen zu erhalten. ... mehrSchwenkbare Aerosol-Lidare sind jedoch in der Lage, dreidimensionale Aerosolverteilungen zu messen und Auswerteunsicherheiten im Vergleich zu herkömmlichen, vertikal ausgerichteten Lidaren zu verringern. Das in dieser Dissertation verwendete schwenkbare Aerosol-Lidar ermöglichte es mir daher, hochaufgelöste und quantitative Aerosolverteilungen zu bestimmen. Diese Lidardaten helfen zusammen mit anderen Messungen, Aerosol-Grenzschicht-Wechselwirkungen sowie Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen besser zu verstehen.
Zur Untersuchung der räumlich-zeitlichen Verteilung und Eigenschaften von Aerosolen sowie der Grenzschichtdynamik wurde ein umfangreicher Datensatz mit Fernerkundungsmethoden, in-situ-Messungen in Bodennähe sowie mit Drohnenflügen (UAV) und auf Ballons gesammelt und analysiert . Darüber hinaus habe ich diese Beobachtungsdaten verwendet um zwei Transportmodelle zu validieren. Das LES-Model PALM-4U, das die Entwicklung der Grenzschicht und des städtischen Aerosols in der Stadt Stuttgart simuliert und das Transportmodell ICON-ART, das den überregionalen Transport von Saharastaub beschreibt.
Zunächst habe ich eine neue Methode entwickelt, um Lidar-Verhältnisse auf der Grundlage von Lidar-Messungen unter mindestens zwei verschieden Winkel abzuleiten, was die Unsicherheiten gegenüber traditionellen Methoden erheblich verringern könnte. Die neu vorgeschlagene Methode wurde für eine Saharastaubwolke angewendet und das abgeleitete Lidar-Verhältnis stimmt mit dem überein, das durch die klassische Raman-Methode erhalten wurde. Darüber hinaus habe ich die Lidarauswertung durch Vergleich mit in-situ-Messungen auf Bodenhöhe, bei Drohnenflügen in und über der Grenzschicht, sowie auf einem Ballonflug in die Stratosphäre validiert. Die gute Übereinstimmung zwischen Auswertungen mit der neu entwickelten Software und der Single-Calculus-Chain-Referenzsoftware sowie den in-situ-Messungen ist ein klarer Indikator für die hohe Qualität der Lidar-Messdaten und der verwendeten Methodik.
Zweitens wurde die Dynamik der städtischen Grenzschicht und die Luftqualität im städtischen Hintergrund von Stuttgart charakterisiert. Dazu habe ich Daten des schwenkbaren Lidars mit einem Doppler-Wind-Lidar, einem Radiometer, Radiosonden sowie einer Sammlung von bodennahen in-situ-Methoden (Größenverteilungen, Meteorologische Parameter, Aerosolzusammensetzung) verglichen. Die vom schwenkbaren Aerosol-Lidar gemessene Grenzschichtstruktur zeigt eine gute Übereinstimmung mit der Radiosondenanalyse mit einer Steigung der Korrelation von 1,102 $\pm$ 0,135 und einem Pearson-Korrelationskoeffizienten von 0,860. Die bodennahen Aerosolkonzentrationen korrelieren dabei mit den Mischungschichthöhen, aber sind antikorreliert mit den nächtlichen Grenzschichthöhen. Stagnierende atmosphärische Bedingungen mit Temperaturinversion, geringer Windgeschwindigkeit und einer flachen Grenzschicht führten zu einer Ansammlung von bodennahen Aerosolen insbesondere im Winter. Dies ist einer der Hauptgründe für die hohe Luftverschmutzung in Städten wie Stuttgart. In einer Fallstudie konnte ich zeigen, dass Wolken in einer vorangegangenen Nacht das Wachstum der Grenzschicht nach Sonnenaufgang beschleunigen können, indem sie die thermische Struktur der nächtlichen Grenzschicht verändern. Darüber hinaus verwende ich die Beobachtungsdaten zur Validierung des Large-Eddy-Simulationsmodells PALM-4U, dass die Entwicklung der Grenzschicht und die räumlich-zeitliche Verteilung von Aerosolen in diesem Stadtgebiet mit einer räumlichen Auflösung von 10 m simuliert.
Drittens habe ich die Entwicklung und die Eigenschaften einer Saharastaubwolke untersucht, wobei Fernerkundungsmethoden (Aerosol-Lidar, Sonnenphotometer), in-situ-Messungen (Aerosolgrößenverteilungen) und das Transportmodell ICON-ART für vier verschiedene Saharastaubfälle in Westeuropa kombiniert wurden. Im Vergleich zu den Fernerkundungsmessungen sagt das Transportmodell die Ankunftszeiten der Wolke ($\pm$ 20 min), ihre Schichthöhen ($\pm$ 50 m) und Strukturen für drei Fälle recht gut voraus, während für einen Fall signifikante Unterschiede in der Staubschichthöhe beobachtet wurden. Die modellierten Rückstreukoeffizienten des Staubs zeigen unter der Annahme von nicht kugelförmigen Staubpartikeln eine gute Übereinstimmung mit Lidardaten für eine Wellenlänge von 355 nm. Außerdem fand ich erste Hinweise darauf, dass Saharastaubfahnen niederschlagshemmend wirken können.
Ich habe in dieser Dissertation die Grenzschichtdynamik und die räumlich-zeitlichen Verteilungen von Aerosolpartikeln hauptsächlich unter Verwendung eines schwenkbaren Aerosol-Lidars untersucht. Die Informationen zu den räumlich-zeitlichen Aerosolverteilungen ermöglichten es mir, Aerosoleigenschaften und die Entwicklung der atmosphärischen Grenzschicht in städtischen und ländlichen Gebieten im Winter bzw. Sommer zu untersuchen. Diese Arbeit liefert neue Einblicke in die Anwendung des schwenkbaren Aerosol-Lidars, in die Qualität seiner Daten, in die Dynamik der bodennahen Grenzschicht, in die Qualität der Modelle ICON-ART und zukünftig PALM-4U, sowie zu Aerosolverteilung und deren Auswirkungen auf Luftqualität, Wetter und Klima.
Abstract (englisch):
The spatial distribution of aerosol particles is of great relevance for air pollution caused by anthropogenic aerosol emissions but also for global climate by changing the radiative forcing either directly or via aerosol cloud interaction. Hence it is essential to study the spatial-temporal distribution of aerosol particles and the processes (e.g. sources, sinks, and transport) leading to these distributions. Currently, it is still difficult to obtain high-resolution and quantitative aerosol distributions due to instrumental limitations. However, scanning aerosol lidars have the capability to measure three dimensional aerosol distributions and to reduce retrieval uncertainties compared with traditional vertically pointing lidars. ... mehrHence, the scanning aerosol lidar used in this dissertation allowed me to determine high-resolution and quantitative aerosol distributions. These lidar data together with other measurements aid to better understand aerosol-boundary-layer interaction as well as aerosol-cloud interaction.
To investigate the spatial-temporal distribution and properties of aerosols as well as boundary layer dynamics, a comprehensive data set including remote sensing methods, in-situ measurements at ground level as well as on an Unmanned Aerial Vehicle (UAV) and on a balloon were collected and analyzed. Furthermore, these observational data can be used to validate results from the large eddy simulation (LES) model, PALM-4U, simulating the evolution of boundary layer and urban aerosol in the city of Stuttgart as well as the transport model ICON-ART simulating the regional transport of Saharan dust.
Firstly, I developed a new method to retrieve lidar ratios based on scanning elastic lidar measurements, which could significantly reduce the uncertainties compared to traditional elastic lidar retrievals. The newly proposed method was applied in one Saharan dust case and the retrieved lidar ratio is consistent with that retrieved by the Raman retrieval method. In addition, the scanning lidar retrievals were validated by comparison with in-situ measurements at ground level, on UAV flights in and above the boundary layer, and on a balloon flight up to the stratosphere. The good agreement between scanning lidar retrievals with the newly developed software and the single calculus chain reference software as well as the in-situ measurements is a clear indicator of the high quality of the measured data and the retrieval method.
Secondly, I characterized the dynamics of the urban boundary layer and the air quality in the urban background of Stuttgart by comparison of scanning lidar results with those from a Doppler wind lidar, a radiometer, radiosonde measurements, and a collection of ground level in-situ methods including aerosol particle sizers, meteorological sensors, and an aerosol mass spectrometer (AMS). The boundary layer structure retrieved by the scanning aerosol lidar shows good agreement with radiosonde analysis with a slope and a Pearson correlation coefficient of 1.102 $\pm$ 0.135 and 0.860, respectively. The ground-level aerosol concentrations correlated with mixing layer heights but were anti-correlated with nocturnal boundary layer heights. Stagnating atmospheric conditions with temperature inversion, low wind speed, and a shallow boundary layer caused an accumulation of ground-level aerosols, which is one main reason for severe air pollution events in cities like Stuttgart especially in winter. In a case study I could show, that clouds during a previous night can accelerate growth of the boundary layer after sunrise by changing the thermal structure of the nocturnal boundary layer. In addition, I am going to use the observational data to validate the large eddy simulation model, PALM-4U, simulating the evolution of the boundary layer and the spatial-temporal distribution of aerosols in Stuttgart with a spatial resolution of 10 m.
Thirdly, I investigated the evolution and properties of Saharan dust plumes by combining remote sensing methods (aerosol lidar, sun photometer), in-situ measurements (aerosol sizer), and the transport model ICON-ART for four different Saharan dust cases in western Europe. Compared to the remote sensing measurements, the transport model predicts the plume arrival times ($\pm$ 20 min), layer heights ($\pm$ 50 m), and structures quite well. Only for one case significant differences in dust layer heights were observed. The modeled dust backscatter coefficients assuming non-spherical dust particles show a quantitative agreement with lidar retrievals for a wavelength of 355 nm. Furthermore, I found first indications that Saharan dust plumes can have an inhibiting effect on precipitation.
In summary, I investigated the boundary layer dynamics and spatial-temporal distributions of aerosol particles by employing mainly a scanning aerosol lidar in this dissertation. The additional information obtained from spatial aerosol lidar scans allowed me to investigate aerosol properties and the evolution of the atmospheric boundary layer in urban and rural locations in winter and summer, respectively. This work provides new insights in the application of a scanning aerosol lidar, its data quality, dynamics of the planetary boundary layer, the quality of the models ICON-ART and potentially PALM-4U, as well as aerosol distributions and their impact on air quality, weather, and climate.