Abstract:
Bedarfsprognosen sind in der Wirtschaft unerlässlich. Anhand des erwarteten Kundenbe-darfs bestimmen Firmen beispielsweise welche Produkte sie entwickeln, wie viele Fabri-ken sie bauen, wie viel Personal eingestellt wird oder wie viel Rohmaterial geordert wer-den muss. Fehleinschätzungen bei Bedarfsprognosen können schwerwiegende Auswir-kungen haben, zu Fehlentscheidungen führen, und im schlimmsten Fall den Bankrott einer Firma herbeiführen.
Doch in vielen Fällen ist es komplex, den tatsächlichen Bedarf in der Zukunft zu antizipie-ren. Die Einflussfaktoren können vielfältig sein, beispielsweise makroökonomische Ent-wicklung, das Verhalten von Wettbewerbern oder technologische Entwicklungen. ... mehrSelbst wenn alle Einflussfaktoren bekannt sind, sind die Zusammenhänge und Wechselwirkun-gen häufig nur schwer zu quantifizieren.
Diese Dissertation trägt dazu bei, die Genauigkeit von Bedarfsprognosen zu verbessern.
Im ersten Teil der Arbeit wird im Rahmen einer überfassenden Übersicht über das gesamte Spektrum der Anwendungsfelder von Bedarfsprognosen ein neuartiger Ansatz eingeführt, wie Studien zu Bedarfsprognosen systematisch verglichen werden können und am Bei-spiel von 116 aktuellen Studien angewandt. Die Vergleichbarkeit von Studien zu verbes-sern ist ein wesentlicher Beitrag zur aktuellen Forschung. Denn anders als bspw. in der Medizinforschung, gibt es für Bedarfsprognosen keine wesentlichen vergleichenden quan-titativen Meta-Studien. Der Grund dafür ist, dass empirische Studien für Bedarfsprognosen keine vereinheitlichte Beschreibung nutzen, um ihre Daten, Verfahren und Ergebnisse zu beschreiben. Wenn Studien hingegen durch systematische Beschreibung direkt miteinan-der verglichen werden können, ermöglicht das anderen Forschern besser zu analysieren, wie sich Variationen in Ansätzen auf die Prognosegüte auswirken – ohne die aufwändige Notwendigkeit, empirische Experimente erneut durchzuführen, die bereits in Studien beschrieben wurden. Diese Arbeit führt erstmals eine solche Systematik zur Beschreibung ein.
Der weitere Teil dieser Arbeit behandelt Prognoseverfahren für intermittierende Zeitreihen, also Zeitreihen mit wesentlichem Anteil von Bedarfen gleich Null. Diese Art der Zeitreihen erfüllen die Anforderungen an Stetigkeit der meisten Prognoseverfahren nicht, weshalb gängige Verfahren häufig ungenügende Prognosegüte erreichen. Gleichwohl ist die Rele-vanz intermittierender Zeitreihen hoch – insbesondere Ersatzteile weisen dieses Bedarfs-muster typischerweise auf. Zunächst zeigt diese Arbeit in drei Studien auf, dass auch die getesteten Stand-der-Technik Machine Learning Ansätze bei einigen bekannten Datensät-zen keine generelle Verbesserung herbeiführen. Als wesentlichen Beitrag zur Forschung zeigt diese Arbeit im Weiteren ein neuartiges Verfahren auf: Der Similarity-based Time Series Forecasting (STSF) Ansatz nutzt ein Aggregation-Disaggregationsverfahren basie-rend auf einer selbst erzeugten Hierarchie statistischer Eigenschaften der Zeitreihen. In Zusammenhang mit dem STSF Ansatz können alle verfügbaren Prognosealgorithmen eingesetzt werden – durch die Aggregation wird die Stetigkeitsbedingung erfüllt. In Expe-rimenten an insgesamt sieben öffentlich bekannten Datensätzen und einem proprietären Datensatz zeigt die Arbeit auf, dass die Prognosegüte (gemessen anhand des Root Mean Square Error RMSE) statistisch signifikant um 1-5% im Schnitt gegenüber dem gleichen Verfahren ohne Einsatz von STSF verbessert werden kann. Somit führt das Verfahren eine wesentliche Verbesserung der Prognosegüte herbei.
Zusammengefasst trägt diese Dissertation zum aktuellen Stand der Forschung durch die zuvor genannten Verfahren wesentlich bei. Das vorgeschlagene Verfahren zur Standardi-sierung empirischer Studien beschleunigt den Fortschritt der Forschung, da sie verglei-chende Studien ermöglicht. Und mit dem STSF Verfahren steht ein Ansatz bereit, der zuverlässig die Prognosegüte verbessert, und dabei flexibel mit verschiedenen Arten von Prognosealgorithmen einsetzbar ist. Nach dem Erkenntnisstand der umfassenden Literatur-recherche sind keine vergleichbaren Ansätze bislang beschrieben worden.
Abstract (englisch):
Demand forecasting is essential in business. Based on expected customer demand, com-panies determine, for example, which products to develop, how many factories to build, how much staff to hire or how much raw material to order. High forecasting errors in demand forecasts can have serious consequences, lead to wrong decisions and, in the worst case, cause the bankruptcy of a company.
But in many cases, it is complex to anticipate the actual demand in the future. The influ-encing factors can be manifold, e.g., macroeconomic development, the behavior of com-petitors, technological developments, etc. ... mehrAnd even if all influencing factors are known, the interrelationships and interactions are often difficult to quantify.
This dissertation contributes to improving the accuracy of demand forecasts.
In the first part of the thesis, as part of a comprehensive overview of the entire spectrum of application fields of demand forecasts, a novel approach is introduced on how to systematically compare studies on demand forecasts and applied to the example of 116 recent studies. Improving the comparability of studies is a major contribution to current research. Unlike, for example, in medical research, there are no significant comparative quantitative meta-studies for demand forecasts. This is because empirical studies in de-mand forecasting do not use a standardized way to describe their data, procedures, and results. If, on the other hand, studies can be directly compared to each other through systematic description, this will allow other researchers to better analyze how variations in approaches affect forecast performance-without the burdensome need to re-run empirical experiments that have already been described in studies. This work is the first to introduce such a systematic approach to description.
The remaining part of this work deals with forecasting methods for intermittent time series, i.e., time series with a substantial share of demands equal to zero. This type of time series does not meet the requirements for continuity of most forecasting methods, which is why common methods often achieve insufficient forecasting quality. Nevertheless, the rele-vance of intermittent time series is high–especially spare parts typically exhibit this de-mand pattern. First, this thesis shows in three studies that even the tested state of the art machine learning approaches do not bring about a general improvement for some known data sets. As a major contribution to research, this work further demonstrates a novel method: The Similarity-based Time Series Forecasting (STSF) approach uses an aggrega-tion-disaggregation procedure based on a self-generated hierarchy of statistical properties of the time series. In connection with the STSF approach, all available forecasting algo-rithms can be used–due to the aggregation, the continuity condition is fulfilled. In experi-ments on a total of seven publicly known datasets and one proprietary dataset, the work shows the forecast quality (measured by the root mean square error RMSE) can be statisti-cally significantly improved by 1-5% on average compared to the same procedure without the use of STSF. Thus, the method leads to a significant improvement of the forecast quality.
In summary, this dissertation contributes significantly to the current state of research through the previously mentioned approaches. The proposed procedure for standardizing empirical studies accelerates the progress of research by enabling comparative studies. And the STSF framework provides an approach that reliably improves forecasting quality, while being flexible to use with different types of forecasting algorithms.