Abstract:
Lithium-Ionen-Batterien mit hoher Zellperformance, langer Lebensdauer und kurzen Ladezeiten stehen aktuell im Fokus der akademischen sowie industriellen Forschung und Entwicklung. Zur Erfüllung dieser Anforderungen werden Lithium-Ionen-Batterien teils bis an ihre physikalischen Grenzen betrieben. Daraus resultiert das steigende Interesse an tiefergehendem Verständnis zu den im Grenzbereich ablaufenden elektrochemischen und chemischen Prozessen. Dieses ist von besonderer Bedeutung, da hierdurch Konzepte zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und des sicheren Betriebes für die gesamte Lebensdauer der Batterien erarbeitet werden können. ... mehrIm Fokus dieser Arbeit steht die Erweiterung des Know-hows zur negativen Elektroden-Passivierungsschicht, der sogenannten „Solid Electrolyte Interphase“ (SEI). Von dieser ist die Lebensdauer, Performance und Sicherheit der Batterie mit abhängig. Die Bildung der SEI in Bezug auf Zusammensetzung und Morphologie ist ein komplexer sowie von vielen Faktoren abhängiger Prozess, welcher noch nicht vollständig verstanden ist. Hierzu gehört unter anderem die Zersetzung des inhärent instabilen Elektrolyten in Abhängigkeit der spezifischen Partikeloberfläche. Bei der Bildung als auch der Degradation und Zersetzung der SEI entstehen Reaktionsgase. Die gezielte Analyse der Reaktionsgase erlaubt Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und Stabilität der SEI.
In dieser Dissertation wird der generelle Einfluss der Partikelgrößenverteilung der negativen Elektrode auf die Zelleigenschaften mit Blick auf Entladekapazitäten, C-Ratenfähigkeiten, Formierungseffizienzen, Potential- sowie Impedanzverhalten analysiert. Es wird gezeigt, dass die Partikelgrößenverteilung einen gravierenden Einfluss auf die Batterieleistung sowie Sicherheit hat. Mittelgroße Partikel mit einer schmalen Verteilung zeigen im Gegensatz zu großen Partikeln beste Performanceeigenschaften. Ebenso begünstigen größere Partikel die ungewollte Entstehung von sicherheitskritischem metallischen Lithium, dem sogenannten Lithium-Plating. Neben diesen generellen Erkenntnissen können ebenfalls potentialabhängig unterschiedliche Formierungscharakteristika festgestellt werden. Hier zeigen sich während der Formierung Hinweise auf eine Beeinflussung der SEI-Bildung durch die Partikelgrößenverteilungen. Zur weiteren Klärung, ob eine unterschiedliche SEI-Bildung stattfindet, wird eine Analysemethode mittels online elektrochemischer Massenspektrometrie zur Detektion von Reaktionsgasen entwickelt. Mit diesem neu entwickelten Messstand kann der Temperaturbereich von Raumtemperatur bis zu abnormalen Betriebszuständen von 132 °C untersucht werden. Durch die Analyse der Formierungsgase sowie der temperaturinduzierten Zersetzungsgase können unter anderem Rückschlüsse auf die SEI-Zusammensetzung und deren Stabilität gezogen werden. Durch die Untersuchung dieser Elektroden mittels der genannten Gasanalyse können die Hinweise der elektrochemischen Charakterisierungen bestätigt werden. Die Menge der Formierungsgase beziehungsweise der SEI korreliert mit der spezifischen Oberfläche. Zusätzlich wird der Einfluss anderer Faktoren im temperaturinduzierten Stresstest deutlich. Die Elektroden mit sehr kleinen Partikeln weisen die größten Spannungs- wie auch Kapazitätsverluste auf. In einer weiteren Studie, in der unterschiedliche Formierungsraten untersucht werden, wird ein Einfluss der Formierungsrate auf das Gasungsverhalten festgestellt. Diese verschiedenen Gasentstehungen können wiederum auf unterschiedlich ablaufende SEI-Reaktionen zurückgeführt werden. Somit wird der Einfluss der SEI-Bildung in Abhängigkeit der Stromdichte verdeutlicht.
Da in dem untersuchten Temperaturbereich auch weitere unerwünschte (Neben)Reaktionen wie Leitsalz- sowie Separatorzersetzung stattfinden können, wird auch der Einfluss von Separatoren auf das Gasungsverhalten sowie der Performanceparameter untersucht. Der Einfluss der Separatoren ist während der Formierung gering, wohingegen im Stresstest deutliche elektrochemische und sicherheitsrelevante Unterschiede sowie Einflüsse auf das Gasungsverhalten beobachtet werden. Aufgrund der vielen gasenden Reaktionen wird in der abschließenden Studie der alleinige Einfluss einiger dieser Reaktionsgase auf die Batterieperformance untersucht. Hierfür werden mit verschiedenen Gasen angereicherte Elektrolyte analysiert, wobei ein signifikanter Einfluss dieser Gase festgestellt werden kann. Beispielsweise verbessert angereichertes CO₂ im Elektrolyten die Performance, die C-Ratenfähigkeit sowie die Ladungstransferprozesse.
Diese Studien demonstrieren den Nutzen der gekoppelten elektrochemischen und instrumentellen Analysemethoden in den Performance- sowie Stabilitätsuntersuchungen an Lithium-Ionen-Batterien. Zusätzlich stellt der im Rahmen dieser Dissertation entwickelte Hochtemperatur-online-Gasanalyse-Messstand für kleinskalige Batterien eine vielversprechende Basis für Untersuchungen von Degradation und Zersetzungsreaktionen dar. Schlussendlich kann diese Methode einen Beitrag zum Verständnis von sicherheitsrelevanten Prozessen leisten.
Abstract (englisch):
Lithium-ion batteries with high cell performance, long lifetime, and short charge times are currently the focus of academic and industrial research and development. Lithium-ion batteries are brought to their physical operating limits to meet these requirements. As a result, there is growing interest in an in-depth understanding of electrochemical and chemical processes at these limits. This knowledge is of particular importance, as it enables suggestions for improved battery reliability and safer operation for the whole lifetime. This work focuses on expanding knowledge of the negative electrode passivation layer, the “Solid Electrolyte Interphase“ (SEI). ... mehrThe SEI affects the lifetime, performance, and safety of the battery. The SEI formation in terms of composition and morphology is a complex process depending on many factors, which is not fully understood. The formation process includes, among other things, the decomposition of the inherently unstable electrolyte depending on the specific particle surface area. During the SEI formation, degradation, and decomposition, reaction gases are released. The specific analysis of these gases allows conclusions about the composition and stability of the SEI.
This dissertation analyzes the general influence of different particle size distributions of the negative electrode on cell properties. Here it is found that particle size distributions significantly impact battery performance and safety. Medium-sized particles with a narrow distribution, in contrast to large particles, exhibit the best performance characteristics. Likewise, larger particles promote the unintentional formation of lithium plating, negatively impacting operating safety. In addition, different formation characteristics are found, such as an influence of particle size distributions on SEI formation. An analytical method using online electrochemical mass spectrometry is developed to identify different SEI formations to detect reaction gases. The setup enables temperature-dependent measurements, ranging from room temperature to abnormal operating conditions of 132 °C. By examining cells with different particle size distributions by gas analysis, findings from electrochemical characteristics can be confirmed – the amount of gases formed or the SEI correlates with specific surface area. In addition, the effect of other parameters becomes evident in the temperature stress test. Electrodes with tiny particles exhibit the most significant voltage and capacity losses. In a further study in this work, different formation rates have strongly influenced gassing behavior. Therefore, the gas evolution can be attributed to different SEI reactions. Here, the influence of SEI formation as a function of the current density is shown.
As undesirable (side) reactions take place in the investigated temperature range, the influence of separator types on the gassing behavior and the performance are investigated. The influence of the separators during formation has shown to be minor. In contrast, the temperature stress test discovered significant electrochemical and safety-related differences and influences on gassing behavior. Due to a large number of gas reactions, the individual effects of some of these reaction gases on battery performance are investigated. For this purpose, electrolytes saturated with different gases are analyzed and a significant influence of these gases is found. For example, enriching CO₂ in the electrolyte positively affects performance, C-rate capability, and the charge transfer process.
These studies demonstrate the usefulness of coupled electrochemical and instrumental analytical methods for investigating the performance and stability of lithium-ion batteries. In addition, the high-temperature online gas analysis setup for small-scale batteries, developed in this dissertation, provides a promising base for future studies of degradation and decomposition reactions. Eventually, this method can contribute to the in-depth understanding of safety-relevant processes.