Abstract:
Weltweit ziehen sich Gletscher in Hochgebirgsregionen aufgrund steigender Temperaturen zurück. In ihrem Rückzugsgebiet hinterlassen sie Till, auf dem sich ein neues Ökosystem entwickelt. Die Entwicklung der Ökosystem-Sukzession kann mit Hilfe der Raum-für-Zeit-Substitution untersucht werden. Eine schnelle Vegetationssukzession in den global größer werdenden Gletscherrückzugsgebieten verringert Gebirgsrisiken wie Erdrutsche, Erosion oder Überschwemmungen. Obwohl sich in der Regel bereits wenige Jahre nach der Gletscherschmelze Pionierpflanzen auf den jungen Rückzugsflächen ansiedeln, dauert es oft Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, bis sich eine vollständige Vegetationsdecke entwickelt hat. ... mehrÜberraschenderweise hat sich im von mir untersuchten subtropischen Hailuogou-Gletscherrückzugsgebiet (ca. 3000 m ü. NN, 1950 mm Niederschlag, Jahresmitteltemperatur 4,2 °C) in Sichuan, Südwestchina in nur 80 Jahren ein reifer Nadelwald entwickelt. Ein auffälliger Unterschied zu vielen anderen Gletscherrückzugsgebieten, in denen sich die Vegetation langsam entwickelt, ist die Präsenz eines niedrigen Karbonat-Gehalts im überwiegend granitischen Moränenmaterial Diese Karbonate werden innerhalb von ca. 50 Jahren aufgelöst.
In meiner Dissertation habe ich einen möglichen Zusammenhang zwischen den Bodeneigenschaften und der schnellen Vegetationsentwicklung entlang der Hailuogou- Chronosequenz untersucht. Dazu habe ich (i) einen möglichen Zusammenhang zwischen der Freisetzung von basischen Kationen (Ca, Mg, K und Na) und der Vegetationsentwicklung untersucht, (ii) die Vorräte an basischen Kationen im Boden und in den Pflanzen bestimmt, (iii) die wichtigsten Flüsse der basischen Kationen quantifiziert, (iv) die Zusammensetzung des Tills untersucht, um die Mineral-Quellen der basische Kationen zu identifizieren, (v) die Freisetzungskinetik der basischen Kationen aus den Oberböden entlang der Chronosequenz mit einem Verwitterungsexperiment bestimmt und (vi) stabile Mg-Isotopenverhältnisse in verschiedenen Kompartimenten entlang der Chronosequenz gemessen.
Die Gesamtvorräte an Ca und Mg im Ökosystem nahmen entlang der Chronosequenz ab, während die Vorräte an K und Na nicht mit dem Alter des Ökosystems zusammenhingen. Der Rückgang der Ca- und Mg-Vorräte erfolgte hauptsächlich in den ersten 47 Jahren, in denen Ca und Mg mit Raten von 130±10,6 und 35±3,1 g m-2 Jahr-1 ausgewaschen wurden. Die Karbonatverwitterung war für die rasche anfängliche Freisetzung von Ca, nicht aber von Mg verantwortlich. Die schnelle anfängliche Freisetzung von Mg erfolgte aus leicht verwitterbaren Silikaten. Die Kinetik der Freisetzung von basischen Kationen im Mineralboden folgte der Reihenfolge Ca>>Mg>K>>Na. Die anfänglich hohe Ca-Bioverfügbarkeit aufgrund des mäßig alkalischen pH-Werts des Bodens und der Karbonatauswaschung trugen zusammen mit der Auflösung von leicht verwitterbaren Silikaten, die der Pioniervegetation genügend Mg und K lieferten, zur raschen Etablierung eines Laubwaldes in weniger als 47 Jahren bei. Nach der Auswaschung der Karbonate nahmen die Nettoverwitterungsraten ab, weil weniger lösliche Mineralien im Boden verblieben, was mit dem Vegetationswechsel von Laub- zu Nadelbäumen und dem damit verbundenen geringeren Nährstoffbedarf und langsameren Nährstoffkreislauf zusammenhing. Die Mg-Verarmungsrate aus dem mineralischen Oberboden entlang der Chronosequenz konnte durch die Messung von Mg-Isotopenverhältnissen nachvollzogen werden, mit deren Hilfe außerdem Chlorit als Hauptquelle der anfänglich schnellen Mg-Freisetzung identifiziert wurde.
Meine Ergebnisse deuten darauf hin, dass das gut synchronisierte Zusammenspiel von Karbonat- und Silikatverwitterung die schnelle Vegetationssukzession entlang der untersuchten Gletscherrückzugs-Chronosequenz ermöglicht hat. Außerdem fand ich, dass die Mg-Isotopenverhältnisse die Schätzung der Mg-Verluste aus dem Oberboden während der frühen Phase der Bodenentwicklung ermöglichen und verwendet werden können, um die Mineral-Quellen des Mg-Verlustes zu identifizieren.
Abstract (englisch):
Many glaciers in high mountain areas all over the world are retreating because of the increasing temperatures. Following glacial retreat, glacial debris is continuously deposited in the whole retreat area allowing us to study early soil and ecosystem development with a space-for-time substitution approach. Fast vegetation succession in the globally expanding glacial retreat areas helps to prevent mountain risks such as landslides, erosion, or flooding. Although pioneer plants usually start colonizing young surfaces a few years after glacier melt, it usually takes various decades, if not centuries, to develop a full vegetation cover. ... mehrSurprisingly, in the subtropical Hailuogou glacial retreat area (ca. 3000 m a.s.l., 1950 mm precipitation, mean annual temperature 4.2 °C), Sichuan, southwest China, a development from bare soil to full coniferous forest occurred in only 80 yr. A striking difference to many other glacial retreat areas, where vegetation development is slow, is the presence of a low concentration of carbonates in the mainly granitic moraine material, which are dissolved in ~50 yr.
In this thesis, I studied a possible link between soil properties and vegetation development along the Hailuogou glacial retreat chronosequence. To this end, I (i) evaluated a possible relationship between base metal (Ca, Mg, K and Na) supply and vegetation establishment, (ii) determined soil and plant base metal stocks, (iii) estimated the size of the main base metal fluxes, (iv) characterized the composition of the glacial debris to elucidate the sources of base cations, (v) determined the base cation release kinetics from topsoils along the chronosequence with a weathering experiment, and (vi) measured stable Mg isotope ratios in different compartments.
Total ecosystem Ca and Mg stocks decreased along the chronosequence, while those of K and Na were unrelated with ecosystem age. The decrease in Ca and Mg stocks mostly occurred during the first 47 years, when Ca and Mg were leached at rates of 130±10.6 and 35±3.1 g m-2 year-1, respectively. Carbonate weathering determined the rapid initial Ca release but not that of Mg, which was attributed to the weathering of silicate minerals. The base cation release kinetics in the mineral soil followed the order Ca>>Mg>K>>Na. The initial high Ca bioavailability because of the moderately alkaline soil pH and carbonate depletion, together with the dissolution of easily-weatherable silicates providing enough Mg and K to the pioneer vegetation, contributed to the rapid establishment of a deciduous forest in less than 47 years. After the carbonates were leached, the net weathering rates decreased because less soluble minerals remained in the soil, which occurred in line with the vegetation change from deciduous to coniferous trees and their associated lower nutrient demand and slower nutrient cycle. The Mg depletion rate from the mineral topsoil along the chronosequence could be traced by the measurement of Mg isotope ratios, which could also be used to identify chlorite as the major source of the fast initial Mg loss.
My results suggest that the well synchronized interplay between carbonate and silicate weathering facilitated the fast vegetation succession along the glacial retreat chronosequence. In addition, I found that Mg isotope ratios can be used to estimate Mg loss rates from the topsoil during the early phase of soil development and to identify the sources of this loss.