Abstract:
Armut ist ein multidimensionales Phänomen. Sie adressiert unterschiedliche Aspekte der Lebensbedingungen, die die Würde der Menschen bedrohen, die die Ausübung von Rechten und Freiheiten einschränken, die die Erfüllung von Grundbedürfnissen beeinträchtigen und ihre soziale Integration behindern. Die Beseitigung von Armut ist daher eine unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Eine Transformation des Energiesystems (oft als Energiewende bezeichnet), welche auf die Einführung von Technologien für erneuerbare Energien in ländlichen Gebieten mit niedrigem Einkommen abzielt, könnte eine Möglichkeit zur Linderung der Armut bieten. ... mehrDenn gerade hier bedeutet ein geringes Einkommen auch einen erschwerten Zugang zu Energie.
Die Bereitstellung von Solarenergie kann nicht nur die Versorgung mit Wasser und Strom sowie den Zugang zu Gesundheit und Bildung verbessern, sondern auch die Entsorgung von Abwasser, neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, zusätzliche Einkommensquellen erschließen, und einen Beitrag zur Verlangsamung des Klimawandels leisten. Die Umstellung auf erneuerbare Energien bietet daher die Möglichkeit, das Energiesystem gesellschaftlich besser zu verankern. Dazu müssen geeignete politische Maßnahmen entwickelt werden, die eine Energiewende ermöglicht und zugleich den sozialen Wert von Energie berücksichtigt. Das bedeutet, dass das Solarenergiesystem so gestaltet werden muss, dass es Gemeinschaften in die Lage versetzt einen gesellschaftlichen Nutzen daraus zu ziehen, bspw. über eine Beteiligung an der Wertschöpfung. Dies würde die Fähigkeit der Gemeinschaften zur Organisation und Schaffung von Wissen fördern und somit auch positive Auswirkungen auf ihr tägliches Leben haben, mit einem Mehrwert für das Wohlbefinden der Bevölkerung.
Die vorliegende Studie zielt darauf ab, die Bedingungen zu identifizieren, die zu einer Verringerung der Armut durch die Einführung eines Solarenergiesystems in einem von Armut geprägten ländlichen Gebiet in Zentralmexiko (in Mixteca im Bundesstaat Puebla) führen würden. Die Analyse berücksichtigt das Zusammenspiel von wirtschaftlichen, technologischen, ökologischen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Der Schwerpunkt dieser Studie liegt auf der Untersuchung der Relevanz gesellschaftlicher Merkmale für die Energiewende in dem Untersuchungsgebiet.
Um eine umfassende Bewertung möglicher Energiezukünfte in der ausgewählten Region vorzunehmen, wird die Szenariotechnik mit einer Nachhaltigkeitsbewertung kombiniert, wobei für beide gemeinsame Systemgrenzen auf Basis des gesamten regionalen Energiesystems definiert werden. Die Szenarienentwicklung bedient sich des Ansatzes der Cross-Impact Balance (CIB), der eine umfassende Darstellung des regionalen Energiesystems ermöglicht. Für die Szenarienentwicklung wurden Erkenntnisse des Social Value of Energy-Ansatzes genutzt. Die Nachhaltigkeitsbewertung der Szenarien basiert auf dem Integrativen Konzept der Nachhaltigkeit (Integrative Concept of Sustainability (ICoS)). Daher wird der in dieser Studie vorgestellte Ansatz als Szenariobasierte Nachhaltigkeitsbewertung bezeichnet.
Im Rahmen der Studie wurden achtzehn Faktoren identifiziert, die in Wechselbeziehung zueinanderstehen und einen Einfluss auf die Transformation des Solarenergiesystems in Mixteca ausüben. Mit Hilfe des CIB-Ansatzes wurden acht Szenarien ermittelt, die zwei unterschiedlichen Clustern zugeordnet wurden. Die Szenarien geben einen Überblick über plausible Zukünfte in der Region – diese bilden auch die Grundlage für die daran anschließende Nachhaltigkeitsbewertung.
Einer der beiden Cluster zeigt eine eher vielversprechende Zukunft, das andere eine eher düstere. In dem ersten Cluster dominieren Faktoren, die eher eine nachhaltige Zukunft erwarten lassen. Die folgenden Kriterien wurden als Treiber für eine nachhaltige Entwicklung in der Region identifiziert: adäquate Governance, funktionierendes Rechtssystems, gute Zusammenarbeit zwischen Regierung, privaten Investoren und ZGOs, erneuerbare Energien unterstützende Politik, positive Wertschöpfung des Sektors Erneuerbare Energien, geringe Auswirkungen des Klimawandels. Diese insgesamt positive Bewertung impliziert, dass die zukünftige Gesellschaft in Mixteca gelernt hat, die drei Hauptziele von ICoS auszubalancieren: Sicherung der menschlichen Existenz, Erhaltung des gesellschaftlichen Produktivpotentials und Bewahrung der Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten.
Das zweite Cluster zeigt eine Kombination von Kriterien, die einer nachhaltigen Entwicklung eher entgegenstehen: starke Unsicherheiten hinsichtlich des Governance ohne Wirtschaftswachstum, ein nicht funktionierendes Rechtssystem, eine nicht vorhandene oder geringe Zusammenarbeit zwischen Regierung, privaten Investoren und ZGOs, eine restriktive Politik hinsichtlich erneuerbarer Energien, nicht vorhandene (oder sehr geringe) Wertschöpfung des Sektors Erneuerbare Energien, starke Auswirkungen des Klimawandels.
Weiterhin wurden auch die Möglichkeiten der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Gegebenheiten und Regionen untersucht.
Die Fallstudie zeigt, dass die Identifikation und das Verständnis gesellschaftlicher Auswirkungen wichtige Treibkräfte für die Energiewende sind. Darüber hinaus sind die gesellschaftlichen Faktoren, die sich auf das Wohlbefinden der Gemeinschaften auswirken, wichtiger als eine reine Veränderung des Energiesystems. Wenn die möglichen gesellschaftlichen Wirkungen angemessen berücksichtigt werden, könnte die Energiewende ein Mittel zur Verbesserung der Lebensbedingungen (Grundversorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung usw.), zur Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und sogar zur besseren Verteilung des Wohlstands in Mixteca sein. Somit könnte der soziale Wert der Energie gesteigert und die Armut unter einer nachhaltigen Perspektive gelindert werden.
Abstract (englisch):
Poverty is a multidimensional phenomenon. It comprises aspects related to living conditions that threaten the dignity of people, limit their exertion of rights and freedoms, prevent the fulfillment of their basic needs and hamper their full social integration. Eradicating poverty is an indispensable requirement for sustainable development. An energy transition which aims at introducing renewable energy technologies in rural areas of low-income regions, where the low affordability of electricity limits the prospects of its population, could offer an opportunity to mitigate poverty.
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The provision of solar energy may enhance the prospects of the poor, not only in respect of basic services, but also in new job opportunities, as an additional source of income, improved access to health and education, as well as reduction of climate change impacts. A renewable energy transition brings the opportunity to consider the embeddedness of the energy system in the society, while developing appropriate policy measures to achieve a sustainable future energy system, and thus to make use of the social value of energy. This means that the solar energy system needs to be designed in such a way that it will enable communities to strive for productive uses of social value creation. This would boost communities’ capacity of organization and knowledge creation, thus creating positive impacts in their daily lives, with the ultimate goal of enhancing the wellbeing of the population.
This presented research aims to identify conditions that could lead to alleviating poverty in a poverty-ridden rural area in Central Mexico, i.e. Mixteca -in the state of Puebla- through the implementation of a solar energy system. The analysis will consider the interaction of economic, technological, environmental, societal, political and cultural conditions under a sustainability perspective. The focus of this study is to explore the relevance of societal features on the structural energy system transformation in the future trends envisioned for the study area.
To conduct a comprehensive assessment of possible energy futures for the selected region, scenario technique is combined with sustainability assessment, defining joint system boundaries which address the entire regional energy system. The scenarios development makes use of the Cross-Impact Balance (CIB) approach, which allows for a comprehensive presentation of the regional energy system. For the scenario development, insights from the social value of energy approach were used. The sustainability assessment of the scenarios is based on the Integrative Concept of Sustainability (ICoS). Thus, the framework this study introduces is called Scenario-based Sustainability Assessment.
The research identified eighteen interrelated factors exerting influence in the solar energy system transformation in Mixteca. Eight scenarios resulting from the CIB are arranged in two divergent clusters to provide an overview of the plausible future in the region, and these also form the base for the sustainability assessment. One cluster shows a rather promising future; the other is rather bleak. The set of scenarios comprising the first cluster would bring better instances for a sustainable future in most aspects. The states of the criteria identified as main drivers and promoters of sustainable development in the region are: low uncertainties in governance, enforcement of the legal system, excellent cooperation between government, private investors and NGOs, supportive policies on renewable energy systems, good added value creation from the renewable energy sector, and low impacts of climate change. This overall positive assessment shows indications that the future society in Mixteca has learnt to balance the three main goals of ICoS: Securing existence, Maintaining society’s productive potential, and Preserving society’s options for development and action. The other set of scenarios, comprising the second cluster, reveal combinations of states of criteria which discourage sustainable development: strong uncertainties in governance without growth, an aggravated legal system, nonexistent or low cooperation between government, private investors and NGOs, restrictive policies on renewable energy systems, nonexistent (or very low) added value creation from renewable energy, high impact on climate change. This research also explored the perspectives that would promote the transferability of these findings to other circumstances and regions.
Through this case study, the identification and understanding of societal impacts reveal that they are strong drivers of energy system transformation. Moreover, the societal-related aspects influencing the wellbeing of the communities are more significant than a pure change of the energy system. If the societal impacts are appropriately considered, then the energy system transformation could be the means to uplift conditions such as basic services, health provision, education, employment opportunities creation, and even wealth distribution in Mixteca in the future scenarios. Hence, the social value of energy increases, and poverty alleviation under a sustainable perspective could take place.