Abstract:
Karstaquifere entstehen aus einer dynamischen Wasser-Gesteins-Wechselwirkung. Ver-sickerndes Niederschlagswasser nimmt Kohlendioxid aus der Atmosphäre und der Bodenluft auf und reagiert zu Kohlensäure. Durch geochemische Lösungsprozesse dieses sauren Sickerwassers können in Sedimentgesteinen Spalten, Röhren und ganze Höhlensysteme entstehen. Warme und feuchte Klimabedingungen, wie sie vor allem in tropischen und subtropischen Klimaregionen vorkommen, führen zu einem erhöhten Anteil an biogenen Kohlenstoffdioxidkonzentrationen in der Atmosphäre; dementsprechend sind die Verkarstungsprozesse in diesen Gebieten deutlich höher.
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Karstaquifere stellen eine wichtige Süßwasserressource dar, da weltweit viele Menschen von Karstgrundwasser abhängig sind. Insbesondere in tropischen Regionen bieten diese Aquifere aufgrund der hohen Verkarstung großes Potential für die Wasserversorgung. Jedoch führen die Erosionen und ausgeprägte Regen- und Trockenzeiten zu einer besonders großen Beeinträchtigung von Wasserqualität und –quantität. Neben der Wasserknappheit in der Trockenzeit stellt vor allem die hohe mikrobiologische Belastung ein großes Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung dar.
Die entlegene Region um die Stadt Dong Van im Norden Vietnams ist durch verkarstete Kalksteine mit tiefen Taleinschnitten und zahlreichen Höhlensystemen charakterisiert. In der Stadt Dong Van existiert teilweise ein zentrales Wasserversorgungssystem, welches durch regelmäßige Engpässe geprägt ist. In den umliegenden Bergdörfern erfolgt die Wasserversorgung größtenteils dezentral über private Installationen zum Sammeln von Regen- und Quellwasser. Im Jahr 2010 wurde das Dong Van Karst Plateau zum UNESCO Global Geopark ernannt, was in der Folge zu einer starken Zunahme der Touristenzahlen führte und damit den Druck auf die bereits ohnehin angespannte Wasserversorgung weiter verstärkt. Um diesen zusätzlichen Wasserbedarf decken zu können und um Engpässe für die lokalen Bevölkerung zu vermeiden, wurde im Rahmen der deutsch-vietnamesischen Verbundprojekte KaWaTech und KaWaTech solutions die Grundlage für eine nachhaltige Wasserversorgung für die Region Dong Van mit den umliegenden Bergdörfern geschaffen und die Pilotwasserförderanlage Seo Ho implementiert. Für eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung des Systems und zum Schutz der genutzten Wasserressourcen vor Verunreinigung und Übernutzung ist ein tiefgreifendes Verständnis der hydrogeologischen Bedingungen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die hohe Variabilität der Wasserqualität. Diese hohe Variabilität erfordert kurzfristige Strategien zur Abschätzung von Kontaminationsparametern und angepasste Bewirtschaftungs- und Schutzstrategien im Einzugsgebiet.
Anhand von Kartierungen, Markierversuchen und hydrogeologischen Felduntersuchungen konnte für das geologisch komplexe Projektgebiet ein hydrogeologisches Konzeptmodell entwickelt werden, das in Kapitel 2 vorgestellt wird. Das Gebiet ist aus devonischen Sedimentgesteinen sowie von einer stark verkarsteten Kalksteineinheit aus dem Karbon aufgebaut. Mit Hilfe von Markierungsversuchen wurde das Einzugsgebiet für die Pilotwasserförderanlage definiert. Durch Stichtagsmessungen konnte gezeigt werden, dass über 50 % des genutzten Wassers aus Karst-Quellen stammen, die in den Ma Le-Fluss zusammenfließen und durch das Ma Le-Höhlensystem bis hin zur Pilotförderanlage transportiert werden. Hydrochemische Analysen im Einzugsgebiet zeigen eine hohe mikrobiologische Belastung der genutzten Wasserressourcen, wobei die Qualität durch die intensive anthropogene Bewirtschaftung des Einzugsgebietes tageszeitenabhängig schwankt. Mit Hilfe einer Vulnerabilitätskartierung konnte gezeigt werden, dass Abflüsse in Schlucklöcher im Einzugsgebiet und der direkte Zulauf zur Förderanlage für Schadstoffeinträge besonders anfällig sind.
Neben der hohen Vulnerabilität führt insbesondere die starke räumliche und zeitliche Variabilität der Wasserqualität zu großen Herausforderungen bei der Bewirtschaftung von Karstaquiferen. Daher konzentriert sich Kapitel 3 auf die Entwicklung von angepassten Schutzstrategien für das Einzugsgebiet. Die Variabilität der Wasserqualität wurde durch die Konzentration suspendierter Partikel sowie die mikrobielle Belastung an 49 Standorten in der Regen- und Trockenzeit ermittelt. Zudem wurden zeitlich hochaufgelöste Messreihen an ausgewählten Standorten während hydraulisch konstanter Bedingungen durchgeführt und die anthropogene Landnutzung im Einzugsgebiet kartiert. Für die Auswertung wurden diese georeferenzierten Informationen mit den Analyseergebnissen kombiniert. Diese Daten zeigen Unterschiede der Wasserqualität zwischen Trocken- und Regenzeit. Die größten Kontaminationspotentiale im Einzugsgebiet gehen von der landwirtschaftlichen Nutzung und von bestehenden Siedlungen aus. Es konnte nachgewiesen werden, dass diese Landnutzung einen größeren Einfluss auf die Wasserqualität hat als hydrologische Bedingungen. Geeignete Maßnahmen zur Reduktion der Schadstoffe im Einzugsgebiet wären eine lokale Einschränkung der Landwirtschaft sowie der Anschluss von Gebäuden an eine kommunale Abwasserentsorgung. Auch durch eine Anpassung der Wasserentnahme an die Tageszeiten ist eine Verbesserung der Wasserqualität möglich.
Aufgrund der starken hydrologischen Variabilität und räumlichen Heterogenität von Transporteigenschaften im Karst unterliegt die Wasserqualität starken Schwankungen. Daher konzentriert sich Kapitel 4 auf die Charakterisierung von Transport- und Fließparametern in einem Karströhrensystem. Suspendierte Partikel sind ein einfach zu analysierender und repräsentativer Vektor für den Transport von Schadstoffen in Karstaquiferen. Durch die kombinierte Eingabe natürlicher Sedimentfracht und gelöstem, konservativen Tracer in das Ma Le-Höhlensystem konnten die hydrodynamischen Prozesse im direkten Zustrom der Pilotförderanlage Seo Ho untersucht werden. Bei Niedrigwasserabflüssen können Geschwindigkeitsverteilung und hydrodynamische Fokussierung der suspendierten Partikel in Karströhren im Vergleich zu gelösten Stoffen zu einer höheren Fließgeschwindigkeit mit einer geringeren Retention führen. Aufgrund dieses präferentiellen und advektiven Transports von Partikeln im Zentrum der Karströhren lassen sich einzeln Fließwege detektiert. Im Gegensatz dazu resultiert der dispersivere Transport von gelösten Stoffen in einer Überlagerung einzelner Durchgangskurven, sodass unterschiedliche Fließwege nicht mehr differenziert werden können. Höhere Abflüsse führen im Ma Le-Höhlensystem zu turbulenteren Strömungsbedingungen und somit zu einer homogeneren Durchmischung. Somit werden kleine Partikel und gelöste Stoffe auf ähnliche Weise durch das Höhlensystem transportiert, während größere Partikel durch gravitative Sedimentation stärker rückgehalten werden.
In Rahmen dieser Arbeit wird die Wasserqualität in einer subtropischen Karstregion mit einem differenzierten Blick durch verschiedene Analysemöglichkeiten beurteilt. Die Untersuchungsansätze und die erzielten Ergebnisse tragen zum besseren Verständnis der Funktionsweise subtropischer Karstaquifere bei. Die Resultate bilden die Grundlage für die Entwicklung von angepassten und nachhaltigen Strategien zur Bewirtschaftung dieser vulnerablen Aquifere für eine Trinkwasserversorgung. Die präsentierten Ansätze und Untersuchungsmethoden können auf Untersuchungskampagnen in weitere, ebenfalls entlegene Karstgebiete in subtropischen und tropischen Regionen Klimaregionen übertragen werden.
Abstract (englisch):
Karst aquifers are the result of dynamic water-rock interaction. Percolating rainwater absorbs carbon dioxide from the atmosphere and soil air and reacts by forming carbonic acid. Geochemical dissolution processes of this acidic seepage water can form fissures, conduits, and entire cave systems in sedimentary rocks. Warm and humid climatic conditions, as they occur mainly in tropical and subtropical climatic regions, lead to an increased proportion of biogenic carbon dioxide concentrations in the atmosphere; accordingly, karstification processes are considerably higher in these areas.
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Karst aquifers represent an important freshwater resource, as many people worldwide depend on karst groundwater. Especially in tropical regions, karst aquifers offer great potential for water supply due to high karstification. However, it is precisely this high degree of karstification in combination with pronounced rainy and dry seasons that lead to a particularly large impact on water quality and quantity. In addition to water scarcity in the dry season, the high microbiological contamination in particular poses a great risk to the health of the population.
The region around Dong Van in northern Vietnam is characterized by karstified limestones with deeply incised valleys and numerous cave systems. In the city of Dong Van, a limited central water supply system exists, which is characterised by regularly shortages. In the surrounding mountain villages, the water supply is mostly decentralized via private installations for collecting rain and spring water. In 2010, the Dong Van Karst Plateau was designated a UNESCO Global Geopark, which led to a sharp increase in tourist numbers, further increasing the pressure on the already strained water supply. In order to meet this additional water demand and to avoid bottlenecks for the local population, the basis for a sustainable water supply for the Dong Van region with the surrounding mountain villages was created within the framework of the German-Vietnamese joint projects KaWaTech and KaWaTech solutions and the powerplant Seo Ho was implemented. For a sustainable and efficient management of the system and to protect the used water resources from contamination and overuse, an in-depth understanding of the hydrogeological conditions is required, especially with regard to the high variability of water quality. This high variability requires short-term strategies to estimate contamination parameters as well as adapted management and protection strategies in the catchment area.
Based on mapping, tracer tests and hydrogeological field investigations, a hydrogeological conceptual model for the geologically complex project area was developed, which is presented in chapter 2. The area is built up by Devonian sedimentary rocks as well as by a strongly karstified limestone unit of Carboniferous age. Tracer tests were used to define the catchment area for the powerplant. By reference date measurements it was shown that more than 50 % of the used water originates from karst springs, which flow into the Ma Le River and are transported through the Ma Le cave system up to the powerplant. Conducted hydrochemical analyses in the catchment area show a high microbiological contamination of the utilized water resources, with quality fluctuating depending on the time of day due to the intensive anthropogenic cultivation of the catchment area. By means of vulnerability mapping, it was shown that especially drains into swallow holes in the catchment area and the direct inflow to the powerplant are particularly vulnerable to contaminating inputs. The greatest potential for contamination in the catchment area originates from agricultural use and existing settlements.
In addition to the high vulnerability, the strong spatial and temporal variability of water quality in particular leads to major challenges in the management of karst aquifers. Therefore, Chapter 3 focuses on the development of adapted protection strategies for the catchment area. Variability in water quality was assessed by suspended particle concentrations and microbial contamination at 49 sampling sites during both dry and rainy seasons. In addition, high temporal resolution time series were conducted at selected sites during hydraulically constant conditions and anthropogenic land use was mapped in catchment area. For the evaluation, this georeferenced information was combined with the analytical results. This data shows differences in water quality between dry and rainy seasons. The greatest potential for contamination in the catchment area emanates from agricultural land use and existing settlements. This land use has been shown to have a greater impact on water quality than hydrologic conditions. Suitable measures to reduce pollutants in the water would be a local restriction of agriculture and the hook-up of buildings to a municipal sewage disposal system in the catchment area. Water quality can also be improved by adjusting water withdrawals to the time of day.
Because of the strong hydrologic variability and spatial heterogeneity of transport properties in karst, water quality is subject to strong fluctuations. Therefore, Chapter 4 focuses on the characterization of transport and flow parameters in a karst conduit system. Suspended particles are an easily analyzed and important vector for contaminant transport in karst aquifers. By using natural sediment in combination with a dissolved conservative tracer, the hydrodynamic processes in the Ma Le cave system, in direct inflow at the Seo Ho powerplant, could be investigated. During low flow conditions, velocity distribution and hydrodynamic focusing of suspended particles in karst conduits results in higher flow velocity combined with lower retention compared to solutes. Due to the preferential and highly advective transport of particles in the center of karst conduits, flow paths can thus be detected individually. In contrast, the more dispersive transport of solutes results in a superposition of individual breakthrough curves, so different flow paths can no longer be differentiated. Higher discharge leads to more turbulent flow conditions in the Ma Le cave system and thus to homogeneous mixing. Small particles and solutes are then similarly transported through the cave system, while larger particles are retained by gravitational sedimentation.
In the context of this thesis, the water quality in a subtropical karst region is assessed with a differentiated view through various analytical approaches. The investigation approaches and the obtained results contribute to a better understanding of the functioning of subtropical karst aquifers. The results provide the basis for the development of adapted and sustainable strategies for the management of these vulnerable aquifers. The presented approaches and investigation methods can be transferred to other remote karst areas in subtropical and tropical climates regions.