Abstract:
Starke Winde, die mit außertropischen Zyklonen einhergehen, sind eine der gefährlichsten Naturgefahren in Europa. Diese starken Winde sind meist mit fünf mesoskaligen dynamischen Bereiche verbunden: dem Warm Jet (WJ), dem Cold Jet (CJ), der kaltfrontalen Konvektion (CFC), starke Winde im Kaltsektor (CS) und, zumindest bei einigen Stürmen, der Sting Jet (SJ). Der Zeitpunkt des Auftretens im Lebenszyklus der Zyklone, die Lage relativ zum Tiefdruckkern und einige weitere Merkmale unterscheiden sich zwischen diesen Regionen und daher wahrscheinlich auch die damit verbundenen Vorhersagefehler.
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Hier stellen wir RAMEFI (RAndom-forest-based Mesoscale wind Feature Identification) vor, einen neuartigen objektiven Identifizierungsansatz für diese Starkwindbereiche unter Verwendung eines probabilistischen Random Forests (RF), der auf den wichtigsten Merkmalen jedes Bereichs in der bodennahen Wind-, Niederschlags-, Druck- und Temperaturentwicklung basiert. Eine Stärke von RAMEFI ist, dass es flexibel und unabhängig von lokalen Effekten und horizontalen Gradienten funktioniert. Daher kann es auf unregelmäßig verteilte Bodenbeobachtungen und auf gegitterte Analysen und Vorhersagen mit unterschiedlicher Auflösung in konsistenter Weise angewendet werden. Als Referenz für den RF identifizieren wir subjektiv die Starkwindbereiche in 12 Winterstürmen zwischen 2015 und 2020 in stündlichen Bodenbeobachtungen über Europa mit Hilfe eines interaktiven Datenanalyse- und Visualisierungstools. Der RF wird dann auf dieser Klassifizierung trainiert, der physikalisch konsistente Beziehungen lernt. Von dem RF erhalten wir Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten jedes Starkwindbereichs an den einzelnen Stationen, die mit Hilfe von Kriging in räumlich nahtlose Informationen interpoliert werden können. Da jedoch nur bodennahe Beobachtungen verwendet werden, werden der SJ und CJ in RAMEFI zusammen betrachtet. Die Ergebnisse zeigen eine zuverlässige Identifizierung für alle Bereiche, insbesondere für den WJ und CFC, während sich die Unterscheidung von CJ und CS manchmal schwierig gestalten kann, da die Merkmale ziemlich ähnliche meteorologische Eigenschaften haben. Die neue Software RAMEFI wird der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, damit sie von der atmosphärischen Gemeinschaft unkompliziert genutzt werden kann.
Anschließend wird RAMEFI für eine Klimatologie über 19 Wintersaisons (Oktober-März, 2000-2019) auf der Grundlage vom deutschen COSMO-Model (Consortioum for Small-scale Modelling) über West- und Mitteleuropa verwendet. Dies ermöglicht die erste langfristige objektive statistische Analyse der Windbereiche, ihrer Häufigkeit des Auftretens, der geografischen Verteilung und der Eigenschaften in Wind- und Feuchteparametern. Der CS ist bei den meisten Winterstürmen vorherrschend, während CFC die am wenigsten häufige Ursache für Starkwinde ist. CFC ist jedoch tendenziell die Ursache für die stärksten Böen nach dem CJ und hat den höchsten Böenfaktor, wahrscheinlich aufgrund des konvektiven Impulstransports.
Der WJ erzeugt im Durchschnitt die schwächsten Winde, betrifft aber ein größeres Gebiet als der CJ. Mitteleuropa ist stärker von den WJ- und CFC-Winden betroffen, während der CJ weiter nördlich über der Nord- und Ostsee und ihrer ländlichen Umgebung auftritt. System-relative Komposita zeigen, dass WJ und CFC tendenziell früher im Lebenszyklus einer Zyklone auftreten als CJ und CS. Konsistent dazu ist CS die häufigste Ursache für Starkwinde über Osteuropa, wo Zyklonen dazu neigen, zu okkludieren und sich aufzulösen. Der WJ tritt meist im südöstlichen Quadranten einer Zyklone auf und grenzt im Westen an schmale CFC. Allerdings variiert die Lage von CFC relativ zum Tiefdruckkern von Fall zu Fall stark. Der CS tritt im südwestlichen Quadranten auf, während der CJ näher am Tiefdruckkern auftritt. Diese objektive Klimatologie bestätigt weitgehend frühere, eher subjektive Untersuchungen, stellt diese aber in einen klimatologischen Kontext und ermöglicht eine detailliertere Analyse der Eigenschaften der Windbereiche.
Obwohl die bodennahen Eigenschaften von CJ und SJ ähnlich sind, sodass die Bereiche in RAMEFI kombiniert werden, sind die Ursprünge unterschiedlich. Während der SJ ein absinkender Luftstrom aus dem Wolkenkopf ist, bleibt der CJ in niedrigen Höhenniveaus. Mit dem Absinken transportiert der SJ hohen Impuls in die bodennahe Grenzschicht und verursacht damit oft höhere Winde und Böen und sollte daher separat identifiziert werden. Hier werden zwei veröffentlichte Methoden zur Identifizierung von SJ(-Potential) - eine thermodynamische und eine kinematische - an SJ- und Nicht-SJ-Fällen getestet, wobei das deutsche ICON-Modell (ICOsahedral Nonhydrostatic) zur Simulation der Stürme verwendet und mit Trajektorien verglichen wird, welche die etablierteste und rechenaufwendigste SJ-Detektionssmethode ist. Die Ergebnisse deuten auf hohe Fehlerquoten hin, sodass eine Kombination aus Teilen der zwei Ansätze und RAMEFI zu einer neuen Methode entwickelt wird. Auf der Grundlage eines einfachen Ansatzes zur Erkennung eines dreidimensionalen Starkwindgebiets zeigt die Methode erste vielversprechende Ergebnisse, und es wird eine Strategie zur weiteren Entwicklung und Erhöhung der Robustheit diskutiert, sodass sie bei verschiedenen Modellen und Auflösungen angewendet werden kann.
Diese Arbeit liefert neue Erkenntnisse über die Eigenschaften von mesoskaligen Starkwindgebieten in außertropischen Zyklonen und legt den Grundstein für ein breites Spektrum von Anwendungen, wie z.B. eine regime-abhängige Vorhersagefehleranalyse, Forschung der Auswirkungen und Studien zum Klimawandel.
Abstract (englisch):
Strong winds associated with extratropical cyclones are one of the most dangerous natural hazards in Europe. These high winds are mostly associated with five mesoscale dynamical features: the warm jet (WJ), the cold jet (CJ), cold frontal convection (CFC), strong cold-sector winds (CS) and, at least in some storms, the sting jet (SJ). The timing within the cyclone's life cycle, the location relative to the cyclone core and some further characteristics differ between these features and, hence, likely also the associated forecast errors.
Here, we present RAMEFI (RAndom-forest-based Mesoscale wind Feature Identification), a novel objective identification approach for these high-wind features using a probabilistic random forest (RF) based on each feature’s most important characteristics in near-surface wind, rainfall, pressure and temperature evolution. ... mehrA strength of RAMEFI is that it works flexibly and is independent of location-specific effects and horizontal gradients; thus, it can be applied to irregularly spaced surface observations and to gridded analyses and forecasts of different resolution in a consistent way. As a reference for the RF, we subjectively identify mesoscale wind features in 12 winter storm cases between 2015 and 2020 in hourly surface observations over Europe, using an interactive data analysis and visualisation tool. The RF is then trained on the subjectively set labels and learns physically consistent relations. From the RF, we obtain probabilities of each feature occurring at a given station, which can be interpolated to areal information with a Kriging approach. However, using only near-surface observations, the SJ and CJ are hard to distinguish and are therefore considered together in RAMEFI. The results show a reliable identification for all features, especially for the WJ and CFC, while the distinction of the CJ and CS can be difficult at times, as these features have rather similar meteorological characteristics. The new software RAMEFI is made publicly available for straightforward use by the atmospheric community.
Subsequently, RAMEFI is used to compile a climatology over 19 extended winter seasons (October–March, 2000–2019) based on high-resolution reanalyses of the German Consortium for Small-scale Modelling (COSMO) model over Western and Central Europe. This allows the first long-term objective statistical analysis of the features, their occurrence frequency, geographical distribution and characteristics in wind and humidity parameters. The CS is prominent in most winter storms, while CFC is the least common cause of high winds. However, CFC tends to be the cause of the highest gusts after the CJ, and has the highest gust factor, probably due to convective momentum transport. The WJ produces the weakest winds on average, but affects a larger area than the CJ. Central Europe is more strongly affected by WJ and CFC winds, while the CJ usually occurs farther north over the North and Baltic Seas and surrounding land areas. System-relative composites show that the WJ and CFC tend to occur earlier in the cyclone life cycle than the CJ and CS. Consistently, CS is the most common cause of high winds over Eastern Europe, where cyclones tend to occlude and decay. The WJ mostly occurs within the southeastern quadrant of a cyclone bordering with the narrow CFC in the west. However, the location of CFC relative to the cyclone centre varies greatly between cases. The CS occurs in the southwestern quadrant, while the CJ appears closer to the cyclone centre. This objective climatology largely confirms previous, more subjective investigations but puts these into climatological context and allows a more detailed analysis of feature properties.
Although surface characteristics of the CJ and SJ are similar such that the features are combined in RAMEFI, the origin differs. While the SJ is a descending air stream originating within the cloud head, the CJ keeps at low levels at all times. With the descent the SJ brings high momentum from mid-levels down to the top of the boundary layer or even surface, i.e., commonly creates higher winds and gusts and, thus, is desired to be detected separately. Here, two published SJ (potential) identification methods - one thermodynamic and one kinematic method - are tested on SJ and non-SJ cases using the German Icosahedral Nonhydrostatic (ICON) model to simulate the associated storms and compared to Lagrangian trajectories, the most established and most costly SJ identification method. Results suggest high error rates, such that a combination of parts of the two approaches and RAMEFI is developed into a new method. Based on a simple approach to detect a coherent three-dimensional region of high winds, the method shows first promising results and provides a basis for further refinement and increasing robustness, such that it can be used on different models and resolutions.
This work provides important new insides into the characteristics of mesoscale high-wind features within extratropical cyclones and lays the foundation for a wide range of applications, such as a feature-dependent forecast error analysis, impact research and climate change studies.