Abstract:
Feuer treten in den temperierten Ökosystemen Europas zunehmend häufiger und mit größerer Intensität auf. Schwere Brände können die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung gefährden, große Mengen Rauch und Kohlendioxid freisetzen, wirtschaftliche Schäden verursachen und negative Folgen für Biodiversität und Kohlenstoffspeicherung haben. Um negative Auswirkungen von Bränden durch vorbeugendes Management und wirksame Bekämpfungsstrategien zu reduzieren, ist es wichtig, die Zusammenhänge zwischen dem Brandverhalten und den Eigenschaften der Vegetation, die das Brennmaterial liefert, zu verstehen. ... mehrDie Entzündung und Ausbreitung von Oberflächenfeuern wird durch Verfügbarkeit, Zustand und kleinräumige Heterogenität von Brennmaterialien in Bodennähe beeinflusst. Eine genaue, räumlich eindeutige Charakterisierung dieser Brennmaterialien ist daher für die Bestimmung der Entflammbarkeit, die Berechnung des Feuerverhaltens und die Abschätzung der Auswirkungen von Bränden unerlässlich. Da die Inventarisierung von Brennmaterialien im Feld sehr zeitaufwändig ist, werden Fernerkundungsmethoden eingesetzt, um Informationen über Brennmaterialien in größeren Gebieten kostengünstig und zeitsparend zu sammeln. Die große räumliche und zeitliche Variabilität der Brennmaterialien erschwert jedoch eine genaue Kartierung, besonders bei oberflächennahen Brennmate-rialien, die aus Fernerkundungsperspektive oft nur schwach erkennbar sind. Daher kon-zentrieren sich bisherige Kartierungsbemühungen meist auf weit gefasste Brennmaterialkategorien, die definiert wurden, um die Komplexität von Brennmaterialien zu vereinfachen, was jedoch unweigerlich zu Informationsverlust führt. Daher ist es nötig, neue Methoden zur Charakterisierung von oberflächennahen Brennmaterialien zu entwickeln und bestehende Techniken zu verbessern, die in der Lage sind, feinskalige Brennmaterialvariabilität zu erfassen, insbesondere für die Anwendung in bisher weniger feuergefährdeten und daher wenig untersuchten Ökosystemen wie temperierten Wäldern und Zwergstrauchheiden.
Ziel dieser Arbeit ist es, im Rahmen von drei Studien das Potenzial verschiedener Metho-den auf der Grundlage von Nah- und Fernerkundungsdatensätzen zur Charakterisierung von oberflächennahen Brennmaterialien in mitteleuropäischen Wäldern und atlantischen Zwergstrauchheiden zu untersuchen, wobei sowohl räumliche als auch zeitliche Brenn-stoffvariationen aufgelöst werden sollen. In der ersten Studie wird eine feinkörnige Klassifikation von oberflächennahen Brennmaterialien in mitteleuropäischen Wäldern vorgestellt, und ein Deep Learning-Modell entwickelt, um diese Brennmaterialtypen anhand von Waldfotos und multispektralen Satellitenzeitreihen zu identifizieren. Das Einbeziehen von Kameraaufnahmen unterhalb der Baumkrone soll die Unterscheidung zwischen verschiedenen Unterwuchs- und Streu-Brennmaterialtypen mittels einfacher georeferenzierter RGB-Bilder erleichtern. Um die Klassifikationsgenauigkeit zu verbessern, werden verschiedene Kombinationen von Eingangsdaten und Techniken zur Aggregation der Modellausgaben getestet. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Unterwuchs- als auch Streutypen auf der Grundlage von Waldfotos recht gut unterschieden werden können, während die Einbeziehung multispektraler Satellitenzeitreihen nur die Streuklassifizierung verbessert. Weitere Verbesserungen können erzielt werden, indem Vorhersagen für mehrere Fotos desselben Bestandes getroffen und basierend auf der Wahrscheinlichkeit der Klassenvorhersage gefiltert werden. Der Algorithmus liefert somit effektiv Brennmaterialinformationen basierend auf Fotos, ohne dass eine menschliche visuelle Interpretation oder Expertenwissen erforderlich ist.
Die zweite Studie befasst sich mit der Kartierung der feinskaligen Variabilität der oberflä-chennahen Brennmaterialmengen in mitteleuropäischen Wäldern unter Verwendung detaillierter luftgestützter Laserscans und multispektraler Satellitendaten in einem maschinellen Lernverfahren. Basierend auf einem umfangreichen Satz struktureller und spektraler Prädiktoren zur Beschreibung verschiedener Waldstrata werden Regressionsmodelle für verschiedene oberflächennahe Brennmaterialkomponenten entwickelt. Die mithilfe dieser Modelle berechneten Brennmaterialkarten werden zur Vorhersage des potenziellen Brandverhaltens in zwei Waldbeständen unter typischen sommerlichen Wetterbedingungen verwendet. Zusätzlich wird die Sensitivität der Vorhersagen des Brandverhaltens in Bezug auf Variationen in der Menge der verschiedenen Brennmaterialkomponenten analysiert. Die Ergebnisse bestätigen, dass eine genaue Quantifizierung des oberflächennahen Brennmaterials mittels Fernerkundung schwierig ist, selbst wenn detaillierte Fernerkundungsdaten verfügbar sind. Dennoch zeigen die Analysen, welche Prädiktoren sich am besten für die Vorhersage der verschiedenen Brennmaterialkomponenten eignen, und liefern damit wichtige Informationen für zukünftige Kartierungsbemühungen. Die unvermeidlichen Unsi-cherheiten bei der Schätzung der Brennmaterialmengen haben jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Vorhersage des Brandverhaltens.
In der dritten Studie werden zeitliche Dynamiken des oberflächennahen Brennmaterials in atlantischen Zwergstrauchheiden anhand von multispektralen Satellitenzeitreihen analysiert. Durch die Anpassung harmonischer Modelle an den Jahresgang verschiedener optischer Vegetationsindizes werden saisonale Schwankungen des Brennmaterialzustandes und damit der Entflammbarkeit aufgrund phänologischer Veränderungen effektiv erfasst. Veränderungen des Brennmaterials durch Störungen wie Brände und die anschließende Regeneration der Vegetation werden durch eine Analyse der Erholungsverläufe der spektralen Indizes bewertet, wobei signifikante Unterschiede zwischen den verwendeten Indizes und zwischen den untersuchten Lebensformen aufgedeckt werden. Eine Auswertung der potentiellen Einflussfaktoren auf die berechneten Erholungszeiten mittels multipler linearer Regression zeigt, dass Brandschwere, Landbedeckungsklasse, Jahreszeit und winterliche Schneebedeckung wichtige Variablen sind, die die geschätzte Erholungsrate beeinflussen. Obwohl die spektralen Erholungszeiten die tatsächliche Erholung der Vegetation für langsam wach-sende Lebensformen aufgrund fehlender struktureller Informationen unterschätzen, geben sie dennoch Aufschluss über die Entwicklung des Brennmaterials nach einer Störung. Auf diese Weise helfen sie bei der Erstellung von Modellen zur Beschreibung der Brennmaterialdynamik, welche zur Aktualisierung von Brennmaterialkarten verwendet werden können.
Die in dieser Arbeit vorgestellten Analysen sind ein wichtiger Schritt hin zu einer effizienteren, genaueren und stärker an ökologischen Prozessen orientierten Beschreibung oberflächennaher Brennmaterialien. Sie erweitern das Wissen über Brennmaterialien in temperierten europäischen Ökosystemen, welche in dieser Hinsicht bisher wenig erforscht wurden. Zukünftige Arbeiten zur Charakterisierung und Kartierung von Brennmaterialien werden von den Erkenntnissen über das Potenzial und die Grenzen der zu diesem Zweck eingehend untersuchten Nah- und Fernerkundungsdatensätze profitieren. Künftige Studien sollten Synergien mit anderen Fernerkundungsprodukten auf verschiedenen räumlichen Skalen weiter untersuchen und dabei die Möglichkeiten von Methoden der künstlichen Intelligenz zur Verarbeitung und Zusammenführung verschiedener Datentypen nutzen, sich aber auch auf die Integration der zeitlichen Dynamik von Brennmaterialien konzentrieren, indem sie prozessbasierte Vegetationsmodelle verwenden. Zudem sollten Referenzdatensätze für Brennmaterialien erweitert, Feld- und Laborexperimente zum Brandverhalten durchgeführt und Beobachtungsdaten von realen Bränden gesammelt werden, um die künftige Heraus-forderung des Feuermanagements in temperierten Ökosystemen Europas zu bewältigen.
Abstract (englisch):
Wildfires are occurring with increasing frequency and intensity in European temperate ecosystems. Severe fires can affect the health and safety of the population, emit large amounts of smoke and carbon dioxide, cause economic damage, and have negative impacts on biodiversity and carbon storage. Mitigating the adverse impacts of wildfires through preventive management and effective suppression strategies requires a thorough understanding of how ignitions and fire behaviour are related to the characteristics of the local vegetation that provides the fuel. The ignition and spread of a surface fire is influenced in particular by the availability, condition, and small-scale heterogeneity of live and dead fuels close to the ground, i.e. ... mehrthe surface fuels. Accurate and spatially explicit characterisation of surface fuels is therefore essential to determine flammability, calculate potential fire behaviour and estimate fire effects across the landscape. Because fuel inventories in the field are laborious and time-consuming, remote sensing has been proposed as a means to collect fuel information over large areas in a cost- and time-effective manner. However, the large spatial and temporal variability of fuels complicates the accurate mapping of fuels, especially in the case of surface fuels, which are often weakly perceptible from a remote sensing perspective. Therefore, fuel mapping efforts have mainly focused on broad fuel categories, such as fuel types, which have been defined to simplify the high complexity of fuels but inevitably result in a loss of information. Hence, there is a need to develop new and improve existing surface fuel characterisation techniques capable of capturing fuel variability at fine scales, particularly for the application in previously less fire-prone and therefore in this regard understudied ecosystems such as temperate forests and dwarf shrub heaths.
This thesis aims to investigate the potential of different methods based on proximal and remote sensing datasets to characterise surface fuels in European temperate forests and Atlantic dwarf shrub heaths, resolving both spatial and temporal fuel variation. It includes three separate studies.
In the first study, a fine-grained classification of surface fuel types in central European forests is presented, and a deep learning model is developed to identify these fuel types from forest photographs and multispectral satellite time series. By incorporating below-canopy observations from handheld camera devices, the approach aims to improve the discrimination of different understory and litter fuel types using simple geo-referenced RGB images. Different input data combinations and model output aggregation techniques are tested to further increase classification accuracies. The results show that both understory types and litter types can be reasonably well distinguished based on forest photographs, while including multispectral satellite time series only improves litter classification. Further improvements can be achieved by making predictions on multiple photographs of the same stand and filtering outputs based on the class prediction probability. The algorithm thus effectively provides fuel information based on photographs, without the need for human visual interpretation and expert knowledge.
The second study focuses on mapping fine-scale variability of surface fuel loads in central European forests using detailed airborne laserscanning and multispectral satellite data in a machine learning approach. A large set of structural and spectral predictors across different forest strata is used to develop random forest regression models for different surface fuel components. Surface fuel maps calculated from these models are used to predict potential fire behaviour in two forest stands under typical summer weather conditions. Additionally, a sensitivity analysis of the fire behaviour predictions to variations in the load of different surface fuel components is carried out. The findings confirm that accurately quantifying surface fuels from remote sensing is difficult, even when detailed remote sensing data are available. Nevertheless, the analyses identify the predictors that are most suitable for predicting the different surface fuel components, thereby informing future mapping efforts. The inevitable uncertainties in fuel load estimates are likely to continue to have a major impact on fire behaviour predictions.
In the third study, temporal dynamics of surface fuels in Atlantic dwarf shrub heaths are analysed based on multispectral satellite time series. By fitting harmonic models to the annual cycle of various optical vegetation indices, seasonal changes in fuel state and hence flammability due to phenology are effectively captured. Changes in fuels due to wildfire disturbance and subsequent vegetation regeneration are assessed by analysing the recovery trajectories of the spectral indices, unveiling significant differences between indices and between life forms. A driver analysis of the calculated recovery times based on multiple linear regression shows that burn severity, land cover class, season, and winter snow cover are important variables influencing the estimated recovery rate. While spectral recovery times underestimate true vegetation recovery for slow growing life forms due to the lack of structural information, they still provide insight into post-disturbance fuel development in these open landscapes. In this way, they help to inform models that describe fuel dynamics and can be used to update fuel maps.
The analyses in this thesis are an important step towards a more efficient and more precise description of surface fuels that is also more closely linked to ecological processes. They further advance the knowledge of fuels in European temperate ecosystems, a long-neglected research topic. Future fuel characterisation and mapping efforts will benefit from the insights into the potential and limitations of the proximal and remote sensing datasets that have been thoroughly investigated for this purpose. Future studies should further explore synergies with other remote sensing products at different scales, leveraging the capabilities offered by artificial intelligence methods for processing and fusing different types of data, and they should also strongly focus on the integration of temporal fuel dynamics by using process-based vegetation models to better describe fuels. In addition, there is a need to harmonise and extend fuel reference datasets, conduct field and laboratory experiments on fire behaviour, and collect observational data from real wildfires to address the upcoming challenge of wildfire management in Europe’s temperate ecosystems.