Abstract:
Biotechnologisch erzeugte Produkte finden aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften Anwendung als Wirkstoffe in Medikamenten, als funktionale Lebensmittelzusätze, als Hilfsstoffe in technischen Prozessen oder als Biokatalysatoren bei der Synthese chemischer Erzeugnisse. Neben der Isolation aus pflanzlichen oder tierischen Ausgansstoffen werden biotechnologische Produkte oft durch mikrobielle Fermentation hergestellt. Geringe Produktkonzentrationen, sowie zahlreiche Verunreinigungen in den komplexen Biosuspensio-nen erschweren die Produktaufreinigung und erfordern oft mehrere Konzentrations- und Reinigungsstufen. ... mehrDies führt zu hohen Kosten und wachsenden Produktverlusten.
Ein effizienter Aufreinigungsprozess ist durch den Einsatz integrativerer Trennverfahren möglich, die es erlauben das Produkt direkt von anderen Bestandteilen der Biosuspension abzutrennen und aufzukonzentrieren. Ein solches Verfahren ist die wässrige Zweiphasen-Flotation (ATPF), die die Selektivität einer Extraktion mit dem hohen Massentransfer einer Flotation kombiniert. Grundlage für die ATPF ist das Ausbilden eines wässrigen Zweiphasen-Systems (ATPS) durch lösen phasenbildender Komponenten wie beispielsweise Polymere und Salze in hohen Konzentrationen in Wasser. Dadurch entsteht eine salzreiche, schwerere Unterphase und eine leichtere polymerreiche, leichtere Oberphase. Durch Beladen der Unterphase mit der Biosuspension und dem Eintrag von Gasblasen, lassen sich sowohl kleinere Moleküle, als auch makromolekulare Enzyme selektiv in die produktsammelnde Oberphase flotieren. Für einen hohen Abscheidegrad und eine hohe Aufkonzentrierung des Produkts in der Oberphase ist eine zielgerichtete Prozessentwicklung der ATPF nötig. Diese Arbeit beschreibt die Prozessentwicklung der ATPF am Beispiel des Lebensmittelenzyms Phospholi-pase A2, mit dem Ziel eine auf andere biotechnologische Produkte übertragbare Strategie zu erarbeiten.
Der erste Schritt bei der Prozessentwicklung der ATPF ist die in Kapitel 4 beschriebene Auswahl eines geeigneten Zweiphasen-Systems, sowie die Charakterisierung stofflicher Schlüsselparameter und äußerer Einflussfaktoren auf die ATPF. Bei der Auswahl der phasenbildenden Komponenten des ATPS sind neben ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten auch die physikochemischen Eigenschaften des Produkts zu beachten. Insbesondere der Einsatz von biologisch abbaubaren Salzen wie z. B. Citrate, Tartrate oder Succinate steigern die Umweltverträglichkeit der ATPF, ermöglichen jedoch oft nur in bestimmten pH-Bereichen die Ausbildung eines stabilen Zweiphasen-Systems. Der pH-Wert ist ein Schlüsselparameter der ATPF, da durch ihn nicht nur die Produktstabilität, sondern auch die Anlagerung der Enzymmoleküle an die Blasenoberfläche sowie die Affinität zur polymerreichen Oberphase beeinflussbar sind. Letztere hängt zudem wesentlich von der Art und der Größe bzw. dem Molekulargewicht der Polymere ab. Durch Extraktionsversuche lassen sich geeignete phasenbildende Komponenten finden und das ATPS hinsichtlich einer hohen Aufkonzentrierung in einer möglichst kleinen Oberphase optimieren. Einfache Flotationsversuche zeigen die Robustheit der ATPF gegenüber äußeren Einflussfaktoren wie der Temperatur oder anderen Bestandteilen einer Fermentationsbrühe.
Der nächste Schritt bei der Prozessentwicklung der ATPF ist die in Kapitel 5 beschriebene Anpassung des Gasblaseneintrags an das optimierte Zweiphasen-System. Prinzipiell ermöglichen hohe Gasvolumenströme und geringe Blasengrößen einen gesteigerten Gasgrenzflächeneintrag und somit einen hohen flotationsbedingten Stofftransport. Jedoch lassen sich beide Prozessparameter nicht unabhängig voneinander einstellen. Hohe Gasvolu-menströme führen zu großen Gasblasen, die zu einer Vermischung von Unter- und Oberphase (Phasenverwirbelung) führen und so einer Produktabtrennung aus der Unterphase und Aufkonzentrierung in der Oberphase entgegenwirken. Die Auftriebskraft zu kleiner Gasblasen reicht dagegen nicht aus, um die Grenzflächenkraft der wässrigen Phasengrenzfläche zwischen Unter- und Oberphase zu überwinden, und sie bleiben entweder an der Phasengrenzfläche hängen oder verbleiben in der Unterphase. In Abhängigkeit der Dichte, Viskosität und Grenzflächenspannung beider wässriger Phasen lässt sich ein optimales Blasengrößenfenster bestimmen, welches einen Aufstieg der Gasblasen in die Oberphase, sowie ein stabiles Zweiphasen-System gewährleistet. Durch verschiedene poröse Medien wie z. B. Metallgewe-be, Lochsiebe oder Glasmembranen lassen sich unterschiedliche Blasenkollektive mit verschiedenen Blasengrößenverteilungen erzeugen und so ein Begasungsmedium mit bestmöglicher Übereinstimmung zu dem zuvor ermittelten Blasengrößenfenster auswählen.
Die Optimierung der Prozessführung und des Anlagendesigns steigert die Effizienz der ATPF und bildet den in Kapitel 6 beschriebenen abschließenden Schritt bei der Prozessentwicklung der ATPF. Im Batch-Betrieb der ATPF nimmt im Laufe der Flotationszeit der Massentransfer des Produkts in die Oberphase ab, wenn das Konzentrationsverhältnis des Produkts zwischen Ober- und Unterphase sich einem Gleichgewichtswert nähert. Grund hierfür sind Diffusionsef-fekte, die neben der Flotation die Kinetik des Massentransfers bestimmen. Ist das thermody-namische Gleichgewicht während der ATPF erreicht, verhindert eine Rückdiffusion der Stoffe in die Unterphase eine weitere Aufkonzentrierung in der Oberphase. Eine kontinuierliche Prozessführung ermöglicht einen quasi-stationären Massentransfer in die Oberphase bei maximaler Aufreinigungsrate. Die kontinuierliche ATPF ist besonders effizient durch den Einsatz eines horizontalen Flotationsbeckens. Das Fördern der mit Biosuspension angereicher-ten Unterphase und der unbeladenen Oberphase im Gleichstrom steigert die Diffusion am Einlass des Beckens. Hier führt ein erhöhter Gaseintrag nicht nur zu einem höheren flotationsbedingten Stofftransport, sondern steigert durch eine in Maßen erfolgende Phasenvermischung auch die Diffusion in die Oberphase. Ein reduzierter Gaseintrag am Auslass des Beckens reduziert die Phasenvermischung und damit die Rückdiffusion von der produktbeladenen Oberphase in die aufgereinigte Unterphase. Der kontinuierliche Betrieb steigert nicht nur die Raum-Zeit-Ausbeute, sondern erlaubt ebenfalls den Einsatz der ATPF zur Produktaufreinigung bei kontinuierlichen Fermentationsprozessen. Dadurch reduziert sich der apparative Aufwand, da eine Zwischenlagerung entfällt und kleinere Apparategrößen ausreichend sind.
Die kontinuierliche ATPF als integratives Aufbereitungsverfahren präsentiert sich als eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen, vielstufigen Aufreinigungsprozessen, die eine direkte Abtrennung und Aufreinigung von biotechnologischen Produkten wie z. B. Enzymen aus Fermentationsbrühen ermöglicht. Je nach Anwendung und geforderter Reinheit kann die gewonnene produktbeladene Oberphase direkt eingesetzt, oder eine abschließende Produkt-formulierung, z. B. durch Sprühtrocknung, nachgeschaltet werden. Die in dieser Arbeit entwickelte Strategie zur Prozessentwicklung der ATPF umfasst sowohl die Charakterisierung stofflicher Schlüsselparameter, die Implementierung eines geeigneten Gasblaseneintrags, sowie die Optimierung der Prozessführung und des Anlagendesigns und ermöglicht einen effizienten Betrieb der ATPF.
Abstract (englisch):
Due to their unique properties, biotechnologically produced products are used as active ingredients in medicines, as functional food additives, as auxiliary substances in technical processes or as biocatalysts in the synthesis of chemical products. In addition to isolation from plant or animal raw materials, biotechnological products are often produced by microbial fermentation. Low product concentrations and numerous impurities in the complex biosuspensions make product purification difficult and often require several concentration and purification steps. This leads to high costs and increasing product losses.
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An efficient purification process is possible by using more integrative separation processes that allow the product to be separated and concentrated directly from other components of the biosuspension. One such process is the aqueous two-phase flotation (ATPF), which combines the selectivity of extraction with the high mass transfer of flotation. The basis for ATPF is the formation of an aqueous two-phase system (ATPS) by dissolving phase-forming components such as polymers and salts in high concentrations in water. This creates a salt-rich, heavier bottom phase and a lighter, polymer-rich top phase. By loading the bottom phase with the biosuspension and introducing gas bubbles, both smaller molecules and macromolecular enzymes can be selectively floated into the product-collecting top phase. For a high separation efficiency and a high concentration of the product in the top phase, a systematic process development of the ATPF is necessary. This paper describes the process development of ATPF using the example of the food enzyme phospholipase A2, with the aim of developing a strategy that can be transferred to other biotechnological products.
The first step in the process development of ATPF is the selection of a suitable two-phase system as described in Chapter 4, as well as the characterization of key material parameters and external factors influencing ATPF. When selecting the phase-forming components of the ATPS, the physicochemical properties of the product must be taken into account in addition to economic and ecological aspects. In particular, the use of biodegradable salts such as citrates, tartrates or succinates increase the environmental compatibility of the ATPF, but often only allow the formation of a stable two-phase system in certain pH ranges. The pH value is a key parameter of the ATPF, as it influences not only the product stability, but also the attachment of the enzyme molecules to the bubble surface and the affinity to the polymer-rich top phase. The latter also depends significantly on the type and size or molecular weight of the polymers. Extraction experiments can be used to find suitable phase-forming components and optimize the ATPS with regard to a high concentration in the smallest possible top phase. Simple flotation tests show the robustness of the ATPF to external influencing factors such as temperature or other components of a fermentation broth.
The next step in the process development of the ATPF is the adaptation of the gas bubble input to the optimized two-phase system, as described in chapter 5. In principle, high gas volume flows and small bubble sizes enable an increased bubble surface area flux and thus a high flotation-related mass transfer. However, the two process parameters cannot be set inde-pendently of each other. High gas volume flows lead to large gas bubbles, which result in mixing of the bottom and top phases (phase turbulence) and thus counteract product separation from the bottom phase and concentration in the top phase. The buoyancy force of too small gas bubbles, on the other hand, is not sufficient to overcome the interfacial force of the aqueous phase interface between the bottom and top phase, and they either stick to the phase interface or remain in the bottom phase. Depending on the density, viscosity and interfacial tension of both aqueous phases, an optimal bubble size window can be determined, which ensures that the gas bubbles rise into the top phase and a stable two-phase system. Different porous media such as metal mesh, perforated sieves or glass membranes can be used to generate different bubble collectives with different bubble size distributions and thus a gassing medium with the best possible match to the previously determined bubble size window can be selected.
The optimization of the process and apparatus design described in chapter 6, increases the efficiency of the ATPF and represents the final step in the process development of the ATPF. In batch operation of the ATPF, the mass transfer of the product into the top phase decreases with flotation time as the concentration ratio of the product between the top or bottom phase approaches an equilibrium value. This is due to diffusion effects, which determine the kinetics of mass transfer in addition to flotation. Once thermodynamic equilibrium is reached during ATPF, back diffusion of the substances into the bottom phase prevents further concentration in the top phase. Continuous process operation enables quasi-stationary mass transfer to the top phase at maximum purification rate. The continuous ATPF is particularly efficient due to the use of a horizontal flotation tank. Pumping the bottom phase enriched with biosuspension and the unloaded top phase in co-current increases diffusion at the inlet of the tank. Here, increased gas input not only leads to higher flotation-related mass transport, but also increases diffusion into the top phase due to moderate phase mixing. Reduced gas input at the outlet of the tank reduces phase mixing and thus back diffusion from the product-laden top phase into the purified bottom phase. Continuous operation not only increases the space-time yield, but also allows the ATPF to be used for product purification in continuous fermentation processes. This reduces the amount of equipment required, as there is no need for intermediate storage and smaller equipment sizes are sufficient.
Continuous ATPF as an integrative purification process presents itself as a cost-effective alternative to conventional, multi-stage purification processes, which enables the direct separation and purification of biotechnological products such as enzymes from fermentation broths. Depending on the application and the required purity, the obtained product-loaded top phase can be used directly or a final product formulation, e.g. by spray drying, can be carried out downstream. The strategy developed in this thesis for the process development of the ATPF includes the characterization of key material parameters, the implementation of a suitable gas bubble inlet, as well as the optimization of the process and apparatus design and enables an efficient operation of the ATPF.