Vielfältige Beteiligungsverhältnisse - Eine konzeptionelle Analyse der „Stakeholder” in großen Infrastrukturprojekten

Politik, Wissenschaft und Gesellschaft müssen angesichts globaler Herausforderungen eng zusammenarbeiten, denn Transformationsprogramme als Reaktion auf Krisen erfordern umfassende Umstrukturierungen. Diese Prozesse sind komplex, potenziell konfliktträchtig und erzeugen Brüche mit dem Status quo des Zusammenlebens. Unter den verschiedenen Methoden des Austauschs und der Beteiligung sind Aktivitäten zur Einbeziehung von Stakeholdern von herausragender Bedeutung. Allerdings ist „Stakeholder“ kein einheitliches Konzept, sondern vielmehr eine Vielzahl von Methoden, Implikationen, Forschungsagenden und disziplinären Hintergründen (de Bussy und Kelly 2010, Weingart et al. 2021). Diese Zusammenhänge werden in vielen Einzelprojekten sichtbar, eine konzeptionelle Erfassung der Rolle von Stakeholder-Beteiligung, die für den Erfolg und die Wirkung solcher Aktivitäten von übergeordneter Bedeutung ist, fehlt jedoch.

In Wissensgesellschaften werden Innovationen als umfassende Lösungen für aktuelle und zukünftige Probleme verstanden. Daher ist es für die Technikfolgenabschätzung (TA) selbstverständlich, sich aktiv an Projekten zu beteiligen, die Stakeholder auf allen Ebenen einbeziehen (Grunwald 2019). ... mehrDie TA verfügt dazu über ein breites Spektrum an Theorien, Methoden und Verfahren, mit denen sie Technologien und ihre Auswirkungen kritisch untersuchen und bewerten, aber auch kommunizieren und mitgestalten kann (Konrad et al. 2016). Die spezifischen normativen Grundlagen der TA (demokratisch, nachhaltig, sozial gerecht und inklusiv, problemorientiert) sind für ihre inhärente Interdisziplinarität und transdisziplinäre Zusammenarbeit mit Öffentlichkeit, Politik und Gesellschaft unerlässlich. Diese kontextualisierte Sichtweise und Praxis von TA (Böschen et al. 2021) fordert und fördert zugleich reflexives und partizipatives Handeln.

In unserem Beitrag stellen wir ein theoretisches und methodisches Konzept von „Stakeholdern” für multi- und transdisziplinäre Projektaktivitäten vor. Dafür geben wir eine differenzierte Einschätzung des Stakeholder-Begriffs aus unserer Projektarbeit und zeigen auf, welches Stakeholder-Konzept hilfreich ist, um zu bestimmen, mit wem in Dialog getreten werden soll. Dabei stellt sich die Frage, was Dialog bedeutet. Verantwortlichkeiten, Prozesse und vieles mehr müssen bewertet und spezifiziert werden, da sich Konstellationen im Laufe des Prozesses ändern können (z.B. formale Verantwortlichkeiten).