Abstract:
Der Rückgang der biologischen Vielfalt, insbesondere bei Insekten, stellt eine erhebliche Bedrohung dar. Die Artenvielfalt ist essenziell für Ökosysteme, beeinflusst die Landwirtschaft und hat direkte Auswirkungen auf den Menschen. Trotzdem sind viele Insektenarten unbekannt und es fehlt an Expert:innen für deren Erforschung. Zur Untersuchung der Biodiversität und Identifizierung neuer Arten werden Insekten mit Fallen gefangen und in Ethanol konserviert. Diese Massenproben können mehrere 10.000 Insekten beinhalten. Durch eine genaue Auswertung dieser Proben können neue Arten beschrieben, Veränderungen der Biodiversität, bspw. ... mehraufgrund des Klimawandels, festgestellt und dementsprechend Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Momentan wird die Auswertung meist manuell durchgeführt, was sehr langsam ist und die Einbeziehung mehrerer Expert:innen erfordert. Ein weiterer Lösungsansatz bietet die Klassifizierung der Insekten anhand ihrer DNA, genauer gesagt des sogenannten DNA-Barcodes. Dazu werden die Insekten vereinzelt und jeweils individuell anhand des DNA-Barcodes bestimmt. Dies ist aufgrund der Vereinzelung zeitintensiv. Zudem sind die Kosten mit etwa 0,10 $ pro Insekt nicht zu vernachlässigen. Das Ziel dieser Dissertation ist es, Methoden zur Automatisierung der Biodiversitätsforschung unter Insekten zu entwickeln. Hierbei sollen potenzielle Bereiche für die Automatisierung identifiziert werden, um Arbeitsabläufe zu beschleunigen und neue Möglichkeiten zur Erforschung der Biodiversität zu schaffen. Die Forschungsfragen konzentrieren sich auf die Eignung kostengünstiger Hochdurchsatzmethoden und darauf, Implementierungsmöglichkeiten für gefundene Anwendungsbereiche aufzuzeigen. Die Arbeit identifiziert drei Bereiche, die für die Automatisierung in der Biodiversitätsforschung geeignet sind: Bildgebung, Handhabung und Klassifizierung der Insekten. Der Hauptteil gliedert sich in mehrere Teile. Im ersten Teil, Probenvorbereitung, wird ein System zur Vorsortierung der Insekten-Massenproben vorgestellt. Das System nutzt eine lineare Bewegung und verschiedene Siebgrößen, um die Proben in unterschiedliche Größenfraktionen zu untergliedern. Diese Vorsortierung ist notwendig, um nachgelagerte Prozessschritte zu vereinfachen. Anschließend wird ein Konzept zur teilautomatisierten Bildgebung vorgestellt. Das Open Source Mikroskop, das 'Entomoscope', wird entwickelt, um schnell und mit minimalen Kosten einheitliche Bilder von Insekten in Ethanol aufnehmen zu können. Es werden zwei Versionen des Entomoscopes vorgestellt: das 'Standalone Entomoscope', ein Mikroskop, das außer einem externen Netzteil keine weitere Hardware benötigt, sowie das 'Plug-In Entomoscope', das zum Betrieb einen PC oder Laptop benötigt, dafür aber mit geringerem Aufwand und kostengünstiger aufgebaut werden kann. Weiterhin wird im zweiten Teil ein teilautomatisiertes System zur multiperspektivischen Bildgebung vorgestellt. Der 'DiversityScanner-360°' dient der Digitalisierung von Insekten bis 3 mm und fertigt automatisiert Bilder aus einer frei wählbaren Anzahl an Perspektiven an. Dazu wird das Insekt in eine Bildgebungszelle gepumpt und mit einer um die Zelle rotierenden Kamera aufgenommen. Im dritten Teil der Arbeit werden Methoden zur vollautomatisierten Bildgebung und Handhabung entwickelt. Der 'DiversityScanner' kombiniert Methoden zur Handhabung und Bildgebung und eignet sich damit zum vollautomatisierten Fotografieren und Sortieren von Insekten mit einer maximalen Größe von 3 mm. Das System erkennt in einer Petrischale ausgebreitete Insekten in Ethanol, markiert sortierbare Insekten, nimmt ein Detailbild auf und sortiert diese anschließend mit einer automatisierten Pipette in eine 96er Mikrotiterplatte. Weiterhin werden Handhabungswerkzeuge untersucht und verglichen, um auch größere Insekten automatisiert sortieren zu können. Der vierte Teil der Dissertation untersucht Methoden, mit denen die angefertigten Bilder zur Klassifizierung der Insekten genutzt werden können. Dazu werden verschiedene Modelle des maschinellen Lernens genutzt und es wird untersucht, welche weiteren morphometrischen Merkmale anhand der Bilder ermittelt werden können. Zusammenfassend bildet diese Dissertation eine Grundlage zur Automatisierung der Biodiversitätsforschung unter Insekten mit kostengünstigen und verfügbaren Methoden, die dazu beitragen können, Wissenslücken zu schließen und somit den Schutz der Biodiversität effektiv zu gestalten.
Abstract (englisch):
The decline of biodiversity, particularly among insects, poses a significant threat. Species diversity is essential for ecosystems, influences agriculture, and has direct impacts on humans. However, many insect species remain unknown, and there is a lack of experts to study them. Insects are captured with traps and preserved in ethanol to examine biodiversity and identify new species. These bulk samples can contain tens of thousands of insects. Through careful analysis of these samples, new species can be described, changes in biodiversity due to, e.g., climate change can be identified, and appropriate countermeasures can be taken. ... mehrCurrently, evaluation is mostly manual, which is very slow and requires the involvement of multiple experts. Another approach offers the classification of insects based on their DNA specifically using DNA barcoding. Insects are individually separated and identified based on their DNA barcode. However, this process is time-consuming due to the manual separation required. Additionally, costs, at around $0.10 per insect, cannot be ignored. The aim of this dissertation is to develop methods for automating biodiversity research among insects. The focus is on identifying potential areas for automation to accelerate workflows and on creating new possibilities. Research questions concentrate on the suitability of cost-effective, high-throughput methods and demonstrating implementation possibilities for identified application areas. The dissertation identifies three areas suitable for automation in biodiversity research: imaging, handling, and classification of insects. The main part is divided into several sections. In the first part, sample preparation, a system for pre-sorting mass samples is introduced. The system uses linear motion and various sieve sizes to divide the samples into different size fractions, simplifying downstream processes. Subsequently, a concept for semi-automated imaging is presented. The open-source photomicroscope, the 'Entomoscope,' is developed to capture uniform images of insects in ethanol quickly and at a minimal cost. Two versions of the Entomoscope are presented: the 'Standalone Entomoscope,' a photomicroscope that requires only an external power supply, and the 'Plug-In Entomoscope,' which requires a PC or laptop for operation but can be set up more easily and inexpensively. Furthermore, in the second part, a semi-automated system for multiperspective imaging is presented. The 'DiversityScanner-360°' digitizes insects up to 3 mm and automatically captures images from a user-selected number of perspectives. The insect is pumped into an imaging chamber, and a camera moves around the chamber. In the third part of the dissertation, methods for fully automated imaging and handling are developed. The 'DiversityScanner' combines handling and imaging methods, suitable for fully automated photography and sorting of insects up to a maximum size of 3 mm. The system detects insects spread in ethanol on a Petri dish, marks sortable insects, captures a detailed image, and then individually sorts them into a 96-well microplate using an automated pipette. Additionally, handling tools are examined and compared to automate the sorting of larger insects. The fourth part of the dissertation investigates methods for using the captured images for insect classification. Machine learning models are utilized, and additional morphometric features that can be determined from the images are examined. In summary, this dissertation provides a foundation for automating biodiversity research among insects with cost-efficient and available methods that contribute to closing knowledge gaps and thus making biodiversity protection more effective.