Stadtraumdiagnostik – Ein Methodenansatz zur ganzheitlichen Untersuchung von Stadträumen
Haug, Nina Marie 1,2 1 Fakultät für Architektur (ARCH), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 2 Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft (IESL), Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Abstract:
Öffentliche Räume prägen seit jeher das Erscheinungsbild unserer Städte. Sie bilden die grundlegende Raumstruktur für das öffentliche Leben und sind tief im Wesen der ursprünglichen Europäischen Stadt verankert (Deutscher Städtetag, 2006). In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bedeutung öffentlicher Stadträume jedoch stark gewandelt. Denn durch die massiven strukturellen Eingriffe im Rahmen des autogerechten Stadtumbaus und den steigenden Dichtedruck haben sich öffentliche Stadträume nunmehr zunehmend zu „stressigen“ Räumen entwickelt, denen es aus der menschlichen Wahrnehmung heraus deutlich an Attraktivität und Aufenthaltsqualität mangelt. ... mehr
Mithilfe der Innovation des Emotion Sensings können diese negativen Symptome dichter Stadträume mittlerweile jedoch relativ präzise als Stress-Hotspots identifiziert werden. Daran anknüpfend liegt es nun allerdings in der Verantwortung der Planung, den Ursachen dieser urbanen Stressphänomene auf den Grund zu gehen. Dabei ist es essenziell, die Problemlage aus der menschlichen Wahrnehmung heraus zu betrachten und Faktoren zu identifizieren, die in dichten Stadträumen einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung und Bewegung des Menschen ausüben.
Ausgehend von den nachgewiesenen Stress-Hotspots verfolgt die vorgestellte Methodik der Stadtraumdiagnostik das Ziel, Stadträume ganzheitlich im Hinblick auf Stress auslösende Faktoren zu untersuchen. Mit dieser Methode soll es perspektivisch ermöglicht werden, Einfluss nehmende Stressoren im urbanen Kontext zu identifizieren und frühzeitig in Planungsprozesse einbeziehen zu können. Der erprobte Ansatz macht es sich in diesem Zusammenhang inhaltlich zur Aufgabe, Einflussfaktoren aus unterschiedlichsten Themengebieten gleichermaßen zu berücksichtigen und zu gewichten. Methodisch strebt die Arbeit das Ziel an, die Stressorenanalyse um einen bislang hauptsächlich im Bereich der Stadtplanung bekannten, analogen Werkzeugkasten zu erweitern. Damit werden erstmals sowohl quantitativ messbare „harte“ Faktoren als auch qualitativ beschreibbare „weiche“ Faktoren in einem gemeinsamen Analyseansatz vereint.
Abstract (englisch):
Public spaces have always characterized the appearance of our cities. They form the basic spatial structure for public life and are deeply rooted in the character of the original European city (Deutscher Städtetag, 2006). In recent decades, however, the significance of public urban spaces has changed dramatically. Due to massive structural interventions in the context of car-oriented urban redevelopment and increasing density pressure, public urban spaces in densely populated areas have increasingly developed into ‚stressful‘ spaces that are lacking in attractiveness and quality of life from a human perspective. ... mehr
However, with the help of the innovation of emotion sensing, these negative symptoms of dense urban spaces can now be identified relatively precisely as stress hotspots. Following this, planners are now responsible for determining the causes of these urban stress phenomena. It is essential to look at the problem from the perspective of human perception and identify factors that negatively influence people‘s perception and movement in dense urban spaces.
Building on the identification of stress hotspots, the proposed methodology for urban space diagnostics is designed to take a holistic view of urban spaces with respect to stress-inducing factors. This approach is expected to enable the early identification of influential stressors in the urban context and their integration into planning processes. The framework of this approach is designed to equally consider and balance influencing factors from a wide range of subject areas. Methodologically, the work aims to enhance stressor analysis by incorporating an analogous toolbox that has been predominantly used in the field of urban planning. For the first time, both quantitatively measurable ‚hard‘ factors and qualitatively describable ‚soft‘ factors will be combined in a joint analysis approach.