Abstract:
Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie steigt auch der Bedarf an verlässlichen Vorhersagen auf subsaisonalen Zeitskalen (10–30 Tage im Voraus), um Angebot und Nachfrage auszugleichen, Wartungsarbeiten an der Infrastruktur zu planen sowie Energiespeicherung und -handel zu managen. Vorhersagen von bodennahen Wettervariablen – wie Temperatur, Wind und eingehende Solarstrahlung – liefern nützliche Informationen. Ihre Vorhersagegüte nimmt jedoch aufgrund der chaotischen Natur der Atmosphäre und den fehlerbehafteten numerischen Modellen rasch ab und verschwindet spätestens nach zwei Wochen. ... mehrUm die Vorhersagegüte in den subsaisonalen Bereich zu verlängern, ist eine gewisse räumliche und/oder zeitliche Aggregation der Vorhersageinformationen essenziell. In diesem Zusammenhang bieten Wetterregime – wiederkehrende Muster in der großskaligen atmosphärischen Zirkulation, die über mehrere Tage bis Wochen andauern – einen vielversprechenden Ansatz.
Diese Dissertation hat zum Ziel, nützlichere Vorhersageinformationen für den Energiesektor bereitzustellen. Zu diesem Zweck wird ein neuer Zusammenhang zwischen Wetterregimen und sogenannten „Dunkelflauten“ – energierelevante Extremereignissen, die durch gleichzeitig geringe Wind- und Solarstromerzeugung gekennzeichnet sind – in Deutschland hergestellt. Um diese Regime bei subsaisonalen Vorhersagezeiten besser erfassen zu können, werden kosteneffiziente, datengetriebene Nachbearbeitungsmethoden (post-processing) auf die Vorhersagen von numerischen Wettervorhersagemodellen (NWP) angewendet.
Dunkelflauten stellen insbesondere im Winter eine große Herausforderung für die Energieversorgung dar, da in dieser Jahreszeit der Energiebedarf aufgrund niedriger Temperaturen besonders hoch ist. Die frühzeitige Erkennung kalter Dunkelflauten, die ein Stressszenario für das Energiesystem darstellen, ist daher von großer Bedeutung. Auf Basis der ERA5-Reanalysedaten des europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) für den Zeitraum 1979 bis 2018 werden Dunkelflauten in Deutschland objektiv identifiziert. Da Wetterregime das regionale Wettergeschehen in Europa wesentlich prägen, wird das statistische Auftreten von Dunkelflauten im Zusammenhang mit einer ganzjährigen Sieben-Regime-Klassifikation für den nordatlantisch-europäischen Raum, wie sie von Grams et al. (2017) eingeführt wurde, untersucht. Dunkelflauten treten überwiegend im Winter auf und sind hauptsächlich mit drei antizyklonalen Wetterregimen, sogenannten Blocking-Mustern, assoziiert. Unter diesen sticht das Greenland Blocking (GL) Regime durch seine häufige Verbindung mit extrem kalten Bedingungen hervor. Zudem treten Dunkelflauten typischerweise in der etablierten Phase langlebiger Wetterregime auf. Die Identifikation von GL als Schlüsselregime für kalte Dunkelflauten sowie die Langlebigkeit dieser Regime legt nahe, dass eine verbesserte Regimevorhersage die Früherkennung solcher energiekritischen Ereignisse deutlich verbessern kann.
Bei Vorhersagezeiten von mehr als 12 Tagen übertreffen Regime-basierte Ansätze die Verwendung bodennaher Variablen auf Gitterpunkt-Basis in Bezug auf Vorhersagen landesweit aggregierter Energiekennzahlen wie Stromnachfrage oder Windkraftproduktion. Dennoch bestehen weiterhin Herausforderungen bei der Vorhersage von Wetterregimen auf subsaisonaler Zeitskala. Neben den inhärenten Vorhersagegrenzen durch die chaotische Atmosphäre wirken sich systematische Fehler in NWP-Modellen, etwa Vorhersagefehler (Bias) und Streuungsfehler, zusätzlich negativ auf die probabilistische Vorhersagegüte aus. Diese Arbeit adressiert systematische Fehler durch eine zweistufige Nachbearbeitungsmethode, angewendet auf Re-Vorhersagen des ECMWF für den Zeitraum von 1999 bis 2020. Zunächst wird eine univariate Methode (die Ensemble Model Output Statistics (EMOS)) auf die Vorhersagen der einzelnen Regime angewendet. Anschließend wird mithilfe von der Methode Ensemble Copula Coupling (ECC) die multivariate Abhängigkeitsstruktur zwischen den Wetterregimen wiederhergestellt. Im Vergleich zu herkömmlichen Kalibrierungsverfahren, bei denen das Z500-Feld lediglich um den vorhersagezeitabhängigen mittleren Bias korrigiert wird, verlängert unser Ansatz den Horizont der täglichen Regimevorhersage moderat um einen Tag (von 13,5 auf 14,5 Tage). Die vorgeschlagene Methode lässt sich leicht auf operationelle Regimevorhersagen anwenden und stellt eine praktikable Alternative für eine kosteneffiziente und zeitsparende Nachbearbeitung dar. Nach unserem Kenntnisstand ist unsere Studie die Erste, welche die multivariaten Aspekte der Vorhersagegüte systematisch für Wetterregime analysiert.
Trotz der Verbesserungen durch statistische Nachbearbeitung bleibt die mittlere tägliche Regimevorhersagegüte auf etwa zwei Wochen begrenzt. Um die probabilistische Vorhersagegüte über diesen Zeitraum hinaus zu erweitern, wird ein neuartiges, zeitlich aggregiertes Regimemaß eingeführt – die sogenannte Regimeaktivität – welche die Wahrscheinlichkeit starker Projektionen auf einzelne Regime innerhalb eines Wochenintervalls beschreibt. Aus der Literatur ist bekannt, dass die Madden-Julian-Oszillation (MJO) und der stratosphärische Polarwirbel (SPV) bedeutende Quellen von Vorhersagbarkeit in den mittleren Breiten darstellen. Beide beeinflussen das Auftreten von Wetterregimen, allerdings sind ihre Effekte in der dritten Vorhersagewoche bislang kaum untersucht. Für die GL-Aktivität in Woche 3 zeigen wir, dass bestimmte Phasen der MJO mit Konvektion über dem zentralen Pazifik, der westlichen Hemisphäre und dem zentralen maritimen Kontinent sowie Perioden mit schwachem SPV zum Initialisierungszeitpunkt der Vorhersage sogenannte „windows of opportunity“ darstellen – günstige atmosphärische Bedingungen, die die Vorhersagegüte erhöhen oder die Eintrittswahrscheinlichkeit wirkungsvoller Ereignisse steigern. Aufbauend auf diesem Wissen werden statistisch-dynamische Modelle auf Basis neuronaler Netze trainiert, welche historische atmosphärische Zustände sowie NWP-basierte Regimemaße nutzen. Diese Modelle dienen als wertvolle Entscheidungsunterstützung neben den NWP-Vorhersagen und verbessern die probabilistische Vorhersage der wöchentlichen Regimeaktivität in Woche 3 um bis zu 10% (gemessen am mittleren quadratischen Fehler). Die größten Verbesserungen treten bei Blocking-Regimen über dem europäischen Raum auf, in dem NWP-Modelle tendenziell unterdurchschnittlich performen.
Durch die Verbindung von physikalischem Verständnis, statistischer Korrektur und datengetriebener Modellierung zeigt diese Arbeit Wege zur Verbesserung der Wetterregimevorhersage auf Zeitskalen größer 10 Tage auf und demonstriert deren Mehrwert als Entscheidungsunterstützung bei der Antizipation von Regimekonfigurationen, die für Dunkelflauten prädisponiert sind. Diese Fortschritte können dem Energiesektor erheblich zugutekommen, in dem langfristige Planbarkeit zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Abstract (englisch):
As the share of renewable energy sources such as wind and solar continues to grow, so does the need for reliable subseasonal forecasts (10–30 days ahead) to balance supply and demand, plan infrastructure maintenance, and manage energy storage and trading. Forecasts of surface weather variables – like temperature, wind, and incoming solar radiation – provide useful information. However, their skill quickly deteriorates and vanishes after two weeks at the latest due to the chaotic nature of the atmosphere and imperfect models. To extend forecast skill into the subseasonal range, some degree of spatial and/or temporal aggregation of forecast information is essential. ... mehrIn this context, weather regimes – recurring patterns in the large-scale atmospheric circulation that persist for several days to weeks – offer a promising framework.
This thesis aims to develop more useful forecast information tailored to the needs of the energy sector. To this end, it newly establishes a link between weather regimes and “Dunkelflauten” in Germany – energy-related extreme events characterised by simultaneous low wind and solar power generation. To better predict these regimes at subseasonal lead times, we apply cost-effective, data-driven post-processing techniques to numerical weather prediction (NWP) model outputs.
Dunkelflauten pose a particular challenge for energy supply, especially during winter, when energy demand is high due to low temperatures. Anticipating the occurrence of cold Dunkelflauten, which present a worst-case stress scenario for the energy system, is therefore of high importance. Using ECMWF’s ERA5 reanalysis data from 1979 to 2018, we objectively identify Dunkelflauten in Germany. As weather regimes shape regional surface weather conditions across Europe, we examine the statistical occurrence of Dunkelflauten with respect to a year-round seven weather regime classification over the North Atlantic-European region, as introduced by Grams et al. (2017). Dunkelflauten predominantly occur during winter and are primarily associated with three anticyclonic weather regimes, so-called blocking patterns. Among these, the Greenland Blocking (GL) regime stands out due to its frequent association with extremely cold conditions. Moreover, Dunkelflauten typically occur in the well established phase of longer-lived weather regimes. Identifying GL as the key regime for cold Dunkelflauten and its persistence suggest that improved regime forecasting could enhance the anticipation of such energy-critical events.
At lead times beyond 12 days, regime-based forecasts outperform grid-point-based surface variable forecasts for predicting country-aggregated energy metrics like demand or wind power generation. However, challenges remain when forecasting weather regimes on the subseasonal time scale. Next to the intrinsic predictability limit due to the chaotic nature of the atmosphere, systematic errors in NWP models, such as biases and dispersion errors, further limit the probabilistic forecast skill. This thesis addresses the systematic errors by applying a two-step ensemble post-processing technique to ECMWF reforecasts spanning from 1999 to 2020. First, univariate ensemble model output statistics are applied to forecasts for each weather regime individually. Second, ensemble copula coupling restores the multivariate dependence structure between weather regimes. Compared to current forecast calibration practices, which rely on correcting the Z500 field by the lead-time-dependent mean bias, our approach extends the forecast skill horizon for daily/instantaneous regime forecasts moderately by one day (from 13.5 to 14.5 days). The proposed method can easily be applied to operational weather regime forecasts, offering a neat alternative for cost- and time-efficient post-processing of real-time weather regime forecasts. To our knowledge, our study is the first to evaluate the multivariate aspects of forecast quality systematically for weather regime forecasts.
Despite the improvements through statistical post-processing, average daily regime forecast skill remains limited to about two weeks. To extend the probabilistic forecast skill beyond this period, we introduce a novel, temporally aggregated weather regime metric – the so-called weather regime activity – which captures the probability of strong projections into individual regimes over a one-week period. From literature it is known that the Madden-Julian Oscillation (MJO) and the stratospheric polar vortex (SPV) are prominent sources of predictability in the Extratropics. They modulate the occurrence of weather regimes, though their effects into forecast week 3 remain under-explored. We show that for GL activity in forecast week 3, phases of the MJO with convection over the central Pacific, Western Hemisphere, and central Maritime Continent, along with periods of weak SPV conditions at initialisation time identify as windows of opportunity – favourable atmospheric conditions that enhance forecast skill or increase the likelihood of impactful events. Utilising this knowledge, statistical-dynamical models using neural networks are trained on historical atmospheric states and NWP-derived regime metrics. These models serve as valuable decision-support tools alongside NWP forecasts, improving probabilistic forecasts of weekly regime activity in week 3 by up to 10%, as measured by the mean squared error. The largest improvements are found for blocking regimes over the European domain, where NWP models tend to underperform.
By bridging physical understanding, statistical correction, and data-driven modelling, this thesis outlines pathways to enhance weather regime forecasts at subseasonal lead times and demonstrates their value as decision-support tool for anticipating regime configurations prone to Dunkelflauten. These advancements can greatly benefit the energy sector, where long-term foresight is of growing importance.