Abstract:
Das Pierre Auger Observatorium, das darauf ausgelegt ist hochenergetische kosmische Strahlen zu untersuchen, ist das größte und präziseste Observatorium seiner Art. Es ist seit über einem Jahrzehnt vollständig in Betrieb und wird derzeit um das AugerPrime Upgrade erweitert, um die Trennung zwischen den elektromagnetischen und myonischen Komponenten der Luftschauer, die durch kosmische Strahlen erzeugt werden, zu verbessern. Der Untergrund Myonen Detektor spielt eine entscheidende Rolle in AugerPrime, da er eine direkte Messung der myonischen Komponente ermöglicht – eine empfindliche Schlüssel-Observable zur Bestimmung der Masse der kosmischen Strahlen. ... mehrDie Identifizierung der Massen der eintreffenden kosmischen Strahlen könnte uns helfen, die Geheimnisse über ihren Ursprung zu lösen. Darüber hinaus sind ultra-hochenergetische kosmische Strahlen von besonderem Interesse, um die Teilchenphysik jenseits der Energie-Skalen moderner Teilchenbeschleuniger zu untersuchen. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die aktuellen Luftschauer-Simulationen den Myoneninhalt, der in den Daten beobachtet wird, nicht reproduzieren können. Während die Myonenmessungen bis etwa $1{\times}10^{16}$ eV mit den Simulationen übereinzustimmen scheinen, wird bei höheren Energien ein wachsender Myonen-Defizit in den Simulationen beobachtet, was unser Verständnis der hadronischen Wechselwirkungen bei höchsten Energien in Frage stellt.
Der Untergrund Myonen Detektor ist mit Szintillationsmodulen ausgestattet, die in 2,3 m Tiefe vergraben sind, und bietet zwei komplementäre Methoden zur Schätzung von Muonen: den Binärmodus für niedrige Teilchendichten und den ADC-Modus für hohe Teilchendichten. Diese Dissertation konzentriert sich auf den ADC-Modus, sowie seine Kalibrierung und Rekonstruktionstechniken, um hohe Myonendichten in der Nähe des Einschlagpunkts des Schauerkerns genau zu messen und folglich den Myoneninhalt in Luftschauern zu bestimmen. Um die Datenrekonstruktion zu verbessern, wurde ein neuer Algorithmus zur Schätzung des Signals entwickelt. Mit einem besseren Verständnis der vom Detektor gemessenen Signale überarbeiten wir die bestehende Kalibrierung. Obwohl die Methode zur Schätzung der von einzelnen atmosphärischen Myonen hinterlassenen Ladung entwickelt wurde, führt diese Methode aufgrund der angeforderten Triggerbedingungen zu einem Bias zugunsten von geneigten, hochenergetischen Myonen, was einen signifikanten Bias in der Myonenrekonstruktion erzeugt.
Darüber hinaus zeigen wir, dass die Kalibrierung von unterirdischen Detektoren eine sorgfältige Berücksichtigung der Wechselwirkungen durchdringender Teilchen durch Materie erfordert. Da der ADC-Modus auf dem Signal basiert, das durch die Energie bestimmt wird, die von Myonen in den Plastikszintillatoren abgegeben wird, untersuchen wir den Einfluss der Energiedeposition durch andere Schauerteilchen. Insbesondere zeigen wir, dass Delta (Knock-on)-Elektronen, die im umgebenden Boden entstehen während die Myonen das Medium durchqueren, die Messungen der Ladung erheblich beeinflussen. Um dies zu korrigieren, wird eine neue Kalibrierung vorgeschlagen, die einen unbeeinflussten Myonen-Schätzer sicherstellt und auf Daten angewendet wird, die einen Zeitraum von sechs Jahren abdecken.
Nach einer erheblichen Verbesserung der Myonenrekonstruktion für hohe Teilchendichten entwickeln wir eine kombinierte Likelihood-Methode, die sowohl den Binär- als auch den ADC-Erfassungsmodus integriert, um die Laterale-Verteilungsfunktion von Myonen zu rekonstruieren. Diese Methode wird durch vollständige Detektorsimulationen validiert. Schließlich präsentieren wir die erste Messung des Myoneninhalts in ausgedehnten Luftschauern, die von kosmischen Strahlen mit Energien zwischen $2{\times}10^{17}$ eV und $1{\times}10^{19}$ eV erzeugt wurden, unter Verwendung der Informationen des ADC-Modus. Um die Massenkomposition zu interpretieren, wurden spezielle Luftschauer-Simulationen mit Protonen- und Eisen-Primärteilchen über den gesamten Energiebereich durchgeführt, da die Zusammensetzung nur durch Vergleich mit Simulationen abgeleitet werden kann. Unsere Analyse bestätigt, dass die Daten ein wachsendes Myonen-Defizit in den Luftschauer-Simulationen bei steigender Energie zeigen, was mit den Ergebnissen anderer Experimente übereinstimmt. Diese Ergebnisse liefern einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Modelle für hadronische Wechselwirkungen bei hohen Energien, die zu besseren Analysen der Massenkomposition und letztlich zu einem tieferen Verständnis des Ursprungs der kosmischen Strahlen führen könnten.
Abstract (englisch):
Designed to study the highest-energy cosmic rays, the Pierre Auger Observatory is the largest and most precise observatory of its kind. Fully operational for over a decade, it is currently undergoing an upgrade, AugerPrime, to enhance the separation between the electromagnetic and muonic components of air showers produced by cosmic rays. The Underground Muon Detector plays a crucial role in AugerPrime, as it enables a direct measurement of the muonic component—a key sensitive observable for determining cosmic-ray mass composition. Identifying the masses of the incoming cosmic rays could help us solve the mysteries regarding their origin. ... mehrAdditionally, ultra-high-energy cosmic rays are of particular interest to probe particle physics beyond the energy scales of modern colliders. Nevertheless, it is well established that current air-shower simulations fail to reproduce the muon content observed in data. While muon measurements seem to be consistent with simulations up to about $1{\times}10^{16}$ eV, a growing muon deficit in the simulations is observed at higher energies, challenging therefore our understanding of the hadronic interactions at the highest energies.
The Underground Muon Detector is equipped with scintillation modules buried at 2.3 m, providing two complementary methods for muon estimation: binary mode for low particle densities and ADC mode for high particle densities. This thesis focuses on the ADC mode, its calibration, and reconstruction techniques to accurately measure high muon densities close to the shower core impact point and, consequently, determine the muon content in air showers. To enhance data reconstruction, a new algorithm for signal charge estimation is developed. With a better understanding of the signals measured by the detector, we revise the existing calibration strategy. While designed to estimate the charge deposited by individual atmospheric muons, this method introduces a bias favouring inclined, high-energy muons due to the trigger condition requested, which generates a significant bias in muon reconstruction. Additionally, we show that calibrating underground detectors requires careful consideration of the interactions of penetrating particles through matter. Since the ADC mode relies on the charge of the signal determined by the energy deposited by muons in the plastic scintillators, we examine the impact of energy deposition by other shower particles. In particular, we show that delta (knock-on) electrons produced in the surrounding ground as muons traverse the medium significantly affects the charge measurements. To correct for this, a new calibration strategy is proposed that ensures an unbiased muon estimator, applying it to data covering a six-year period.
After significantly improving the muon reconstruction for high particle densities, we develop a combined likelihood method that integrates both binary and ADC acquisition modes to reconstruct the Muon Lateral Distribution Function. This method is validated through full-detector simulations. Finally, we present the first measurement of the muon content in extensive air showers, produced by cosmic rays of energies between $2{\times}10^{17}$ eV and $1{\times}10^{19}$ eV, obtained using the information of the ADC mode. To interpret the mass composition, dedicated air shower simulations with proton and iron primaries were performed across the full energy range, as composition can only be inferred through comparison with simulations. Our analysis confirms that data reveals a growing muon deficit in air-shower simulations when increasing energy, aligning with findings from other experiments. These results provide a valuable input for improving the high-energy hadronic interaction models that could lead to better mass composition analyses and, ultimately, a deeper understanding of the origin of cosmic rays.