Kurzfassung
Städtische Wasserversorgungssysteme stellen einen komplexen
Bestandteil der technischen Infrastruktur dar. In den
vergangenen Jahrzehnten fand, bedingt durch die Verbreitung
immer leistungsfähigerer Rechenanlagen, eine rasante Entwicklung
unterschiedlicher mathematischer Modelle auf dem Gebiet der
Systemanalyse städtischer Druckrohrnetze statt. Die
Haupteinsatzbereiche können grob in Entwurf kostenoptimaler
Netze bei Neuplanung und Erweiterung, Simulation des täglichen
Betriebs und Kalibrierung der mathematischen Abbildung
eingeteilt werden. Dabei lassen sich keine klaren Abgrenzungen
vornehmen, besonders Methoden der beiden zuletzt genannten gehen
teilweise nahtlos ineinander über. Im Rahmen dieser Arbeit steht
die Simulation
des stationären Fließzustandes im Mittelpunkt der Betrachtung.
Beschleunigungseffekte sind wegen der geringen
Fließgeschwindigkeit in städtischen Wasserversorgungssystemen zu
vernachlässigen, 'dynamische' Berechnungen (Simulation des
zeitabhängigen Betriebs) finden als Sequenz einzelner
stationärer Simulationsrechnungen statt.
Reale Wasserversorgungsnetze beinhalten eine Vielzahl
... mehr
unterschiedlicher Armaturen, die der Kontrolle und Steuerung
dienen. Ihr Einsatz reicht von Rehabilitation defekter Netzteile
über den energiesparenden Betrieb der Anlagen und Minimierung von
Leckageverlusten bis zur optimierten Datenerhebung in
Messkampagnen zur Mängelidentifikation und Kalibrierung. Mit
Bezug auf die Durchführung stationärer Simulationsrechnungen
lässt sich das hydraulische Verhalten der Anlagen drei Gruppen
zuordnen:
i) Hydraulisches Verhalten und Betriebszustand vor Simulation
bekannt,
ii) hydraulisches Verhalten bekannt, Betriebszustand vor
Simulation unbekannt,
iii) Betriebszustand und hydraulisches Verhalten vor Simulation
unbekannt (Anlagen mit Rückkoppelung).
Es werden, zunächst ohne Berücksichtigung der oben genannten
Kontrollarmaturen, die zur Beschreibung des stationären
Fließzustandes notwendigen Gleichgewichtsbedingungen angegeben
(synthetische Methode). Danach wird eine alternative
Vorgehensweise, deren Ziel die Herleitung eines äquivalenten
mathematischen Modells, das zweckmäßig die Form einer
Optimierungsaufgabe besitzt, besprochen (analytische Methode).
Der Vorteil der zweiten Variante liegt in der Möglichkeit,
Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen treffen zu können, des
Weiteren sind Sensitivitätssätze und Algorithmen aus der
Optimierung auf das Problem anwendbar. Das entwickelte Modell
besitzt die Gestalt einer konvexen, nichtlinearen
Minimierungsaufgabe ohne Nebenbedingungen (Minimierung des
System-'Content'). Es gibt den Stand der mathematischen
Entwicklungen auf dem Gebiet der analytischen Methoden in der
stationären Flussberechnung von vermaschten Druckrohrnetzen
wieder und gestattet die Berücksichtigung von Behältern,
Drosselklappen und Pumpen mit gegebener Formulierung des
hydraulischen Verhaltens.
Im nächsten Schritt werden Kontrollarmaturen nach Punkt i) und
ii) eingeführt. Als Konsequenz kommen lineare Gleichungs- und
Ungleichungsnebenbedingungen hinzu.
Die mathematische Umgebung des Aufgabengebietes werden definiert
und allgemeine Bedingungen an die hydraulischen Beziehungen der
Systemelemente formuliert, welche hinreichend für die Konvexität
der Aufgabe sind. Diese Erweiterung des mathematischen Modells
gestattet die Berücksichtigung von Durchflusskontrollschiebern,
Rückflussverhinderungsventilen, zeitweise geschlossenen
Schiebern, aber auch die realistische Simulation
unterschiedlicher Systemmängel wie druckabhängige Leckagen und
unzureichende Versorgung. Die Anwendung von Sensitivitätssätzen
der Nichtlinearen Programmierung liefert Aussagen über die
Änderung der Systemvariablen infolge von Parameteränderungen.
In realen Versorgungssystemen finden zusätzlich Armaturen nach
Typ iii) Anwendung, deren hydraulisches Verhalten über
Rückkoppelung zwischen Steuerparameter und Systemvariable - in
der vorliegenden Anwendung über den Druck an gegebener Stelle im
Netz - bestimmt ist. Bisher war kein geschlossenes
mathematisches Modell bekannt, welches die Berücksichtigung
dieser Anlagen gestattete. Ein rigoroser Beweis der
Eindeutigkeit von Systemzuständen stand aus. Unter diese
Kategorie fallen z.B. Druckminderungsventile (PRVs), die
selbsttätig (ohne Fremdenergie) den Prozess über eine
Sollwertfeder regeln. Das Gleichgewicht, das sich zwischen der
Feder und dem Wasserdruck einstellt, wird hier als
Minimierungsproblem eines hydrostatischen Potenzials formuliert.
Insgesamt ist der stationäre Punkt durch die Lösungen der sich
gegenseitig
beeinflussenden Minimierungsprobleme des hydrostatischen
Potenzials und des System-'Content' beschrieben. Im Rahmen
dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, das sogenannte
Nash-Konzept der Spieltheorie auf ein technisches Problem
anzuwenden.
Notwendige und hinreichende Bedingungen für die Eindeutigkeit
eines Gleichgewichts werden gegeben. Die Eindeutigkeit der
Lösung ermöglicht Aussagen über Parametersensitivitäten
entsprechend denen der Nichtlinearen Optimierung.
Schließlich werden Beispiele für Anwendungsmöglichkeiten des
entwickelten Modells gegeben und der Einsatz innerhalb des
Kalibrierungsprozesses zur Modelleichung oder Mängelanalyse
skizziert.
Abstract
Water supply networks represent an important part of the urban
technical infrastructure. As a consequence of the capacity
increase of personal computers over the last decades, also
research and development of water supply network systems
analysis was enhanced. This refers, in particular, to specific
areas such as Network design optimization including
rehabilitation and extension, Simulation of the daily operation
and Calibration of simulation models. A distinct separation of
those subject areas is difficult to define, especially, the two
last mentioned subjects are related and intertwine.
This study is to focus upon the simulation of the steady state
in reticulate water supply networks. Non-steady state hydraulics
are not considered due to the existing low velocities in water
supply networks. Time extended analysis is taken into account
by assuming a sequence of steady state approximations.
In reality, water supply networks contain a multitude of control
devices. The objectives of their application vary from
supporting rehabilitation of deficient network components,
working towards energy-saving, helping with leak detection and
control, data
collection, allocation of gauging points for model calibration,
etc. Three categories may be identified as to the hydraulics of
those control devices:
i) hydraulics and operating state are known prior to simulation
ii) hydraulics are known, operating state is unknown prior to
simulation
iii) hydraulics and operating state are unknown prior to
simulation (feedback devices).
In this study, first, without referring to specific devices, the
equilibrium conditions of the steady state are described for a
reticulate system (synthesis approach). Second, an alternative
approach is discussed representing an equivalent mathematical
model formulated as an optimization problem (analysis approach).
This second approach offers the advantage to answering questions
as to the existence and uniqueness of the hydraulic equilibrium.
Also, available optimization algorithms can be applied,
sensitivity analyses can be conducted. The resulting model turns
out to be a convex nonlinear minimization problem without
constraints (minimization of the 'system-content'). It
reflects the state of the art of analytical methods with respect
to the definition of sufficient and necessary conditions of the
hydraulic equilibrium of reticulate pipe networks, allowing to
include control devices like tanks, throttle control valves and
pumps with known hydraulics.
The subsequent step of this study is devoted to including
control devices of type i) and ii). Thus, linear equality and
inequality constraints are added to the model, and the concept
of sub-gradients is introduced. The resulting mathematical
framework of the problem is analyzed yielding, again, general
necessary and sufficient conditions required to define convexity
of the problem. This extension of the model allows to account
for control valves, check valves, temporary closed valves.
Simulation of certain system's deficiencies, e.g. of pressure
dependent leakage and intermittend supply, is made possible.
Sensitivity analyses via Parametric Nonlinear Programming can be
employed to assess the impact of parameter changes upon systems
variables.
The final section of the study treats devices of type iii) whose
hydraulic behaviour is characterised by a feedback between
control parameters and systems variables, the latter being,
e.g., the pressure at given points of the network. So far, a
mathematical approach was not available to include these
devices. A rigorous proof of the uniqueness of resulting system
states had not been derived. An example of this category are
pressure reducing valves (PRVs) operated 'self-acting' by a
set-value spring. It is shown that the equilibrium between
spring force and water pressure can be formulated as a
minimzation problem of a hydrostatic potential. The equilibrium
point is reached by
solving mutually interacting minimization problems of the
hydrostatic potential and the 'system-content'. The approach
applies the so called Nash-concept of Game Theory to a technical
system. This way, again, necessary and suÆcient conditions for
uniqueness of the hydraulic equilibrium are determined. The
model also delivers parameter sensitivities as a result of
uniqueness of the Nash-equilibrium according methods of
Parametric Nonlinear Programming.
Examples of model application are presented, eventually, and
special reference is given to the model's capacity in the realm
of network deciency analysis and network calibration.