Abstract:
Die Defossilisierung und die Reduzierung der CO2-Emissionen durch Gesellschaft und die Industrie sind dringliche Themen unserer Zeit. Es ist allgemein anerkannt, dass CO2 als Treibhausgas das Klima beeinflusst und der Mensch den Klimawandel durch einen hohen CO2-Ausstoß verstärkt. Die Umwelt muss mit geschützt werden, um die Grundlage für das Leben, wie wir es kennen, zu erhalten. Aktuell finden große Bemühungen statt, erneuerbare Energien als Primärenergie der Zukunft zu fördern. Dies geschieht durch die Nutzung von Wind-, Sonnen- und Wasserkraft, sowie Biomasse. Aus diesem Ansatz sind eine Vielzahl neuer Anwendungen und Technologien entstanden. ... mehrWir stehen vor einer Neuorientierung im Energiesektor, wodurch viele Herausforderungen entstehen und überwunden werden müssen. Einer der Sektoren mit der geringsten Veränderung ist der Verkehrssektor, welcher bis heute größtenteils auf fossile Brennstoffe und Rohstoffe zurück greift. Elektromobilität und erneuerbare Kraftstoffe sind wichtige Säulen für die Bewältigung der Energiewende. Synthetische Kraftstoffe besitzen dabei jegliche Vorteile fossiler Brennstoffe, zusammen mit der Eigenschaft der Klimaneutralität. Durch ihre hohe Energiedichte sind sie unverzichtbar in bestimmten Bereichen der Mobilität.
Synthetische Kraftstoffe mit hoher volumetrischer Energiedichte können in chemischen Anlagen produziert werden. Um die Eignung modernster Reaktortechnik für den großflächigen Einsatz dynamisch ausgelegter, erneuerbarer Umwandlungsprozesse zu untersuchen, wird in dieser Arbeit ein Ansatz zur Intensivierung des katalytischen Prozesses beleuchtet.
Konkret wird die Fischer-Tropsch-Reaktion in mikrostrukturierten Festbettreaktoren untersucht, die der modularen, dezentralen Sektorkopplung neue Ansätze bieten. Prozessintensivierung ist ein Schlüssel zu höchster Effizienz, die sich als signifikant für die Prozessökonomie erweist. Eine Modularität des Reaktorsystems ermöglicht die Handhabung unterschiedlichster Anwendungen und Integration in unterschiedliche Leistungsstufen. Die dynamische chemische Synthese ist aufgrund der geringen Relevanz für industrielle Prozesse nur wenig untersucht. In etablierten Reaktionen wird befürchtet, dass schnell ändernde Prozessströme und Parameter unvorhersehbare Auswirkungen auf den eingesetzten Katalysator haben könnten. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Anteils schwankender Primärenergie aus Windkraft- und Solaranlagen ist eine konstante Versorgung mit Feed nur mit lokalen Energiespeichern möglich. Für dezentrale Anlagennetzwerke könnten diese in Form von Batterien oder Gastanks realisiert werden. Speicher stellen allerdings einen beachtlichen Kostenfaktor dar. Somit wird eine intelligente und dynamische Prozesssteuerung dazu beitragen, Speicher, und damit Kosten, deutlich zu reduzieren. Mikrostrukturierte Reaktoren eignen sich aufgrund der geringen Abmessungen des Reaktionsraums und exzellenter Wärmeübertragungseigenschaften, hervorragend für schnelle Prozessänderungen.
Zwei unterschiedliche Systemgrößen für mikrostrukturierte Fischer-Tropsch-Festbettreaktoren wurden verglichen, um die Effektivität eines Reaktor-Scale-Ups von etwa 100 mL Flüssigprodukt pro Tag auf etwa 6 L zu bewerten. Der Fokus lag hierbei auf der Verwendung eines Cobalt-Katalysators für die Niedertemperatur-Fischer-Tropsch-Synthese.
Das skalierte System hatte aufgrund des geringen Einflusses von Wärmeverlusten und der Nutzung von Verdampfungskühlung in den Mikrostrukturen deutlich effizientere Möglichkeiten, Systemparameter zu steuern. Beide Systeme wurden auf ihre Vielseitigkeit gegenüber unterschiedlicher Prozessparametern getestet. Die durchgeführten Experimente umfassten biomassetypische Syntheseeigenschaften wie eine hohe Verdünnung und ein niedriges Synthesegasverhältnis. Beide Reaktoren zeigten trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen zufriedenstellende Ergebnisse und der jeweilige Einfluss verschiedener Prozessparameter konnte bewertet werden. Das skalierte System zeigte vielversprechende Eigenschaften für zukünige Anwendungen aufgrund größerer Möglichkeiten in der Prozesssteuerung.
Aus diesem Grund wurde nur das skalierte System für die Untersuchungen dynamischer Prozessführung verwendet. Die Totzeiten des Versuchsstandes mussten vor der Durchführung periodischer Änderungen ermittelt werden. Dynamische Feedgas- und Temperaturmanipulation wurde angewendet, wobei die oben erwähnten Vorteile des Scale-Ups genutzt wurden. Schwankungen im Feedgas wurden durch eine drastische Variation des Synthesegasverhältnisses in 30 min und 8 min-Zyklen durchgeführt, ohne Nachteile oder Einbußen in der Syntheseleistung festzustellen. Die Temperaturmanipulation wurde in 5-Minuten-Schritten getestet. Die Ergebnisse sprechen für die Eignung der Reaktortechnologie in dynamischen Anwendungen.Die Systemgrenzen wurden noch intensiver untersucht. Erkenntnisse zur höchstmöglichen Lastflexibilität wurden durch die Verwendung eines Leistungsprofils für ein 10 kW Photovoltaikmodul und einem simulierten Elektrolyseur gewonnen. Errechnet wurde ein hochdynamischer Wasserstoffstrom: die im Laufe eines Tages gewonnene elektrische Energie wurde als instantan durch Wasser-Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt angenommen und entsprechend dem Tagesprofil der Syntheseeinheit zugeführt. Es wurden unterschiedliche Annahmen für die Kohlenstoffquelle getroffen, was zu zwei verschiedenen Hauptexperimenten führte. Beide wurden entwickelt, um die Grenzen des Systems zu ermitteln. So wurden im einminütigen Bereich das Synthesegasverhältnis oder die Feedmenge variiert. In einem abschließenden Experiment wurde zusätzlich eine manuelle Temperaturregelung hinzugefügt, um den Kohlenstoffmonoxidumsatz trotz Änderungen der Verweilzeit des Synthesegases oder das Synthesegasverhältnis zu steuern. Die Schlussfolgerung aus allen Experimenten war, dass der getesteten Zeitskala keine Limitierungen durch das System erkennbar waren. Technische Einschränkungen erlaubten es nicht, Zyklen auf unter eine Minute zu verkürzen.
Systemmodellierung kann den experimentellen Aufwand reduzieren und die Produkteigenschaften und -ausbeuten vorhersagen. Insbesondere bei volatilen Energieflüssen sollte die Simulationsumgebung so genau wie möglich sein. In diesem Zusammenhang wurde in MATLAB ein Multiskalenmodell zur Beschreibung relevanter Prozesse in der vorhandenen Anlage entwickelt. Ein Untermodell zur Verweilzeitverteilung beschrieb das Strömungs- und Mischverhalten für die gesamte Anlage, um die zeitabhängige Produktivität zu berechnen.
Ein Programm zur Berechnung des Dampf-Flüssigkeit-Gleichgewichts bestimmte den Zustand der Produktfraktionen in den jeweiligen Kondensatoren. Ein Kinetikfit wurde entwickelt und für das bestehende System validiert. Zusammengenommen sind die drei Untermodelle in der Lage, zeitaufgelöste Produkt- und Systemeigenschaften, basierend auf wenigen Eingangsparametern, vorherzusagen.
Um einen Blick in den Reaktor als „katalytische Blackbox“ zu werfen, helfen spektroskopische Methoden, um Veränderungen am Katalysator während der Reaktion zu untersuchen.
Der Einsatz von Hochleistungskatalysatoren verbessert die intensivierten Prozesse in mikrostrukturierten Reaktoren noch weiter. Daher ist es wichtig, unterschiedlichste Vorgänge auf der Katalysatoroberfläche zu untersuchen und verstehen. Während eines mehr als 300-stündigen Experiments in der CAT-ACT-Beamline am KIT-Synchrotron wurde das Einlaufverhalten des Katalysators durch in situ Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) und Röntgendiffraktion (XRD) in einer neuartigen Reaktionszelle ausgewertet, die zu experimentellen Bedingungen fähig ist, welche normalerweise in der Fischer-Tropsch-Synthese zu finden sind. Parallele Online-Produktmessungen ermöglichten ein operando-Setup. Während der Reaktion konnte eine leichte Carbidisierung des aktiven Cobalts beobachtet werden. Die
Wachsablagerung hatte einen determinierenden Einfluss auf den Verlust von Katalysatoraktivität im beobachteten Zeitraum. Nach der Einlaufphase führte ein simulierter Wasserstoff-Dropout zur weiteren Bildung von Kobaltcarbiden und ungeordneten Graphiten auf der Katalysatoroberfläche, aber nicht zu Oxidation. Eine ex situ ausgeführte temperaturprogrammierte Hydrierung (TPH) und Oxidierung (TPO) deutete auf die Möglichkeit eines Regenerationsverfahren hin, das sowohl Oxidation als auch Reduktion beinhaltet.
Die Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Kapiteln dieser Arbeit zeigen letztlich das Potenzial der Mikroverfahrenstechnik in Bezug auf dezentrale Anwendungen. Eine Vielzahl kleinerer Anlagen könnten zur Produktion nennenswerter Mengen erneuerbarer Krastoffe
beitragen, solange eine geeignete Kohlenstoffquelle lokal verfügbar ist. Dies kann sich positiv auf die Produktionsmenge und den Verbrauch fossiler Ressourcen auswirken und damit die Emissionen des Mobilitätssektors senken.
Abstract (englisch):
Defossilization and the reduction of CO2 emissions from anthropogenic actions are some
of the big topics of this century. Being the largest contributor to the greenhouse effect, CO2
emissions influence the global the carbon balance and thus the climate that makes this
planet habitable. Renewable energy sources such as wind, solar and water power, as well
as biomass, only play a secondary role in energy production. This needs to change in order
to build up a sustainable energy system. A myriad of new applications and technologies
emerged from that incentive. One of the most debated sectors is transportation and mobility which still relies mostly on fossil fuels and feedstock. ... mehrThe general consensus on new
approaches to address this issue is the implementation of e-mobility and renewable fuels.
The latter relies on chemical and process engineers to develop and produce synthetic alternatives to fossil refinery products. Those combine all advantages of traditional fuels with
the property of carbon neutrality.
Significant technologyreadiness levels are reached for synthetic fuel production. Public acceptance of those fuels relies on an affordable price per energy unit, which in turn requires
a high production efficiency. Process intensification is key to the highest possible efficiency
to impact process economics. In this regard, microstructured reactors show outstanding reaction properties, especially for exothermic reactions that usually prove to be challenging.
The system size of those reactors iswell-suited for different scales of energy to be converted.
The system intensification and the modularity makes those reactors important for decentralized plant-scales. Sector coupling will allow the well distributed processing of energy
flows in the near future. Moreover, the system size allows a fast and safe change of process
parameters. Dynamic synthesis has yet to find its way into industrial processes. Quickly
changing process streams and parameters are feared to bring unpredictable effects to the
catalyst and the reactor in use.
In the context of an increasing share of fluctuating primary energy coming from wind and
solar plants, a constant supply of feed in the process is only possible by local energy storage.
For standalone plant networks, this can be realized in the form of batteries or gas tanks.
The amount of mass-related energy density of a battery is significantly smaller than the
density of compressed hydrogen. For that reason, gas storage will play an important role as buffer in synthesis processes. Since gas tanks are costly, an intelligent process control will
contribute to reduce storage size significantly. In this regard, microstructured reactors are
remarkably suited for fast process changes due to small internal dimensions and effective
means to extract heat from or add heat to the system, for instance.
This work is devoted to shed light on different approaches to intensify catalytic processes in
the field of renewable fuels with a high volumetric energy density. The Fischer-Tropsch reaction is investigated in microstructured fixed-bed reactors. These systems show exceptional
reaction properties that intensify processes which makes them applicable in decentralized
plants.
Two different system sizes of microstructured fixed-bed reactors for the Fischer-Tropsch
synthesis were compared to evaluate the effectivity of a reactor scale-up. Both systems
were tested on their versatility towards a range of different process parameters. The feedstock for the experiments comprised biomass-typical syngas with a high dilution and low
syngas ratio. Both systems showed good catalytic performance despite challenging reaction parameters, resulting in 44 - 62 % of CO conversion. The respective influence of different process parameters was evaluated. The upscaled system had significantly more effective options to control the system parameters due to less important heat losses and the
addition of evaporation cooling in the microstructured system.
Consequently, the larger system was used for dynamic synthesis. System dead times were
determined prior to conducting periodic changes. Parameter changes were applied as dynamic feed gas supply and temperature manipulation, using the advantages of the scaledup system. It was designed to produce up to 7 L of condensable product per day. Feed
gas oscillation was performed by changing the syngas ratio in 30 and 8 minute cycles, respectively, without any disadvantages or decrease in synthesis performance. Temperature
manipulation was carried out in 5 min-steps, by means of pressure ramping in the cooling
water cycle. The results showed promising capability for dynamic applications.
Operational limitations needed to be determined. Insight about the highest possible load
flexibility were found by using fluctuating input data derived from a 10 kW photovoltaic
panel and a simulated electrolyzer. The setup resulted in a highly dynamic hydrogen flow
that was fed to the system. It was assumed that all the electricity from the panel was con-verted instantaneously and given to the synthesis unit over the course of a day. Different
assumptions for the carbon source were made, leading to two different experimental cases.
Both were designed to put the system to its limits by either a high fluctuation in syngas ratio or residence time changes in the one minute-range. In a final experiment, temperature
control was additionally added to control carbon monoxide conversion despite changes in
syngas residence time and/ or syngas ratio. No limitation by the system could be determined for the applied time scale. The system was flexible and stable. Technical limitations
did not allow to further shorten feed gas changes below one minute.
System modeling can reduce experimental effort, as well as forecast product characteristics
and yields. Especially with volatile flows, the simulation environment should be as accurate as possible to describe the system at hand. In this context, a multi-level model for the
description of relevant processes inside the test rig was developed. A residence time distribution sub-routine described flow and mixing behavior for the whole test rig in order to
calculate time-dependand productivity. A program for vapor-liquid equilibrium calculation
decided the state of the product fractions in each respective product condenser. A microkinetic model was developed and validated for the present system. Together, those three
subroutines were capable of predicting time-resolved product and system characteristics
only based on a few input parameters.
In order to have a look into the "catalytic black box", spectroscopic methods help to elaborate on changes happening on the catalyst’s surface during reaction. The use of highperformance catalysts further improves intensified processes in microstructured reactors.
Thus it is important to understand different reaction phenomena. During an experiment
in the CAT-ACT beamline at the KIT synchrotron with time on stream for over 300 h, catalyst initiation phase was evaluated by in situ X-ray absorption spectroscopy (XAS) and X-ray
diffraction (XRD) techniques. Experiments were carried out in a novel reaction cell suited
for experimental conditions usually found in Fischer-Tropsch synthesis. Concurrent online
product measurements made an operando setup possible. During reaction, a slight carburization of the active cobalt was observed. Wax fouling had a by far more pronounced influence on catalyst activity. After initiation phase, a forced hydrogen dropout caused further
formation of cobalt carbides and poorly ordered graphites on the catalyst surface but no
oxidation. An ex situ temperature-programmed hydrogenation and oxidation (TPH/TPO)analysis suggested a regeneration procedure applying both an oxidation and a reduction sequence.
The insight obtained by the different chapters of this work ultimately shows the potential
this technology holds in respect to decentralized applications. Small- to medium-scale
plants could contribute to the production of renewable fuels wherever a suitable carbon
source is available. This will result in a positive impact on the production and consumption
of fossil fuels and thus lower CO2 emissions from the mobility sector.