Seit gut zehn Jahren werden mit dem Begriff »Synthetische Biologie« (kurz Synbio) Forschungsvorhaben, Methoden und Verfahren zu einem »Umbau« natürlicher Organismen bezeichnet, der weiter geht, als es bislang mithilfe der Gentechnik möglich war. Perspektivisch wird die Schaffung (komplett) künstlicher »biologischer« Systeme (Synbio i.e.S.) anvisiert, deren praktische Nutzung allerdings noch in weiter Ferne liegt und daher in den kommenden Jahren wenig gesellschaftliche und politische Relevanz entfalten dürfte. Ganz anders ist dies bei der Synbio i.w.S. – verstanden als nächste Stufe der Bio- bzw. Gentechnologie, wozu insbesondere auch die in jüngster Zeit entwickelten Methoden des sogenannten Genome Editing (u.a. CRISPR/Cas) gehören. Durch die zunehmend einfachen und schnelleren Möglichkeiten der gezielten molekularbiologischen Veränderung bekannter Organismen ist in den nächsten Jahren mit einer großen Zahl von Anwendungen bei Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren zu rechnen.
Für den Schwerpunkt des TAB-Briefs wurden sowohl Rüdiger Trojok, selbst Do-It-Yourself-Biologe und Mitarbeiter des ITAS im Rahmen des EU-Projekts »SYNENERGENE« zur öffentlichen Debatte bzw. ... mehrverantwortlichen Weiterentwicklung der Synbio als auch Leonhard Hennen, der sich als früherer TAB-Mitarbeiter in den letzten Jahren intensiv mit Fragen von Partizipation und Citizen Science beschäftigt hat, gebeten, einen eher subjektiven Blick auf das Thema DIY-Biologie zu werfen. Herausgekommen sind dabei eine Glosse (von R. Trojok) über die Erfahrungen eines »Wanderers« zwischen der autonomen DIY- und der verwalteten akademischen Welt sowie ein Kommentar (von L. Hennen) über »einige Ungereimtheiten in Selbstverständnis und Außendarstellung« der DIY-Bioszene.
Die drei anderen Schwerpunktbeiträge widmen sich in eher gewohnter Weise drei Teilaspekten des Themas Synbio, die auch im TAB-Arbeitsbericht Nr. 164 ausführlich behandelt werden.
Harald König und Daniel Frank (beide ITAS) beschäftigen sich mit den Anwendungspotenzialen und -perspektiven und gehen der Frage nach, was eigentlich geschehen muss, damit aus wissenschaftlicher Entdeckung und Entwicklung tatsächlich praxistaugliche und relevante Anwendung wird. Dabei arbeiten sie heraus, dass eine Prognose des künftigen Erfolgs eines wissenschaftlich-technischen Verfahrens in einem frühen Stadium kaum möglich ist, weshalb es notwendig erscheint, verschiedene Problemlösungsvarianten technischer und sozialer Art zu verfolgen, um über unterschiedliche Handlungsoptionen zu verfügen.
Mit Blick auf die Entwicklung solcher nachhaltiger Handlungsoptionen hat sich in den vergangenen Jahren in immer größeren forschungs- und innovationspolitischen Kreisen die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine systematische Beteiligung von zukünftigen Nutzern, relevanten Stakeholdern und sonstigen betroffenen Bevölkerungsteilen angestrebt werden sollte. Steffen Albrecht schildert in seinem Beitrag unterschiedliche Herangehensweisen auch im internationalen Vergleich.
Der abschließende Beitrag von Arnold Sauter zu den Herausforderungen für die Forschungspolitik greift zwei nach Einschätzung des TAB besonders wichtige Handlungsfelder auf: zum einen die Neuaufnahme der Biosicherheitsforschung zu Mikroorganismen, zu Pflanzen und Tieren, die durch die Genome-Editing-Verfahren eine besondere Dringlichkeit erlangen, und – hiermit eng verknüpft – zum anderen die Frage nach Erweiterung der Akteurskreise bei der Planung und Durchführung von Forschungsprogrammen und -vorhaben.