Synthetische Biologie - die nächste Stufe der Bio- und Gentechnologie. Endbericht zum TA-Projekt
Sauter, Arnold ; Albrecht, Steffen; Doren, Davy van; König, Harald ; Reiß, Thomas; Trojok, Rüdiger; Elsbach, Sebastian
Abstract:
Seit gut zehn Jahren werden mit dem Begriff »Synthetische Biologie« (kurz Synbio) Forschungsvorhaben, Methoden
und Verfahren zu einem »Umbau« natürlicher Organismen bezeichnet, der weiter geht, als es bislang mithilfe der Gentechnik möglich war. Perspektivisch wird die Schaffung (komplett) künstlicher »biologischer« Systeme (Synbio i. e. S.) anvisiert, deren praktische Nutzung allerdings noch in weiter Ferne liegt und daher in den kommenden Jahren wenig gesellschaftliche und politische Relevanz entfalten dürfte. Ganz anders ist dies bei der Synbio i. w. S. – verstanden als nächste Stufe der Bio- bzw. Gentechnologie, wozu insbesondere auch die in jüngster Zeit entwickelten Methoden des sogenannten Genome Editing (u. a. CRISPR/Cas) gehören. Durch die zunehmend einfachen und schnelleren Möglichkeiten der gezielten molekularbiologischen Veränderung bekannter Organismen ist in den nächsten Jahren mit einer großen Zahl von Anwendungen bei Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren zu rechnen. Wie erwartet, hat im Herbst 2015 die Debatte über eine verantwortungsvolle Anwendung und notwendige Regulierung der Gentechnik an Fahrt aufgenommen. Der TAB-Bericht bietet eine umfassende Darstellung zum Stand von Forschung, Entwicklung und Anwendung, zu Sicherheits- und Governancefragen der Synbio sowie ein ausführliches Porträt von Akteuren und Perspektiven der Do-it-yourself-Biologie. ... mehrEr ordnet die Debatten über die Potenziale und Perspektiven der Synbio in größere wissenschafts-, forschungs- und innovationspolitische Kontexte ein und arbeitet zentrale Zukunftsfragen und Handlungsfelder heraus – u. a. im Bereich der Biosicherheitsforschung sowie mit Blick auf die Erweiterung der Akteurskreise bei der Planung und Durchführung von Forschungsprogrammen und -vorhaben.
INHALT
ZUSAMMENFASSUNG 9
I. EINLEITUNG 29
II. VISION, SAMMELBEGRIFF, ZIELSTELLUNG? – MULTIPLE PERSPEKTIVEN AUF SYNTHETISCHE BIOLOGIE 35
1. Etablierung des Forschungsfeldes und Variationen des Begriffs Synthetische Biologie 35
2. Synthetische Biologie im engeren und im weiteren Sinn 39
III. STAND VON FORSCHUNG, ENTWICKLUNG UND ANWENDUNG 45
1. Chemische Produktion 47
2. Energiegewinnung 51
2.1 Rohstoffbereitstellung 54
2.2 Umwandlung von Lignozellulose 57
2.3 Umwandlungseffizienz/Ausbeuterate 58
2.4 Alternative Biokraftstoffe aus Mikroorganismen 60
2.5 Zum ökonomischen Potenzial von Anwendungen im Energiesektor 64
3. Medizin 65
3.1 Entwicklung von Therapeutika und Impfstoffen 66
3.2 Gen- und zellbasierte Therapien 68
3.3 Veränderte Viren, Bakterien und Insekten zur Krankheitsbekämpfung 70
3.4 Biosynthese von Pharmaka/Arzneimitteln 74
3.5 Zum ökonomischen Potenzial von Anwendungen im Gesundheitsbereich 75
4. Anwendungen im Umweltbereich 78
4.1 Biosensorik 78
4.2 Biosanierung (Bioremediation) 80
4.3 Kombination von Biosensorik und Biosanierung 81
4.4 Zum ökonomischen Potenzial von Biosensorik und Biosanierung 82
5. Biomaterialien 83
6. Fazit zum Potenzial der Anwendungsfelder 84
IV. BIOSAFETY UND BIOSECURITY – SICHERHEITSFRAGEN DER SYNTHETISCHEN BIOLOGIE 87
1. Biosafety – Schutz vor unerwünschten ökologischen und gesundheitlichen Folgen 88
1.1 Status quo: Noch greifen die bestehenden Regularien 89
1.2 Zukünftige Herausforderungen für die Risikobewertung in Deutschland und der EU 91
1.3 Regelungslücken für GVO in den USA – Anlass für Forderungen nach (vorausschauender) Anpassung 97
1.4 Eine Forschungsagenda für substanziell veränderte, nichtvertraute (Mikro-)Organismen 99
1.5 Fazit 102
2. Biosecurity – Schutz vor Missbrauch 104
2.1 Potenziell für die Biosecurity relevante Techniken und Ansätze der synthetischen Biologie 105
2.2 Existierende Kontrollnormen und Verhaltenskodizes 108
2.3 Zukünftige Gefährdungspotenziale und Governanceansätze 112
2.4 Debatte und Aktivitäten in Deutschland 118
2.5 Fazit 124
V. SYNBIO UND ÖFFENTLICHKEIT – VOM NICHTWISSEN ZUR MITGESTALTUNG 127
1. Synbio und Öffentlichkeit 129
1.1 Berichterstattung in den Printmedien 129
1.2 Wahrnehmung und Bewertung der Synbio im europäischen Vergleich 133
1.3 Strategien öffentlicher Kommunikation von Synbio 139
2. Begleitforschung und Diskursförderung als Governance der Synbio 145
2.1 TA als Begleitforschung in Frühstadien der Technikentwicklung 146
2.2 Diskursaktivitäten zur Synthetischen Biologie als Element der Forschungspolitik 147
2.3 Niederlande 148
2.4 Vereinigtes Königreich 152
2.5 Deutschland 161
2.6 EU: Forschungsförderungspolitik zur Synbio 167
2.7 Fortentwickung der Begleitforschung im europäischen Rahmen: Das RRI-Konzept und seine Umsetzung 175
3. Fazit: Mitgestaltung unter Bedingungen des Nichtwissens 187
VI. DIY-BIO(TECHNO)LOGIE – AKTEURE UND PERSPEKTIVEN 191
1. Verortung der DIY-Bio 192
2. Phase I: Pioniere in der Kunst 194
2.1 Bioart 194
2.2 Kunst und DIY-Bio 198
3. Phase II: Globale Vernetzung 199
3.1 Die DIY-Bioszene 199
3.2 Fragen zur Freiheit der Wissenschaft 207
3.3 DIY-Bio und der institutionalisierte Wissenschaftsbetrieb 209
4. Phase III: DIY-Biogründerzeit 211
4.1 DIY-Bioorte 213
4.2 Technologieentwicklung und Projektbeispiele 215
4.3 Medienresonanz 219
4.4 Biosicherheitsfragen 220
5. Phase IV: Weitere Entwicklung der Szene – zwischen Kommerzialisierung und Open Source 228
5.1 Bisherige Start-ups und aktuelle Tendenzen 228
5.2 Herausforderungen des Open-Source-Ansatzes der DIYBiologie 231
6. Phase V: Zukunftsszenarien 238
6.1 Anwendungen 238
6.2 Infrastruktur und Sicherheit 241
6.3 Bio-Commons 243
7. Resümee und Ausblick 246
7.1 Entwicklung und Anliegen der DIY-Biologie 246
7.2 Citizen Science als wichtiger Teil einer engeren Verzahnung von Wissenschaft und Gesellschaft 249
7.3 Förderung durch maßvolle Deregulierung? 250
VII. RESÜMEE UND AUSBLICK: ZUKUNFTSFRAGEN UND HANDLUNGSFELDER 255
1. Neuigkeitswert, gesellschaftliche Relevanz und politische Zuständigkeiten 255
1.1 Neuigkeitswert 256
1.2 Veränderungspotenzial/Relevanz 259
1.3 Zuständigkeit und Aufgaben der (Forschungs- und Wissenschafts-)Politik 261
2. Handlungsfelder 264
2.1 Grundlagen- und anwendungsbezogene Förderung von Forschung und Entwicklung 265
2.2 Prospektive Biosicherheitsforschung als Basis zukünftiger Risikoabschätzung und -regulierung 267
2.3 Beteiligungsformen und -formate für Stakeholder und die breitere Öffentlichkeit bei der Ausgestaltung von Forschungsagenden 273
2.4 Potenziale, Perspektiven und Voraussetzungen einer aktiven Teilhabe von Bürgern an biotechnologischer Forschung in Form von Citizen Science/DIY-BIO 275
2.5 Dual-Use-Fragen zu biologischen Gefahren: Selbstverpflichtungen und Kontrollmaßnahmen 278
2.6 Nachhaltige Modelle für Schutz und Nutzung geistigen Eigentums 280
3. Schlussbetrachtung: Zur Rolle der Synbio in der absehbaren neuen Runde der Gentechnikdebatte 282
LITERATUR 285
ANHANG 329
1. Tabellenverzeichnis 329
2. Abbildungsverzeichnis 329
3. Abkürzungsverzeichnis 330