Abstract:
Das Altern der Weltbevölkerung, insbesondere in der westlichen Welt, stellt die Menschheit vor eine große Herausforderung. Zu erwarten sind erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitssektor, der im Hinblick auf eine steigende Anzahl von Menschen mit altersbedingtem körperlichem und kognitivem Abbau und dem damit erhöhten Bedürfnis einer individuellen Versorgung vor einer großen Aufgabe steht. Insbesondere im letzten Jahrhundert wurden viele wissenschaftliche Anstrengungen unternommen, um Ursache und Entwicklung altersbedingter Erkrankungen, ihr Voranschreiten und mögliche Behandlungen, zu verstehen.
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Die derzeitigen Modelle zeigen, dass der entscheidende Faktor für die Entwicklung solcher Krankheiten der Mangel an sensorischen und motorischen Einflüssen ist, diese wiederum sind das Ergebnis verringerter Mobilität und immer weniger neuer Erfahrungen. Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass erhöhte körperliche Aktivität einen positiven Effekt auf den Allgemeinzustand von älteren Erwachsenen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen und den Menschen in deren unmittelbarer Umgebung hat. Diese Arbeit zielt darauf ab, älteren Menschen die Möglichkeit zu bieten, eigenständig und sicher ein individuelles körperliches Training zu absolvieren.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Forschung im Bereich der robotischen Bewegungsassistenten, auch Smarte Rollatoren genannt, den Fokus auf die sensorische und kognitive Unterstützung für ältere und eingeschränkte Personen gesetzt. Durch zahlreiche Bemühungen entstand eine Vielzahl von Ansätzen zur Mensch-Rollator-Interaktion, alle mit dem Ziel, Bewegung und Navigation innerhalb der Umgebung zu unterstützen.
Aber trotz allem sind Trainingsmöglichkeiten zur motorischen Aktivierung mittels Smarter Rollatoren noch nicht erforscht.
Im Gegensatz zu manchen Smarten Rollatoren, die den Fokus auf Rehabilitationsmöglichkeiten für eine bereits fortgeschrittene Krankheit setzen, zielt diese Arbeit darauf ab, kognitive Beeinträchtigungen in einem frühen Stadium soweit wie möglich zu verlangsamen, damit die körperliche und mentale Fitness des Nutzers so lang wie möglich aufrechterhalten bleibt.
Um die Idee eines solchen Trainings zu überprüfen, wurde ein Prototyp-Gerät namens RoboTrainer-Prototyp entworfen, eine mobile Roboter-Plattform, die mit einem zusätzlichen Kraft-Momente-Sensor und einem Fahrradlenker als Eingabe-Schnittstelle ausgestattet wurde. Das Training beinhaltet vordefinierte Trainingspfade mit Markierungen am Boden, entlang derer der Nutzer das Gerät navigieren soll. Der Prototyp benutzt eine Admittanzgleichung, um seine Geschwindigkeit anhand der Eingabe des Nutzers zu berechnen. Desweiteren leitet das Gerät gezielte Regelungsaktionen bzw. Verhaltensänderungen des Roboters ein, um das Training herausfordernd zu gestalten.
Die Pilotstudie, die mit zehn älteren Erwachsenen mit beginnender Demenz durchgeführt wurde, zeigte eine signifikante Steigerung ihrer Interaktionsfähigkeit mit diesem Gerät. Sie bewies ebenfalls den Nutzen von Regelungsaktionen, um die Komplexität des Trainings ständig neu anzupassen.
Obwohl diese Studie die Durchführbarkeit des Trainings zeigte, waren Grundfläche und mechanische Stabilität des RoboTrainer-Prototyps suboptimal. Deswegen fokussiert sich der zweite Teil dieser Arbeit darauf, ein neues Gerät zu entwerfen, um die Nachteile des Prototyps zu beheben.
Neben einer erhöhten mechanischen Stabilität, ermöglicht der RoboTrainer v2 eine Anpassung seiner Grundfläche. Dieses spezifische Merkmal der Smarten Rollatoren dient vor allem dazu, die Unterstützungsfläche für den Benutzer anzupassen. Das ermöglicht einerseits ein agiles Training mit gesunden Personen und andererseits Rehabilitations-Szenarien bei Menschen, die körperliche Unterstützung benötigen.
Der Regelungsansatz für den RoboTrainer v2 erweitert den Admittanzregler des Prototypen durch drei adaptive Strategien. Die erste ist die Anpassung der Sensitivität an die Eingabe des Nutzers, abhängig von der Stabilität des Nutzer-Rollater-Systems, welche Schwankungen verhindert, die dann passieren können, wenn die Hände des Nutzers versteifen. Die zweite Anpassung beinhaltet eine neuartige nicht-lineare, geschwindigkeits-basierende Änderung der Admittanz-Parameter, um die Wendigkeit des Rollators zu erhöhen. Die dritte Anpassung erfolgt vor dem eigentlichen Training in einem Parametrierungsprozess, wo nutzereigene Interaktionskräfte gemessen werden, um individuelle Reglerkonstanten fein abzustimmen und zu berechnen.
Die Regelungsaktionen sind Verhaltensänderungen des Gerätes, die als Bausteine für unterstützende und herausfordernde Trainingseinheiten mit dem RoboTrainer dienen. Sie nutzen das virtuelle Kraft-Feld-Konzept, um die Bewegung des Gerätes in der Trainingsumgebung zu beeinflussen. Die Bewegung des RoboTrainers wird in der Gesamtumgebung durch globale oder, in bestimmten Teilbereichen, durch räumliche Aktionen beeinflusst. Die Regelungsaktionen erhalten die Absicht des Nutzers aufrecht, in dem sie eine unabhängige Admittanzdynamik implementieren, um deren Einfluss auf die Geschwindigkeit des RoboTrainers zu berechnen. Dies ermöglicht die entscheidende Trennung von Reglerzuständen, um während des Trainings passive und sichere Interaktionen mit dem Gerät zu erreichen.
Die oben genannten Beiträge wurden getrennt ausgewertet und in zwei Studien mit jeweils 22 bzw. 13 jungen, gesunden Erwachsenen untersucht. Diese Studien ermöglichen einen umfassenden Einblick in die Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Funktionalitäten und deren Einfluss auf die Nutzer. Sie bestätigen den gesamten Ansatz, sowie die gemachten Vermutungen im Hinblick auf die Gestaltung einzelner Teile dieser Arbeit.
Die Einzelergebnisse dieser Arbeit resultieren in einem neuartigen Forschungsgerät für physische Mensch-Roboter-Interaktionen während des Trainings mit Erwachsenen. Zukünftige Forschungen mit dem RoboTrainer ebnen den Weg für Smarte Rollatoren als Hilfe für die Gesellschaft im Hinblick auf den bevorstehenden demographischen Wandel.
Abstract (englisch):
The aging of the world's population, especially evident in western countries, is a great challenge for humankind.
A significant impact is expected on the healthcare sector confronted with an increasing number of people needing individual care because of the aging-related decline of physical and cognitive capabilities.
Therefore, especially in the last century, many research efforts were invested in order to understand the causes and developments of aging-related diseases, comprehend their progress, and find possible treatments.
The current models show that the most relevant variable for the progress of such diseases is the lack of sensory and motor input resulting from decreased mobility and the lack of novel experiences.
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This is confirmed by many studies showing positive effects of physical activity on the overall state of older adults with mild cognitive impairment and people around them.
This thesis aims to enrich older adults' possibilities to engage in physical activity in a self-determined and safe manner considering their individual needs.
In the last two decades, the research on robotized walking support devices, called Smart Walkers, focused on sensory and cognitive assistance for older or disabled persons.
From those endeavors a variety of human-walker interaction interfaces and methods for locomotion and navigation support emerged.
However, training possibilities for motor activation of people using a Smart Walker are not yet investigated.
In contrast to a few Smart Walkers examining rehabilitation possibilities by focusing on mitigation of advanced disease, this thesis introduces a device to address cognitive impairments at an early stage for prolonging users' physical and mental fitness.
To validate the idea of such training, a prototype device, called RoboTrainer Prototype, was developed by extending the research mobile platform with a force-torque sensor and a bike-handlebar as input interface.
The training consists of predefined training paths marked on the floor along which users have to navigate the device.
The prototype uses an admittance equation to generate its velocity from user's input and introduces control actions, i.e., behavior modifiers to configure the training more challenging.
The pilot study with ten older adults with mild cognitive impairment showed a significant increase in users' interaction performance with the device. It also showed the usefulness of control actions to adjust training complexity.
Although the pilot showed the feasibility of the training, the RoboTrainer Prototype's footprint and mechanical robustness were suboptimal.
Therefore, the second part of the thesis focuses on designing a novel device to overcome the prototype's drawbacks.
Besides higher mechanical stability, the RoboTrainer v2 provides adjustment of its footprint, i.e., users' support area, as a unique feature compared to other Smart Walkers.
This enables agile training with healthy users and, at the same time, rehabilitation scenarios where physical support is necessary.
The control approach for RoboTrainer v2 extends the admittance control of the prototype by implementing three adaptive strategies.
The first is the adaption of users’ input’s sensitivity depending on the user-walker system’s stability, which avoids oscillations when users stiff their hands.
The second adaption includes a novel non-linear velocity-based alteration of admittance parameters to increase the device's performance in agile training.
The third adaption is utilized in a pre-training parameterization process, where interaction forces are calculated per-user to fine-tune individual controller's constants.
The control actions are behavior modifiers that serve as building blocks of supportive and challenging training with RoboTrainer.
They use the virtual force field concept to influence the device's movement within the training environment.
The movement is influenced by global control actions (entire environment) or spatial control actions (limited areas).
The control actions keep user's intention intact by implementing an independent admittance dynamic to calculate velocity influence to RoboTrainer.
This enables the crucial separation of controller states to achieve passive and safe modification of the device's behavior during training.
The contributions are validated separately and in two user evaluations with twenty-two and thirteen young, healthy adults.
The evaluations allow insights on coherence between developed functionalities and their influence on users.
They also validate the overall approach and confirm some of the assumptions done when designing individual RoboTrainer's components.
This thesis' contributions result in a novel device for research of physical human-robot interaction in training with adults.
The future research with this device opens a path for Smart Walkers to support societies in dealing with upcoming demographic changes.