Abstract:
Die Eigenschaften von Batterieelektroden werden durch die beim Trocknen eingestellten Prozessparameter beeinflusst. Diese wirken sich nicht nur auf die mechanischen Eigenschaften der Elektroden aus, sondern auch auf ihre Leis-tung in der gesamten Zelle. Dies liegt an der Mikrostruktur der Elektrode, die sich beim Trocknen bildet. Binder und andere Zusätze wie Leitruss werden durch den Kapillartransport des Lösungsmittels an die Oberfläche der Elekt-rode transportiert. Die Menge des Binder, die sich dort ansammelt, hängt von den Trocknungsbedingungen ab.
Die Trocknung dickerer Elektroden und ihr Zusammenhang mit dem Binder-transport wurde bisher nicht untersucht. ... mehrDaher wurde in dieser Arbeit eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen der Trocknung auf die Eigen-schaften von Batterieelektroden verschiedener Dicken durchgeführt. Es wurde gezeigt, dass die Bindermigration während der Trocknung bei Elektroden mit hoher Kapazität stärker ausgeprägt ist als bei Elektroden nach dem Stand der Technik, wobei beide von einer Erhöhung der Trocknungsrate betroffen sind. Bessere Haftungseigenschaften können bei gleicher Trocknungsgeschwindig-keit durch eine erhöhte Temperatur anstelle eines erhöhten Wärmeübergangs-koeffizienten erreicht werden, doch bleibt der Einfluss begrenzt. Laser-induced breakdown spectroscopy konnte die Akkumulation des CMC-Binders an der Elektrodenoberfläche bei erhöhter Trocknungsrate nachweisen. In Zelltests mit dünnen und dicken Elektroden wurden für die langsamer ge-trockneten Elektroden höhere Entladekapazitäten, insbesondere im Vergleich bei höheren C-Raten von bis zu 3C, erreicht.
Zur Herstellung optimierter Elektroden ist es daher notwendig, den Trock-nungsprozess im Detail zu verstehen, um dann Prozessalternativen vorschla-gen zu können. In dieser Arbeit wird daher der Trocknungsprozess von Ano-den für Lithium-Ionen-Batterien experimentell untersucht und mit Trock-nungssimulationen verglichen. Sowohl der zeitliche Verlauf der Lösemittelbe-ladung als auch der Filmtemperatur wurden für unterschiedliche Elektroden-dicken untersucht. Der Versuchsaufbau besteht aus einem stationären Konvek-tionstrockner (dem sogenannten Comb Nozzle Trockner) und einer Einheit zur Messung gravimetrischer Trocknungsverlaufskurven.
Die Validierung der Trocknungssimulation wurde zunächst für dünne Elektro-den durchgeführt. Das Simulationsmodell basiert auf Massen- und Energiebi-lanzen um den gesamten Elektrodenfilm und berücksichtigt auch die Kinetik des Massen- und Wärmeübergangs. Eine Abschätzung der Transportgrößen innerhalb und außerhalb des Films rechtfertigte die Annahme einer rein gasdominierten Trocknung im Modell bei der Berechnung des Trocknungs-prozesses von dünnen Elektroden. Anhand von in-situ Temperaturmessungen der gesamten Folie mit einer Infrarotkamera wurde die Notwendigkeit der Berücksichtigung lokaler Wärmeübergangskoeffizienten nachgewiesen. Diese führen zu lateral messbaren Temperaturgradienten innerhalb der Folie auf-grund lokal unterschiedlicher Trocknungsraten im Film. Entsprechend wurde eine Simulation einer konstanten Trocknungsrate während der Trocknung um den lokalen Wärmeübergangskoeffizienten zu einem Modell unter Berück-sichtigung lateraler Effekte erweitert. Sowohl die Simulation bei konstanter Trocknungsrate als auch diejenige mit lateraler Verteilung zeigten eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation für dünne Elektrodenfilme. Die Simulation mit lateraler Verteilung des Wärmeüber-gangskoeffizienten konnte dabei eine bessere Vorhersage des Temperaturpro-fils liefern.
Eine Abschätzung der Transportgrößen deutete insbesondere für dickere Elektroden auf einen erhöhten Einfluss eines Widerstandes innerhalb des Films hin. Die experimentelle Beobachtung der Elektrodenunterseite während der Trocknung zeigte, dass sowohl bei dünnen als auch bei dickeren Elektro-den ein signifikanter Kapillartransport des Lösungsmittels vorliegt. Es wurde ein kapillarer Durchbruch zur Elektrodenunterseite beobachtet, der bereits vor dem Ende der Filmschrumpfung stattfand. Bei dickeren Elektroden fand im Gegensatz zu den dünnen Elektrodenschichten allerdings eine deutlich unre-gelmäßige Porenentleerung statt. Mit zunehmender Schichtdicke fanden sich auf der Elektrodenunterseite zunehmend Cluster aus trockenen und lösungs-mittelgefüllten Poren nebeneinander. Diese Beobachtung zeigt deutlich, dass ein Teil des Lösungsmittels durch kapillare Feuchtigkeitsleitung zur Oberseite der Elektrode transportiert wird. Ein anderer Teil wird vom Kapillarnetz getrennt und im Porenraum der Elektrode verdunsten und durch die Poren-struktur der Elektrode diffundieren und sich in einer Verlangsamung der Trocknungsrate niederschlagen.
Experimentell aufgezeichnete gravimetrische Trocknungskurven hin zu dickeren Elektroden bestätigten, dass eine Verringerung der Trocknungsrate ab dem Ende der Filmschrumpfung auftritt. Im Simulationsmodell wird dies mit dem Modell des wandernden Trockenspiegels berücksichtigt, welches einen Grenzfall ohne kapillare Feuchteleitung darstellt. Die experimentellen und simulierten Daten zeigen dennoch eine gute Übereinstimmung. Damit wurde ein hinreichend genaues Modell etabliert, das auch eine Übertragung auf die industrielle Trocknung von Batterieelektroden erlaubt.
Die Trocknungsrate bei der Elektrodentrocknung könnte durch ein verbesser-tes Prozessverständnis und eine verbesserte Prozesssteuerung erhöht werden, wäre aber durch die bereits bei geringen bis moderaten Trocknungsraten stattfindende Bindermigration noch immer begrenzt. Aus diesem Grund wurde nach zusätzlichen Konzepten geforscht, um der Bindermigration entgegenzu-wirken.
Die Wechselwirkung zwischen Elektrodenpaste und Trocknung und die daraus resultierende Mikrostruktur wurde näher untersucht. Ziel war es, einerseits ein Verständnis für die grundlegenden Zusammenhänge aufzubauen und anderer-seits optimierte Pasten mit tendenziell geringerer Bindermigration abzuleiten.
Eine Variation der bisher verwendeten Referenzpaste wurde durchgeführt. Dabei wurden der Wirkstoff, das Mischverfahren und die Additivanteile innerhalb der Pasten variiert. Anhand von Kryo-BIB-REM-Aufnahmen wurde der Einfluss der verschiedenen Prozessparameter auf das gebildete Netzwerk innerhalb der feuchten Paste aufgezeigt. Diese zeigten, dass sich das intrinsi-sche Netzwerk zwischen aktiven Partikeln und Bindern in den vier untersuch-ten Pasten stark unterscheidet. Das gebildete Netzwerk konnte wiederum mit der Haftkraft der Elektroden an der Ableiterfolie und der Neigung zur Bin-dermigration korreliert werden. So konnten auch bei hohen Trocknungsge-schwindigkeiten Elektroden mit erhöhter Haftkraft hergestellt werden. Bei den Zellen, die aus den Elektroden mit verbesserter Haftkraft hergestellt wurden, wurde jedoch keine konstante oder gar verbesserte Zellleistung erzielt. Die beste Leistung wurde bei den Elektroden mit stark reduziertem Bindemittel-gehalt aber entsprechend geringer Haftkraft festgestellt.
Da eine ausreichende Haftkraft für die industrielle Handhabung von Elektro-den notwendig ist, eine Reduzierung des Bindemittels aber zu einer verbesser-ten Zellleistung führt, stellen hierarchisch strukturierte Multilagen einen Kompromiss zwischen diesen gegensätzlichen Anforderungen dar: Die Kom-bination einer haftungsoptimierten unteren Lage mit einer bindemittelredu-zierten oberen Lage als mögliche Lösung für diesen Konflikt war Ausgangs-punkt der Hypothese. Multilagen, die auf diesem Konzept basieren, zeigten im Vergleich zu einschichtigen Elektroden vielversprechende mechanische und elektrochemische Eigenschaften. Eine ausgewählte Kombination von zwei Pasten in einer Mehrschichtelektrode zeigte auch bei ca. zehnfach höherer Trocknungsrate sehr gute mechanische und elektrochemische Eigenschaften in der Vollzelle.
Mit diesem neuen Konzept zeigen auch hochkapazitive Elektroden zeigten verbesserte Entladekapazitäten gegenüber einlagig beschichteten Elektroden. Die Limitierung der Lithium-Diffusion ab C-Raten von ca. C/2 überlagert dabei allerdings den positiven Einfluss, der durch das Multilagen-Konzept erreicht wird. Insbesondere für die Herstellung hochkapazitiver Elektroden sind daher zusätzliche Konzepte notwendig.
Abstract (englisch):
The properties of battery electrodes are influenced by the process parameters set during drying. These affect not only the mechanical properties of the electrodes, but also their performance in the entire cell. This is due to the microstructure of the electrode that is formed during drying. Binder and other additives such as conductive carbon black are transported to the surface of the electrode by the capillary transport of the solvent. The amount of binder that accumulates there depends on the drying conditions.
The drying of thicker electrodes and its relation to binder transport has not been studied so far. ... mehrTherefore, in this work, a detailed study of the effects of drying on the properties of battery electrodes of different thicknesses was carried out. It was shown that binder migration during drying is more pro-nounced for high-capacity electrodes than for state-of-the-art electrodes, with both affected by an increase in drying rate. Better adhesion properties can be achieved at the same drying rate by increasing the temperature instead of increasing the heat transfer coefficient, but the effect remains limited. Laser-induced breakdown spectroscopy could demonstrate the accumulation of the binder CMC on the electrode surface at increased drying rate. In cell tests with thin and thick electrodes, higher discharge capacities were obtained for the slower dried electrodes, especially in comparison at higher C rates of up to 3C.
To produce optimized electrodes, it is therefore necessary to understand the drying process in detail in order to then propose process alternatives. In this work, the drying process of anodes for lithium-ion batteries is therefore investigated experimentally and compared with drying simulations. Both the time course of the solvent loading and the film temperature were investigated for different electrode thicknesses. The experimental setup consists of a stationary convection dryer (the so-called Comb Nozzle dryer) and a unit for measuring gravimetric drying curves.
The validation of the drying simulation was first performed for thin elec-trodes. The simulation model is based on mass and energy balances around the entire electrode film and also considers the kinetics of mass and heat transfer. An estimation of the transport quantities inside and outside the film justified the assumption of a purely gas-dominated drying in the model when calculat-ing the drying process of thin electrodes. Using in-situ temperature measure-ments of the entire film with an infrared camera, the need to consider local heat transfer coefficients was demonstrated. These lead to laterally measura-ble temperature gradients within the film due to locally different drying rates in the film. Accordingly, a simulation of a constant drying rate during drying was extended by the local heat transfer coefficient to a model considering lateral effects. Both the simulation with constant drying rate and the one with lateral distribution showed very good agreement between experiment and simulation for thin electrode films. The simulation with lateral distribution of the heat transfer coefficient could provide a better prediction of the tempera-ture profile.
An estimation of the transport variables indicated an increased influence of a resistance within the film, especially for thicker electrodes. Experimental observation of the underside of the electrode during drying showed that there was significant capillary transport of the solvent for both thin and thicker electrodes. Capillary breakthrough to the underside of the electrode was observed to occur prior to the end of film shrinkage. However, for thicker electrodes, in contrast to the thin electrode films, a distinctly irregular pore emptying occurred. With increasing film thickness, clusters of dry and sol-vent-filled pores were increasingly found side by side on the underside of the electrode. This observation clearly shows that part of the solvent is transport-ed to the top of the electrode by capillary moisture conduction. Another part is separated from the capillary network and evaporates in the pore space of the electrode and diffuses through the pore structure of the electrode and is reflected in a slowdown of the drying rate.
Experimentally recorded gravimetric drying curves towards thicker electrodes confirmed that a reduction in drying rate occurs from the end of film shrink-age. In the simulation model, this is accounted for with the moving drying front model, which represents a limiting case without capillary moisture conduction. Nevertheless, the experimental and simulated data show good agreement. Thus, a sufficiently accurate model has been established, which also allows transfer to industrial drying of battery electrodes.
The drying rate in electrode drying could be increased by improved process understanding and control, but would still be limited by the binder migration that already occurs at low to moderate drying rates. For this reason, additional concepts were researched to counteract binder migration.
The interaction between electrode slurry and drying and the resulting micro-structure was investigated in more detail. The aim was, on the one hand, to build up an understanding of the fundamental relationships and, on the other hand, to derive optimized slurries with a tendency towards lower binder migration.
A variation of the previously used reference slurry was carried out. The active material, the mixing process and the additive proportions within the slurries were varied. Cryo-BIB SEM images were used to show the influence of the different process parameters on the network formed within the wet slurry. These showed that the intrinsic network between active particles and binders differed greatly in the four slurries studied. The network formed could in turn be correlated with the adhesive force of the electrodes to the current collector and the tendency to binder migration. Thus, electrodes with increased adhe-sive force could be produced even at high drying rates. However, cells pre-pared from the electrodes with improved adhesion force did not show con-sistent or even improved cell performance. The best performance was found for the electrodes with greatly reduced binder content but correspondingly low adhesion force.
Since sufficient adhesive force is necessary for industrial handling of elec-trodes, but a reduction in binder leads to improved cell performance, hierar-chically structured multilayers represent a compromise between these con-flicting requirements: The combination of an adhesion-optimized bottom layer with a binder-reduced top layer as a possible solution to this conflict was the starting point of the hypothesis. Multilayers based on this concept showed promising mechanical and electrochemical properties compared to single-layer electrodes. A selected combination of two pastes in a multilayer elec-trode showed very good mechanical and electrochemical properties in the full cell even at about ten times higher drying rate.
With this new concept, even high-capacity electrodes showed improved discharge capacities compared to single layer coated electrodes. However, the limitation of lithium diffusion from C-rates of about C/2 overrides the posi-tive influence achieved by the multilayer concept. Additional concepts are therefore necessary, especially for the production of high-capacity electrodes.