Abstract:
Kontinuierliche Verfahren bieten zahlreiche Vorteile gegenüber Batch-Prozessen, zum Beispiel einen geringeren Ressourcenverbrauch, eine höhere Effizienz und einen kleineren Anlagen-Footprint. Dennoch werden sie bislang nur vereinzelt zur Produktion von Biopharmazeutika eingesetzt – obwohl sie maßgeblich zur Senkung der Herstellungskosten beitragen könnten. Ein Hauptgrund hierfür ist, dass es für viele Prozessschritte keine miniaturisierten Systeme in einem für die Prozessentwicklung geeigneten Maßstab gibt. Eine weitere Herausforderung stellt die Implementierung schneller und verlässlicher Prozessanalytik dar, die für die Sicherstellung einer konstant hohen Produktqualität erforderlich ist.
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Chromatographie ist der zentrale Aufreinigungsschritt in biopharmazeutischen Prozessen und spielt sowohl in der Produktion als auch in der Analytik eine Schlüsselrolle. Die Simulated-Moving-Bed-Chromatographie (SMB-Chromatographie) ist ein etabliertes kontinuierliches Chromatographieverfahren, kommerziell erhältliche Laborsysteme sind allerdings zu groß für eine materialsparende Prozessentwicklung oder analytische Anwendungen und somit ist eine weitere Miniaturisierung erforderlich. Ziel dieser Arbeit ist es daher, durch die Entwicklung eines 3D-gedruckten mikro-Simulated-Moving-Bed-Chromatographiesystems (µSMB-Chromatographiesystems) zur effizienten Entwicklung kontinuierlicher Prozesse und zur Verbesserung von Prozessanalytik beizutragen.
Ein zentraler Faktor beim Downscaling von SMB-Systemen ist die Minimierung des Anlagenvolumens, da große Volumina die Trennleistung durch Dispersionseffekte negativ beeinflussen. Das Ventilsystem trägt maßgeblich zum Gesamtvolumen bei; kommerzielle Labor-SMB-Systeme verwenden meist mehrere Ventilblöcke, da so verschiedene Mehrsäulenchromatographieprozesse auf einem System implementiert werden können. In dieser Arbeit wird stattdessen ein Zentralventil genutzt, da dies das Systemvolumen deutlich verkleinert. Dieses Zentralventil wurde mittels 3D-Druck gefertigt und ist dank seines modularen Designs flexibel an verschiedene Anwendungsanforderungen und Chromatographieprozesse angepassbar. Durch die systematische Auswahl und Optimierung verschiedener Dichtkonzepte kann das Zentralventil bis zu einem Druck von 8 bar betrieben werden.
Das Ventil wurde zum Aufbau eines µSMB-Systems genutzt und in zwei Proof-of-Concept-Studien eingesetzt. Zunächst wurde das System für die kontinuierliche Entsalzung einer Proteinlösung mittels Größenausschlusschromatographie angewendet und erzielte dabei konstante Entsalzungsgrade von über 94% bzw.~bis zu 99% bei reduzierten Ausbeuten. Die niedrigste getestete Feed-Flussrate betrug 15 µL/min, was einen einwöchigen Testbetrieb mit einem Probenvolumen von lediglich 151,2 mL ermöglicht und die Fähigkeit des µSMB-Systems ressourcenschonende Langzeitexperimente durchzuführen demonstriert. Nach aktuellem Wissensstand stellen dies die kleinsten jemals durchgeführten SMB-Experimente dar.
In der zweiten Studie wurde das µSMB-System zur kontinuierlichen Probenvorbereitung für Elektrospray-Ionisations-Massenspektrometrie-Messungen genutzt, indem der Puffer einer Proteinlösung kontinuierlich ausgetauscht wurde. Trotz der begrenzten Trennleistung der Einzelsäulen wurde ein Pufferaustauschgrad von 98% erreicht, wodurch die Qualität der Massenspektrometrie-Messungen signifikant verbessert werden konnte. Dieses Ergebnis zeigt, dass das µSMB-System Massenspektrometer-Analysen auf eine einfache und zuverlässige Weise in die Prozessanalytik integrieren kann und so den Zugang zu dieser wichtigen Analysemethode erleichtert.
In beiden Studien wurden die Prozessbedingungen auf Basis von Chromatographiesäulenmodellen optimiert, wobei andere Systemkomponenten zunächst vernachlässigt wurden. Da sich die hydrodynamischen Effekte im Systemvolumen der µSMB von denen in größeren SMB-Anlagen unterscheiden, wurde untersucht, welche Auswirkungen diese Vereinfachung hat. Derzeit existiert kein Modellansatz, der diese Effekte mit einem für Mehrsäulenchromatographieprozessen vertretbaren Rechenaufwand abbilden kann. Daher wurde ein neues Modell entwickelt, der einen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Rechenaufwand bietet, indem die Dimension, die zur Beschreibung der Strömungseffekte erforderlich ist, durch Anpassung des modellierten Flussratenprofils von drei auf zwei Dimensionen reduziert wurde. Während dieser Ansatz die Modellierung des Systemvolumens deutlich verbessert, zeigte er für das Gesamtsystem keinen Vorteil gegenüber bestehenden Modellen. Dies deutet darauf hin, dass die Trennleistung primär von den Säulen selbst und weniger vom Systemvolumen beeinflusst wird. Abweichungen zwischen Simulation und Experiment lassen sich daher eher auf andere Faktoren zurückführen, wie etwa den Übergang zwischen den Säulen und dem Systemvolumen.
Da die Trennleistung des µSMB-Systems hauptsächlich von den verwendeten Einzelsäulen abhängt, wurde untersucht, ob eine weitere Miniaturisierung möglich ist. Hierzu wurden monolithische Ionenaustausch-Kapillarsäulen direkt in den Ventilrotor integriert. Dadurch konnte das interne Ventilvolumen von 46,7 µL auf 26,8 µL und das Säulenvolumen von 353 µL auf 22,1 µL reduziert werden. Dies stellt eine Reduktion des Säulenvolumens um mehr als den Faktor 15 dar und führt folglich auch zu einer deutlichen Reduktion der Verweilzeit im System. In diesem extrem kleinen Maßstab traten unerwünschte Vermischungen zwischen den SMB-Zonen auf, die einen sinnvollen Betrieb verhinderten – das Downscaling des SMB-Prinzips hat unter diesen Bedingungen sein Limit erreicht. Um dieses Problem zu umgehen, wurde das modulare Design des 3D-gedruckten Ventils genutzt, um das System auf einen alternativen kontinuierlichen Mehrsäulenchromatographieprozess anzupassen, bei dem die Säulen parallel betrieben werden. Mit diesem Ansatz wurden vielversprechende Trennergebnisse mit Ausbeuten über 60% und Reinheiten über 80% erzielt. Dies verdeutlicht, dass das µSMB-System direkt für die Miniaturisierung von anderen kontinuierlichen Chromatographieprozessen genutzt werden kann.
Das in dieser Arbeit entwickelte 3D-gedruckte µSMB-System ermöglicht nicht nur eine ressourcenschonende Prozessentwicklung und bietet großes Potenzial für die Prozessanalytik, sondern lässt sich durch sein modulares Design auch flexibel an verschiedene Mehrsäulenchromatographieprozesse über SMB hinaus anpassen. Darüber hinaus liefert die Arbeit wertvolle Einblicke, wie neue Fertigungstechnologien und innovative Analysemethoden den Wandel hin zu kontinuierlichen Prozessen in der biopharmazeutischen Industrie unterstützen können. In Kombination mit anderen miniaturisierten kontinuierlichen Prozesseinheiten kann dieses System einen vollständigen miniaturisierten Prozess für die kontinuierliche Bioproduktion bilden und so einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung integrierter Herstellungsmethoden leisten.
Abstract (englisch):
Continuous processes offer significant advantages over batch operations in biopharmaceutical manufacturing, including reduced resource consumption, increased efficiency, and a smaller facility footprint. Despite these benefits, adoption at the production scale remains limited, even though they could significantly reduce manufacturing costs. One key obstacle is the lack of miniaturized continuous systems that can be operated over extended periods with minimal material consumption. Another major challenge is the implementation of fast and reliable process analytics to ensure consistent product quality.
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Chromatography, as the primary purification step in biopharmaceutical production, plays a central role in both manufacturing and analytical workflows, and simulated moving bed chromatography (SMB) is a common continuous implementation. However, commercial lab-scale SMB systems are too large to allow for efficient early-stage process development, requiring further downscaling. This thesis aims to contribute to resource-efficient small-scale process development for continuous applications and improved process analytics by developing a 3D printed micro simulated moving bed (µSMB) chromatography system.
A key challenge in downscaling SMB systems is to minimize the system volume and its negative impact on separation performance. Unlike conventional laboratory SMB setups that employ multiple valves for flexibility, this work uses a single central valve to reduce dead volume, which was developed with 3D printing to enable the rapid prototyping of customized systems. By systematically selecting and optimizing sealing concepts, a modular and robust design was developed that withstands pressures up to 8 bar and supports rapid, flexible adaptation to different continuous multi-column processes.
A µSMB setup was built with this 3D-printed valve system and applied in two proof-of-concept studies. First, the system continuously desalted a protein using size-exclusion chromatography, achieving consistent desalting levels above 94%, and up to 99% at reduced yields. At the lowest tested feed flow rate of 15 µL/min, the process would require only 151.2 mL of sample material for a full week of continuous operation, highlighting the system’s suitability for resource-efficient long-term experiments. To the best of the author's knowledge, these are the smallest SMB experiments ever conducted.
Second, the µSMB was used for continuous sample preparation in electrospray ionization mass spectrometry (ESI-MS) by continuously exchanging the buffer of a protein solution. Even with poor separation performance of the single columns, the µSMB achieved a buffer exchange of 98%, which improved quality of MS measurements significantly. Thus, this case study demonstrates how the µSMB enables the integration of MS in a fast and reliable manner for process analytics, facilitating access to this important and powerful analytical method more effectively.
In both studies, the respective process conditions were optimized solely on the basis of chromatography column models, without accounting for system volume. The hydrodynamic effects in the µSMB’s system volume differ from those in larger systems, and there is currently no suitable model capable of describing these effects (e.g., Taylor-Aris dispersion) in multi-column chromatography at a manageable computational cost. Consequently, a new approach was developed that balances precision and computational effort by reducing the dimensionality required to describe the fluidic effects from 3D to 2D by adjusting the applied flow rate profile. When considering only the system volume, this approach significantly improves results; however, in modeling the overall system, it shows no advantage over existing models. Therefore, the columns themselves appear to have a far greater impact on the entire process, and any discrepancies between simulations and experiments have to be attributed to other factors, such as transitions between columns and system volume.
Overall, these studies show that the system’s performance is governed primarily by the separation efficiency of the individual columns rather than by system volume effects. Consequently, further downscaling was investigated by integrating ion-exchange monolithic capillary columns directly into the valve rotor. This reduced the channel volume in the valve from 46.7 µL to 26.8 µL and the column volume from 353 µL to 22.1 µL, which equals a reduction in column volume by more than a factor of 15 and consequently leads to a significant reduction in residence time. Under these extremely miniaturized conditions, mixing between separation zones occurred, preventing meaningful SMB operation; hence, SMB downscaling reached its limit under the given conditions.
To overcome this issue, the valve's modular design was applied to investigate a different continuous multi-column setup, where the columns were operated in parallel. With this setup, promising separation results with yields above 60% and purities above 80% were achieved, suggesting that different setups should be considered for miniaturization.
The 3D-printed µSMB system presented in this thesis enables resource-efficient process development and shows great potential for process analytical technology. Due to its modular design, it can also be easily adapted to various multi-column chromatography processes beyond SMB. Thereby, it provides insights into how emerging fabrication technologies and innovative analytical methods can support the broader shift toward continuous bioprocessing. In combination with other miniaturized continuous unit operations, this system could be used for a complete miniaturized manufacturing process in the future, thus making a valuable contribution to the advancement of integrated biomanufacturing.